Erich Kästner – Geistreich und doch fasslich für Groß und Klein

Er hat Gedichte geschrieben, Theaterkritiken, Drehbücher und Romane, berühmt geworden aber ist er durch seine Kinderbücher wie „Emil und die Detektive“ (1928), „Das fliegende Klassenzimmer“ (1933) oder „Das doppelte Lottchen“ (1949). Emil Preetorius hat den Schriftsteller Erich Kästner einmal als einen Mann der Gegensätze charakterisiert: „witzig und doch ernst“ sei er, geistreich und dennoch „einfach, klar, fasslich für Groß und Klein“, ironisch, reserviert, aber auch „gütig und jedem leidenden Mitmenschen brüderlich nahe“. Erich Kästner wird am 23. Februar 1899 als Sohn des Sattlers Emil und der Heimarbeiterin Ida Kästner geboren. Erst 1981 gibt Erich Kästners Sohn Thomas das mit Rücksicht auf die Mutter streng gehütete Familiengeheimnis preis: Dass Erichs leiblicher Vater Dr. Emil Zimmermann ist, jener „freundliche Hausarzt mit dem Knebelbart“, wie er ihn in seinen Kindheitserinnerungen „Als ich ein kleiner Junge war“ (1957) beschreibt. „Ich war ein patentierter Musterknabe“: Erich Kästner kommt in der Dresdner Neustadt zur Welt, in einer Mansardenwohnung in der Königsbrücker Straße 66. Auch die folgenden Wohnungen befinden sich in der selben Straße. „Geboren wurde ich in der vierten Etage“, so erinnert er sich. „In der 48 wohnten wir im dritten und in der 38 im zweiten Stock. Wir zogen tiefer, weil es mit uns bergauf ging. Wir näherten uns den Häusern mit den Vorgärten, ohne sie zu erreichen.“ Erichs Vater verdient nicht genügend Geld, um die Familie zu ernähren. So muss seine Mutter mit Heimarbeit das Fehlende erwirtschaften. Zu ihr hat er – als einziges Kind – zeitlebens eine besonders innige Beziehung. „Ihr Leben galt mit jedem Atemzuge mir, nur mir“, hat er später in seinen Erinnerungen geschrieben. „Darum erschien sie allen anderen kalt, streng, hochmütig, selbstherrlich, unduldsam und egoistisch.“ Das treibt sie manchmal zur Verzweiflung. Sie läuft fort von zu Hause. Ihr Sohn findet nur einen kleinen Zettel vor, mit ein paar Abschiedsworten. Dann stürzt er los, sucht in panischer Angst alle Elbbrücken nach der Mutter ab. Ein Bruder der Mutter, Franz Augustin, ist Pferdehändler. In der Villa des „saugroben Onkel Franz“ am Albertplatz ist Erich Kästner oft zu Gast. Heute befindet sich in der Villa Augustin das Erich-Kästner-Museum. Von Alois Andritzki bis Udo Zimmermann – Alle Porträts in unserem Special Von 1906 an besucht Kästner die 4. Bürgerschule in der Tieckstraße. Er ist ein vorbildlicher Schüler, der nur Einsen und wenige Zweien nach Hause bringt. „Ich war ein patentierter Musterknabe“, resümiert er 1930 in einem „Kurzgefassten Lebenslauf“. 1913 wechselt er in das Fletschersche Lehrerseminar auf der Marienallee. Das Ziel, Lehrer zu werden, gibt er jedoch bald wieder auf. 1917 wird er zum Militär eingezogen. Ein Jahr später kehrt er herzkrank von dort zurück. Ein bravourös absolviertes Abitur verschafft ihm 1919 das „Goldene Stipendium der Stadt Dresden“. Damit kann er an der Leipziger Universität Germanistik, Geschichte, Philosophie und Theatergeschichte studieren. Drei Jahre später wird er bei der „Neuen Leipziger Zeitung“ als Redakteur angestellt. 1927 zieht er nach Berlin. 1933 brennen auf den Scheiterhaufen der Nazis auch seine Bücher. Dennoch bleibt er in Deutschland, hält sich mit dem Schreiben von Drehbüchern über Wasser. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges geht Erich Kästner nach München, wo er am 29. Juli 1974 stirbt Aus den Dresdner Neuesten Nachrichten vom 13. Juni 2000. Von Tomas Gärtner

100 Dresdner des Jahrhunderts - Erich Kästner – Geistreich und doch fasslich für Groß und Klein