Zufall oder Schicksal – Corona bringt Dresdner Pärchen zusammen

Es gibt zwei Sorten von Menschen: Die einen glauben an Schicksal, die anderen an Zufall. Doch wer an Fügung glaubt, dem fällt es leichter, den schlimmen Dingen unserer Welt etwas Gutes abzugewinnen. Besonders, wenn er die Geschichte von Gregor und Yolanda hört. Ohne Corona hätten sie sich wahrscheinlich nie kennengelernt. Dresden-Urlaub ohne Rückreise: „Yo Landa, was geht?“, mit diesen vier Worten sprach – oder besser schrieb – Gregor seine Yolanda an. Es war Anfang Februar. Yolanda besuchte ihre Schwester in Dresden. Geplant waren zwei Wochen. Danach sollte es zurück nach Peking gehen. Nachdem sie mit ihren Eltern vor vielen Jahren von Dresden nach China zog, ist die Millionenmetropole heute ihr zu Hause. Während hierzulande noch nichts von der heutigen Pandemie zu spüren war, galt in der chinesischen Stadt bereits der Ausnahmezustand. „Einen Tag vor meiner Rückreise schrieb unsere Dozentin, dass die Uni und auch das Wohnheim dicht machen“, erzählt Yolanda. Zurück in Peking hätte sie sich entscheiden müssen: eine andere Bleibe oder Quarantäne im Wohnheim. Als sie zwei Wochen zuvor aufbrach, ahnte sie nichts dergleichen. Vom Match bis zum ersten Date: Kurzerhand entschloss sich die 20-Jährige, in Dresden zu bleiben. Der Flieger flog ohne sie. Eine gute Woche später schlug die Langeweile zu und Yolanda fand sich beim Online-Dating wieder. Gregors „Yo Landa, was geht?“ konterte sie mit einem ähnlich „miesen Anmachspruch“, wie sie sagt, und beide seien sich auf Anhieb sympathisch gewesen – soweit in der Offline-Welt. Das tägliche DNN Corona-Update als Newsletter Alle News zum Coronavirus in Dresden täglich gegen 7 Uhr im E-Mail-Postfach Wenige Tage später begegneten sich der rote Lockenkopf und die Halb-Mosambikanerin im realen Leben. Vor dem ersten Date sei die Aufregung bis ins Unermessliche gestiegen, erzählt das Paar. Obwohl sie keine großen Erwartungen an das Date gehabt hätten. Vielleicht nahm es Yolanda auch deshalb nicht so ernst mit der Wahrheit und behauptete, sie studiere in Dresden anstatt im 7400 Kilometer entfernten Peking. „Ich hatte irgendwie Angst, dass er die Situation ausnutzt, wenn er weiß, dass ich nur vorübergehend hier bin“, erklärt Yolanda ihre Notlüge. Von der Lüge bis zur Beichte: Nach dem zweiten Date verbrachte sie gleich eine ganze Woche bei Gregor – je besser die Chemie passte, desto schlimmer wurde das schlechte Gewissen. Schließlich ging Gregor immer noch davon aus, dass seine Angebetete in Dresden wohnt. Es half alles nichts, die Wahrheit musste raus. Trotz des Schocks im ersten Moment blieb Gregor tiefenentspannt. „Ich dachte, wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“, sagt der gebürtige Franke. So glücklich wie mit Yolanda sei er noch nie mit jemandem gewesen. „Bei ihr hat einfach alles sofort gepasst.“ Am meisten gefalle ihm jedoch ihr Humor. Mit so viel Zuwendung hatte Yolanda nicht gerechnet: „Er ist so lieb und gutherzig“, schwärmt die Medizinstudentin. „Bei ihm kann ich sein, wie ich bin. Er ist für mich in der kurzen Zeit fast wie eine Familie geworden.“ Erstes Abenteuer Kölner Karneval: Seit fast drei Monaten kennen sich Yolanda und Gregor. Das erste gemeinsame Abenteuer haben sie schon hinter sich: den Kölner Karneval. Als Gregor mit seinen Freunden in der Rheinmetropole unterwegs war, klingelte eines nachts das Telefon – Yolanda packte die Sehnsucht. Also machte sie sich kurzerhand auf den Weg. Eine überstandene Reifenpanne später lagen sich die Verliebten wieder in den Armen – vereint zwischen Kölschen Jecken. Seitdem die Ausgangsbeschränkungen das Land weitestgehend gelähmt haben, sind auch Yolanda und Gregor zum Zuhausebleiben verdammt. Wie es sich für frisch Verliebte gehört, verbringen sie die meiste Zeit im Bett, „mit Netflix und bestelltem Essen“, wie Yolanda berichtet. Quarantäne kann auch schön sein. Die Pläne des jungen Paares: Doch der Ernst des Lebens macht selbst vor hormontrunkenen Turteltauben nicht halt. Und so plant Yolanda gerade ihre nächsten Schritte. Zurück nach Peking soll es nicht gehen. Stattdessen will sie an der Technischen Universität Dresden weiter studieren. Nicht nur wegen Gregor, auch weil Dresden einst ihr Zuhause war. „Wenn ich manche Gebäude oder die Elbe sehe, erinnere ich mich gleich wieder an meine Kindheit“, sagt Yolanda. Nicht nur Gregor ist glücklich über ihren Entschluss, zu bleiben. Auch Yolandas Schwester freut sich, dass sie ihre bessere Hälfte von nun an jeden Tag sehen kann. Was sie den Eltern erzählen: Ein Treffen mit Yolandas Eltern dürfte vorerst schwierig werden. Schließlich wohnen die in China. Sollte es eines Tages so weit sein, würden sie den Teil mit dem Online-Dating vielleicht aus der Geschichte aussparen, sagt Gregor. „Ich weiß gar nicht, ob meine Eltern Tinder kennen. Andererseits war es früher auch nicht viel anders. Da hieß es dann eben, ich habe meine Frau in der Disco kennengelernt.“ Von Laura Catoni

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