Wegen Corona: Ein Hilferuf aus dem sächsischen Gastrogewerbe

Mit einer eindrucksvollen Aktion hat sich am Freitag eine Interessengemeinschaft aus sächsischen Hoteliers, Gastronomen und Veranstaltern auf dem Neumarkt in Dresden bemerkbar gemacht. Sie platzierten mehrere hundert leere Stühle und Tische auf dem Areal vor der Frauenkirche, um auf die existenziellen Probleme aufmerksam zu machen, in die sie durch die Coronapandemie gestürzt wurden. Das tägliche DNN Corona-Update als Newsletter Alle News zum Coronavirus in Dresden täglich gegen 7 Uhr im E-Mail-Postfach Ihren Forderungen an die sächsische Landesregierung hatten sich mehr als 500 Unternehmer mit über 20 000 Beschäftigten angeschlossen. Gastronomiebetriebe stehen vor dem Aus: „Unsere Existenz steht auf dem Spiel“, sagte Ute Stöhr. Die Inhaberin des Restaurants „Zum Schießhaus“ ist Mitorganisatorin der Aktion. Ihrer Ansicht nach bleiben die Gastronomiebetriebe derzeit bei vielen Hilfsangeboten außen vor, fühlen sich von der Regierung vernachlässigt. Und das, obwohl dieser Wirtschaftszweig einiges bewirke. „Wir sind ein großer Topf Öl, der in das Getriebe einfließt“, erläutert sie, „wir arbeiten etwa mit Brauereien oder anderen Zulieferbetrieben zusammen.“ Stellenweise hätten Gastronomen ihre Läden jahre- oder jahrzehntelang aufgebaut, mit ihrem Angebot die sächsischen Innenstädte bereichert. Wegen der Coronapandemie stehe das Gewerbe nun vielfach vor dem Aus. „Zwar gibt es Soforthilfe-Zuschüsse, allerdings nur für Unternehmen bis zu zehn Angestellten“, sagte Stöhr. Doch viele Gastronomiebetriebe aus Dresden sind der Unternehmerin zufolge größer, können die Hilfen daher nicht in Anspruch nehmen. Keine Einnahmen, aber laufende Betriebskosten: „Alleine wir beschäftigen 30 Angestellte“, sagte die Schießhaus-Betreiberin. Die festen Mitarbeiter musste sie in Kurzarbeit schicken, alle Teilzeitkräfte und Aushilfen entlassen. Das ist Stöhr zufolge ein Riesenproblem, denn studentische Hilfskräfte und 450-Euro-Jobber sind zum Beispiel nicht über das Kurzarbeitergeld abgesichert. Doch die Branchenprobleme reichen noch weiter: „Mit Blick auf die Entscheidung am vergangenen Mittwoch gab es einen großen Ruck der Enttäuschung bei den Gastronomen und Hoteliers.“ Noch bis voraussichtlich Ende Mai müssen die Läden geschlossen bleiben, Einnahmen fallen somit weiterhin weg. „Dennoch haben wir laufende Betriebskosten zu stemmen, etwa für Versicherung und Personal“, sagte Stöhr. Zwar können Unternehmen mit bis zu 100 Beschäftigten seit kurzem bei der Sächsischen Aufbaubank (SAB) ein Darlehen in Höhe von 100 000 Euro beantragen, „doch das müssen wir zurückzahlen“, sagte Stöhr. Wie das gehen soll, ist allen ein großes Rätsel. Außengastronomie als eine zentrale Forderung: Auch FDP-Politiker und Betreiber des Landguts „Hofewiese“, Holger Zastrow, zeigte sich am Freitag auf dem Neumarkt empört über die derzeitige Situation: „Ich bin maßlos enttäuscht, was die Bundes- und Landesregierung zuletzt entschieden hat. Zwar gibt es Lockerungen, doch das Gastronomie- und Hotelgewerbe, eigentlich die gesamte Freizeitwirtschaft, wird im Stich gelassen.“ Seiner Meinung nach gibt es viele Gastronomiebetriebe, die Abstands- und Hygieneregeln besser umsetzten können, als etwa ein Einzelhandelsgeschäft. Außengastronomie wie ein Biergarten sei doch problemlos möglich. Damit griff Zastrow eine der Hauptforderungen der Interessensgemeinschaft auf: Neben der Öffnung der Außenbereiche wollen die über 500 Unternehmer etwa die Aufstockung des Kurzarbeitergeldes auf 90 Prozent, Soforthilfe-Zuschüsse und Darlehen mit machbaren Zinssätzen. Hoffen auf ein Signal der Landesregierung: Forderungen, die CDU-Politiker Lars Rohwer stellvertretend für die sächsische Landesregierung entgegennahm. Er zeigte Verständnis für die Gastronomen, die das SAB-Darlehen vorerst ignorieren, wenn sie nicht wissen, wie es in zwei, drei oder vier Wochen weitergehe. „Ein erster Schritt wäre deshalb, mit dem entsprechenden Schutz im Außenbereich tätig zu werden“, sagte Rohwer im Anschluss an die Protestaktion. Er hoffe, dass es der Regierung des Freistaats gelinge, ein solches Signal noch vor dem 4. Mai geben zu können. Auch einen Diskussionsanstoß in Richtung Bund bezüglich einer Aufstockung des Kurzarbeitergeldes halte er für richtig. Wann es dazu kommt, ließ er allerdings offen. Für Restaurantbetreiberin Ute Stöhr und die Unterzeichner des Forderungskataloges bleibt jetzt nur eines: Abwarten. „Nächste Woche beantrage ich wahrscheinlich mein Darlehen bei der SAB und hoffe, dass sich meine Umsätze im Laufe der Zeit so normalisieren, dass ich es zurückzahlen kann.“ Sie rechnet damit, dass die Nachwirkungen der Coronakrise noch mindestens ein bis anderthalb Jahre zu spüren sein werden. Corona hat Dresden im Griff. Die wichtigsten Texte und weitere Überblicksartikel zum Thema: Aktuelle Texte Corona-Beschlüsse: Was in Sachsen nach dem 20. April anders wird Stadtfest, BRN, Filmnächte – wie es um die Dresdner Sommerveranstaltungen steht Dresden bedauert bei Corona-Lockerung fehlenden Weitblick Fällt die Freibad-Saison in Dresden wegen Corona ins Wasser? 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