Radeberger Frauenchor leidet unter Corona-Einschränkungen

In einem Chor aktiv zu sein, bedeutet nicht nur, zu singen. Es bedeutet auch, soziale Kontakte zu pflegen und sich weniger allein zu fühlen. Corona macht dieser Art des Vereinslebens seit Monaten einen fetten Strich durch die Rechnung. Weil die Viren vor allem von Flüssigkeitspartikeln übertragen werden und diese beim Singen besonders weit fliegen, gelten für Chöre sehr strenge Auflagen. Diese kann der Frauenchor in Radeberg nicht erfüllen. „Wir bangen, dass der Chor zerbrechen könnte“, sagt Solveig Schnabel, Vorsitzende des Chors. Rund 30 Frauen singen hier seit beinahe 30 Jahren zusammen, die einen sind länger, die anderen kürzer dabei. Fast alle Sängerinnen sind über 50 Jahre alt, manche über 70. „Wir gehörten also zur so genannten Risikogruppe, die sich seit März nicht mehr treffen darf“, erinnert sich die Vorsitzende. Probe im Wald nicht zufriedenstellend: Während sich andere Chöre virtuell trafen und irgendwie versuchten, gemeinsam zu singen, herrschte beim Frauenchor Funkstille. Aber nicht freiwillig: „Technisch sind wir nicht so aufgestellt, dass wir jeweils zu Hause üben und dann virtuell gemeinsam proben könnten. Das liegt teilweise an der Altersstruktur und den wenig vorhandenen IT-Kenntnissen beziehungsweise Ausstattung“, sagt Solveig Schnabel. Als Mitglied eines Laienchores könne nicht jeder ein Instrument spielen, sich zu Hause beim Singen selbst begleiten und das Notenmaterial eigenständig erarbeiten. Nach vielen Wochen des Alleinseins war es dann aber soweit: Der Radeberger Frauenchor traf sich Ende Juni erstmals wieder, und zwar im Wald. Doch die Ernüchterung folgte schon nach dem ersten Lied: „Mit großem Abstand zu singen, erschwert den gemeinsamen Gesang. Wir hören uns ja gar nicht“, klagt Solveig Schnabel. Bisher konnten, auch bedingt durch die Erkrankung des Chorleiters, keine Probenalternativen gefunden und genutzt werden. Zwar gebe es einige Freiflächen, die für Proben infrage kämen, doch auch die müssen hygienetechnisch geprüft werden. Außerdem bräuchte der Chor einen Stromanschluss fürs Keyboard und Sitzmöglichkeiten für die älteren Sängerinnen. Die Neuinfektionszahlen sind seit Wochen niedrig, doch Corona ist weiterhin ein Thema. 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Ob es Unterstützung aus der kulturellen Szene Radebergs gibt? „Nein, wir haben uns bisher auch nicht darum bemüht“, sagt Gina Urban. Unterstützung erhielten die Chöre vom Sächsischen Chorverband, der Entwürfe und Vorschläge für die Erstellung von Hygienekonzepten zur Verfügung stellte und Seminarangebote zum Thema „Corona und Chorsingen“ unterbreitete. Auch von der Stadt Radeberg könnte sich der Chor Unterstützung vorstellen. Denn Räume, die groß genug für eine gemeinsame Probe wären, gibt es durchaus: „Vielleicht könnte man uns die große Aula des Gymnasiums oder eine Sporthalle zur Verfügung stellen“, hoffen die Sängerinnen. Festkonzert zum Jubiläum fällt aus: Der eigentliche Probenraum im Bürgerhaus ist unter Einhaltung der Abstandsregelungen beim Chorgesang viel zu klein und den einmal monatlich zur Verfügung gestellten Gesellschaftsraum im Betreuten Wohnen der Volkssolidarität am Markt darf der Frauenchor unter den Coronabedingungen nicht nutzen. Eigentlich hätte der Frauenchor dieses Jahr sein 30-jähriges Bestehen gefeiert. Ende 1990 sind sie aus dem ehemals gemischten Chor des VEB Robotron Radeberg hervorgegangen. Nachdem die männlichen Sänger mit der Wende den Chor nach und nach verließen, wurde er als reiner Frauenchor weitergeführt. Aus Anlass des Jubiläums sollte im Festsaal des Schlosses Klippenstein in Radeberg Ende Oktober ein eineinhalbstündiges Festkonzert stattfinden. Auf Chorwerkstätten und Sonderproben zur Vorbereitung hatten sich die Sängerinnen gefreut. Doch durch Corona war nichts möglich. Aber Solveig Schnabel ist zuversichtlich: „Wir lassen uns nicht entmutigen und bleiben optimistisch“, sagt Solveig Schnabel. Sie und Gina Urban wünschen sich vor allem für ihre älteren Chorschwestern, die teilweise bereits verwitwet sind, dass der Chor als Freizeitbeschäftigung bald wieder zum Alltag gehören kann. Von Lisa-Marie Leuteritz