Leer, leise, zu – ein Liebesbrief an eine verschwundene Stadt

Liebe Stadt, fast drei Wochen ist unsere Trennung jetzt her. Einige hatten dies schon befürchtet, nachdem so viele andere europäische Städte ihre Bewohner in ihre Häuser schickten. Und trotzdem tat es weh, als dein Abschiedsbrief, oder besser die Allgemeinverfügung kam. Corona hat dich uns weggenommen. Und je wärmer die Tage werden, desto größer wird die Sehnsucht nach dir. Der Geruch der Kneipen: Da ist die Sehnsucht nach den Samstagabenden in deinen kleinen Kneipen und bunten Bars, mit ihren Tischen und Tresen und den Stadtbewohnern, die sich darum in den späten Stunden sammeln. Es fehlt der Klang, in dem ihre zahllosen Gespräche zu einem großen Wirrwarr verschwimmen, dazwischen der Geruch von Zigaretten, Parfum und Bier. Mit einem Gefühl der Wehmut kommen Erinnerungen hoch. Erinnerungen an Karaoke-Abende im überfüllten Hebedas und Nächte im aufgeheizten Ostpol, zwischen DDR-Tapete und fehlender Seife – was damals keinen juckte. Der Sommer in der Stadt: Dresden, du fehlst! Ich fühle mich wie Paul Young, der verzweifelt singt: „Why don‘t you come back? Please hurry!“ Bitte beeil dich, Dresden! Der Frühling hält langsam Einzug und ein Sommer ohne dich wäre nur schwer zu ertragen. Wie in einem Fotoalbum blättere ich gedanklich durch unsere gemeinsamen Erlebnisse an heißen Julitagen und schwülen Augustabenden, wenn deine Straßen sich aufgeheizt haben und die Luft über den Pflastersteinen flimmert. Es sind Bilder am Assi-Eck, wenn der Fleck, an dem sich Louisen- und Görlitzer Straße kreuzen, die Neustadtbewohner wie ein Magnetfeld anzieht. Wenn alle dicht beieinander sitzen und gebangt zusehen, wie der Fahrer der Linie 13 versucht, sich durch die Menschentrauben hindurch zu schlängeln. Parkmomente ohne Polizei: Ich denke an Stunden im Park, die sich zu ganzen Tagen ausdehnen konnten. Tage, an denen der Park aus der Luft betrachtet einem Flickenteppich gleicht, mit zahllosen Decken, auf denen Menschen Gitarre spielen, an Melonenstücken schlürfen und das Essen auf dem Grill wenden – ohne Polizei im Nacken, Mindestabstände und Umarmungsverbot. Es waren jene Tage, an denen Kinder in Windeln über die Wiesen rannten, Verliebte sich verschlungen in den Armen lagen und ganze Schulklassen das überstandene letzte Jahr feierten. Filmnächte und Palais-Sommer: Ich denke an deine warmen Filmnächte, wenn deine historischen Dächer und das Wasser der Elbe schönste Schauspielkunst einrahmen, und an die bunten Wochen des Palais-Sommers, zwischen lauter Musik am Abend und stillen Yoga-Stunden am Morgen. Das tägliche DNN Corona-Update als Newsletter Alle News zum Coronavirus in Dresden täglich gegen 7 Uhr im E-Mail-Postfach Die Sehnsucht wächst jeden Tag. Nach deinen gemütlichen Cafés, in denen leise Musik läuft und lautes Geschirr klappert. Sehnsucht nach deinen Biergärten an der Elbe, an denen die Dresdner von ihrem Fahrrad absteigen und aufs Leben anstoßen. Es fehlen deine Restaurants und deren Gerüche fremder Länder, mindestens genauso deine Museen und Theater, Orte der Kreativität. Stattdessen bleiben uns gerade nur deine Supermärkte und Apotheken. Der Rest ist geschlossen, die Lichter sind aus, die Räume leise und leer. Wenn die Krise überstanden ist: Es heißt, der Mensch schätze die Dinge erst, wenn er sie verloren hat. Oft schimpfte ich dich, über deinen Lärm, deine Hektik und deine dreckigen Ecken. Ich werde deine Macken akzeptieren, mich nicht mehr beschweren – wenn wir hoffentlich bald wieder zusammen sind. Oder um es erneut in Paul Youngs Worten zu sagen: „Please hurry!“ Bitte beeil dich, Dresden! Corona hat Dresden im Griff. Die wichtigsten Texte und weitere Überblicksartikel zum Thema: Aktuelle Texte Nein, nein, nein – was zu Ostern alles in Dresden wegen Corona verboten ist Wegen Corona: Die Bunte Republik Neustadt steht auf der Kippe Dresden steigt in Mundschutzpflicht ein So haben sich die Infiziertenzahlen in Dresden entwickelt Biotype Dresden bringt Corona-Schnelltest auf den Markt Dixielandfestival 2020 in Dresden wegen Corona-Virus abgesagt Vierter Todesfall in Dresden Verstöße gegen Corona-Rechtsverordnung werden jetzt richtig teuer Dresdner Soziologe erklärt: Wie Corona das gesellschaftliche Leben verändern kann Kretschmer zur Corona-Krise: „Wir müssen bis Ostern warten“ Der Gesamtüberblick Corona in Dresden – Die wichtigsten Infos im Überblick Hilfe für Geschäfte und Gastronomie in Dresden und Umgebung Corona in Dresden: Diese Artikel sollten Sie gelesen haben Dresden und Sachsen: Das ist die aktuelle Zahl der Infizierten Das DNN-Themenspecial zum Corona-Virus: Infos deutschlandweit Von Laura Catoni

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