Hilferuf von Eltern aus Dresden an die Schulbehörden

Elternvertreter aus Dresden und Ostsachsen machen sich in der aktuellen Coronakrise erhebliche Sorgen über die Entwicklung rund um Unterricht und Schule in Sachsen. In einem offenen Brief fordern die Vorsitzenden der Kreiselternräte aus Dresden, Bautzen und Görlitz, Martin Raschke, Marcus Fuchs und Ronald Lindecke, jetzt von den Schulbehörden mehr Klarheit über die geltenden Regelungen und den weiteren Ablauf. Dank an Lehrer: In ihrem Schreiben an das Kultusministerium, das Landesamt für Schule und Bildung, aber auch Bildungspolitiker im Dresdner Stadtrat und im sächsischen Landtag danken sie zunächst „dem Großteil der Lehrern, für das, was sie täglich leisten“. Die Situation sei aber auch für Schüler und Eltern Neuland. „Denn in der jetzigen Lage zeigt sich, lernen ohne Lehrer taugt – so wie es jetzt meist praktiziert wird – nicht so viel, wie Präsenzunterricht.“ Seit 16. März ist in Sachsen die Schulpflicht ausgesetzt, seit 18. März sind alle Schulen und Kindertageseinrichtungen grundsätzlich geschlossen. Die Regelungen gelten vorerst bis zum Ende der Osterferien am 17. April. Die Prüfungen an den allgemeinbildenden und beruflichen Schulen sollen wie geplant erfolgen. Sie beginnen nach Ostern mit dem Start des schriftlichen Abiturs am 22. April. Kultusminister Christian Piwarz (CDU) hat zuletzt am vergangenen Freitag bekräftigt, an diesem Plan vorerst festzuhalten. Zu Ostern soll darüber mit Blick auf die bis dahin eingetretene Entwicklung in der Coronakrise beraten werden. Sorgenvolle Anfragen von Eltern: Die Elternräte seien in „den letzten Tagen mit sorgenvollen Anfragen kontaktiert“ worden, die sie zu dem Schreiben veranlasst hätten, erklären die drei Vorsitzenden. So sei die Medienberichterstattung zum Thema „Aussetzung der Schulpflicht“ ihrer Ansicht nach „nicht ganz optimal“ gewesen. Auf der einen Seite sei die Teilnahmepflicht am Unterricht aufgehoben, andererseits sei davon die Rede, die Zeit der Schließung ist keine Ferienzeit, sondern Lernzeit. Die Schulen hätten Unterrichtsstoff zu vermitteln, soweit dies auf dem digitalen und analogen Wege möglich ist. Dies sei ein „hehres Ziel“. Prinzipiell bedeute dies alles aber, „dass eine Beschulung ausgesetzt ist, die Lernstoffvermittlung auf alternativen Kanälen als fakultativ zu betrachten ist“. Überforderung bei Eltern und Schülern: Die Elternvertreter sehen zudem die „Gefahr der Überforderung der Eltern und Schüler im heimischen Umfeld“. Sie würden „mit großer Sorge“ beobachten, dass „eine Vielzahl der Eltern“ davon berichtet, „wie zum Teil völlig unkoordiniert die Schüler mit analogen oder digitalen Aufgabenzetteln überhäuft“ würden. Eltern beklagten teilweise, ihre Kinder würden mehr arbeiten als in üblichen Unterrichtszeiten, teilweise „von früh bis zum Abendbrot mehr oder weniger durchgängig“. Dies sei „auf Dauer kein guter und gesunder Zustand“, wird eine Elternmeinung wiedergeben. In einem anderen Zitat wird auf die schwierige Situation der Eltern in ihrer Angst um Arbeitsplätze, vor Kurzarbeit und gesundheitlichen Problemen verwiesen. Es müsse alles getan werden, um „Ruhe und einen kühlen Kopf zu bewahren“, heißt es in der Aussage eines Elternteils aus einem Dresdner Gymnasium weiter, in der auch gefordert wird, dass keine Kinder „abgehängt“ werden dürften. „Geschrei und Tränen“: In anderen aufgeführten Äußerungen heißt es, Eltern seien zudem mit dem Ausdrucken, Einscannen der Lösungen, Umwandeln in ein gefordertes Format und Hochladen zwischen 30 Minuten und bis zu einer Stunde beschäftigt. Große Probleme gebe es bei Schülern mit Förderbedarf. Die Elternvertreter verweisen auch auf Schwierigkeiten mit Recherchen im Internet, wofür häufig Zeit und Kenntnisse fehlten. Erhebliche Herausforderungen gebe es dort, wo beide Elternteile arbeiten und daher die Kinder daheim alles in Eigenregie abarbeiten müssten. „Das bringt ein Fünftklässler einfach noch nicht, es gibt täglich Geschrei und Tränen...“, hätten Eltern berichtet. Auch von Eltern, die sich im Homeoffice befinden, könne nicht verlangt werden, adäquat die Kinder zu unterstützen, da sie ja arbeiten sollen. Viele Schwierigkeiten würden Eltern auch beim Umgang mit der Plattform „Lernsax“ schildern. Sie reichten von den „Tücken der Technik“ mit überlasteten Servern bis zu schwer zu überschauenden Strukturen. Unterschiedliche familiäre Konstellationen: Sowohl bei den Schülern, aber auch bei den Lehrern müssten zudem „die unterschiedlichsten familiären Konstellationen“ berücksichtigt werden. Da gehe es beispielsweise um Zahl und Alter der Kinder, die Wohnverhältnisse und technische Voraussetzungen. Die Elternvertreter fragen daher in ihrem Schreiben, auf welcher Rechtsgrundlage jetzt die weitere Beschulung der Schüler im Heimbereich stattfinde, ob die Beschulung fakultativ oder verbindlich sei, auf welcher rechtlichen Grundlage Benotungen erfolgten und ob diese Leistungsüberprüfungen freiwillig stattfinden oder seitens des Lehrers eingefordert werden könnten. Verschiebung des Abiturs prüfen: Für das schriftliche Abitur regen sie an zu prüfen, ob eine Verschiebung der Aufgaben um zwei Wochen oder gegebenenfalls zwei Wochen nach Wiederaufnahme des Schulbetriebs möglich ist, um so noch eine angemessene persönliche Prüfungsvorbereitung der Schüler sicherzustellen. Ein weiteres Problem ergebe sich aus derzeit wegfallenden Benotungen. Unter anderem hätten versetzungsgefährdete Schüler so keine Möglichkeit, sich noch zu verbessern. Dafür regen die Elternvertreter an, Schülern eines Abschlussjahrgangs die Möglichkeit zu geben, ein Abschlussjahr zu wiederholen. Sollte tatsächlich der Unterricht nicht alsbald aufgenommen werden, sollten die Schüler der Nichtabschlussklassen kein Schuljahreszeugnis, sondern eine Schuljahresinformation erhalten. Die Versetzung sollte grundsätzlich stattfinden, auf Antrag der Erziehungsberechtigten könnten Schüler zurückgestellt werden. Bereitschaft zu Gesprächen: „Aus unserer Sicht ist jetzt das Überdenken der Situation dringend angezeigt und dies unter Einbeziehung der Elternvertretung der Landkreise und kreisfreien Städte“, schließen die Elternvertreter ihr Schreiben. Sie stünden zu Gesprächen bereit. 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