Diese fünf Themen beherrschen in Dresden die Schulen

Davide ballt die Fäuste und freut sich diebisch. Am Gymnasium Dresden-Pieschen hat für den Fünftklässler am Montag der Präsenzunterricht wieder begonnen. Und in der ersten Stunde bringt sein Klassenlehrer eine gute Nachricht für den Elfjährigen mit. „Dürfen wir in der Pause Fußball spielen?“ wollte Davide wissen und Lehrer Paulo Roth gibt grünes Licht. Ein Torjubel könnte kaum schöner ausfallen. Der Start: Für mehr als 20.000 Schüler bestand am Montag nach ziemlich genau drei Monaten erstmals wieder die Gelegenheit zum Unterricht in einem Klassenzimmer mit anderen Schülern. Seit Beginn der Weihnachtsferien am 19. Dezember gab es keinen Präsenzunterricht mehr für Schüler in Sachsen, am 18. Januar durften Abschluss- und Vorabschlussklassen in Oberschulen und Gymnasien zurück an die Schulen, einen Monat später begann an Grundschulen der eingeschränkte Regelbetrieb. Nun ging es auch für die übrigen Schüler an weiterführenden Schulen los: Um 8.10 Uhr startete am Gymnasium Pieschen unter anderem für die 5e von Davide die Woche mit der üblichen Klassenleiterstunde. Belehrungen, Krankheitssymptome, AHA-Regeln stehen unter anderem auf dem Programm. Die Tests: Ab Klasse 7 können sich derzeit Schüler freiwillig auf das Cornavirus testen lassen. Selbsttests, die in der Anwendung komfortabler und künftig für alle Schüler gedacht sind, standen am ersten Tag noch nicht zur Verfügung. Vielleicht ab 22. März, dann soll das Testen für Schüler einmal wöchentlich und für Lehrer zweimal wöchentlich zur Pflicht werden. Am Bertolt-Brecht-Gymnasium („BeBe“) haben das Angebot zu Schnelltests am Montag 189 von etwa 400 anwesenden Schülern und 33 Lehrkräfte angenommen. „Alle sind negativ“, bilanziert Schulleiter Marcello Meschke. Am Gymnasium in Tolkewitz sollte es nach bisherigen Plänen die Schnelltests ab Mittwoch geben. Etwa 20 Prozent der Schüler haben sich zu den Tests vor Schulbeginn angemeldet. Bei den Lehrerinnen und Lehrern sei die Testbereitschaft deutlich höher. An der 36. Oberschule in Löbtau haben die Malteser etwa ein Drittel der Schüler getestet. „Alle negativ“, erklärte Schulleiterin Beatrice Wünsche. Die Modelle: Für die Rückkehr zum Präsenzunterricht sind Wechselmodelle vorgeschrieben. Am „BeBe“, in Tolkewitz und Pieschen sind die Klassen in zwei Gruppen geteilt, eine ist in dieser Woche dran die andere in der nächsten. Es gibt aber auch andere Modelle. Am Tschirnhaus-Gymnasium wechseln sich die beiden Schülergruppen jeden Tag ab. So entsteht auch eine Woche Präsenzzeit, erklärt Schulleiterin Sandra Gockel. Das Modell betreibt auch das Gymnasium Bürgerwiese. „Für die Schüler wechseln also Präsenzunterricht mit darauf aufbauenden Selbstlerntagen“, erläutert Schulleiter Jens Reichel. An der 36. Oberschule wechseln die Gruppen am Mittwoch und in der kommenden Woche auch. „Die ersten zwei Schulwochen dienen überwiegend der Lernstandserhebung“, schildert Schulleiterin Wünsche die Pläne. Nach den Osterferien starte die Schule zusätzliche Förderangebote für alle Klassenstufen, um „entstandene Bildungslücken Schritt für Schritt kompensieren“ zu können. Am Bertolt-Brecht-Gymnasium gab es bis Ende vergangener Woche in der Oberstufe eine Abmeldung aus Angst vor Corona. Für den Sport haben sich zehn Schüler abgemeldet. „Die einen aus Angst, die anderen, weil sie teilweise Masken tragen sollen“, erläutert Schulleiter Meschke. Die Sorgen: „Bei allen Unsicherheiten ist die Freude aller, dass endlich der Unterricht wieder beginnt, am größten“, schildert Gymnasiumsleiterin Böhm aus Tolkewitz die Situation. Das ist an vielen Stellen zu hören. Die elfjährige Laura am Gymnasium in Pieschen sieht das genauso. „Der Lernstoff lässt sich im Unterricht viel besser vermitteln“, meint sie. Auch Davide hält neben Pausen und Fußballspielen auch das gemeinsame Lernen mit seinen Klassenkameraden für eine positive Seite des Präsenzunterrichts. Doch zwischen die Freude mischen sich auch Sorgen. In zwei Wochen beginnen die Ferien in Sachsen. Aufgrund des zunehmenden Infektionsgeschehens ist jedoch fraglich, ob die Schulen überhaupt noch so lange geöffnet bleiben. „Wir machen uns schon Gedanken“, erklärte Schulleiterin Kerstin Ines Müller in Pieschen. Zumal die erhöhte Test-Intensität auch zu höheren Infektionszahlen führen dürfte. Anja Unger, Schulleiterin am Beruflichen Schulzentrum für Agrarwirtschaft und Ernährung bedauert, dass für ihren Standort an der Canalettostraße frühestens ab Mittwoch Schnelltests möglich sind. „Für die Kollegen und Schüler wäre es natürlich eine gewisse Sicherheit gewesen, zumal unsere Schüler auch aus Gebieten mit hohen Zahlen kommen.“ Die Hoffnungen: Die Erwartungen an den Schulen ranken sich nun vor allem um die Tests und ihre Folgen. Sobald die Selbsttests in ausreichender Zahl vorliegen, sollen sie in den Klassen von den Schülern selbst vorgenommen werden. Überall wird gehofft, dass steigende Infektionszahlen nicht schon vor Ostern wieder zu Schulschließungen führen. Am Montag Nachmittag wurde nach DNN-Informationen an den Schulen bekannt, dass am Dienstag beim Landesamt für Schule und Bildung (Lasub) die Selbsttests für diese Woche abgeholt werden könnten und ab Mittwoch damit Testpflicht für Personal und Schüler gelten würde. Die nächsten Testsets werde es am Wochenende geben. Überall wird gehofft, dass steigende Infektionszahlen nicht schon vor Ostern wieder zu Schulschließungen führen. Nach so langer Zeit sei die jetzige Schulöffnung ein Abwägen von Schaden und Nutzen, meint Schulleiterin Müller aus Pieschen. Sie hält die Nachteile geschlossener Schulen für die Kinder für größer als die Gefahren der Öffnung. Laut Coronaschutzverordnung müssen Schulen wieder schließen, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz in Landkreis oder Großstadt „fünf Werktage in Folge“ über 100 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner liegt. Liegen die Werte fünf Werktage darunter, können sie wieder öffnen. „Die Berufschulklassen stehen kurz vor ihren Prüfungen, sie brauchen jede Stunde“, sagt BSZ-Leiterin Unger. Für das erste und zweite Ausbildungsjahr ließe sich im nächsten Jahr sicher etwas kompensieren. „Vor allem für die Vorbereitungsklassen ist der Präsenzunterricht existentiell“, verweist sie auf eine besondere Konstellation. Diese Klassen seien speziell eingerichtet für Migranten. „Wir haben eine Klasse mit jungen Menschen, die gerade erst nach Deutschland gekommen sind und die gar kein Deutsch können und eine Klasse, die etwas fortgeschrittener ist – die Spanne reicht von Analphabeten bis Abitur im Heimatland.“ Schulleiter Marcello Meschke vom Bertolt-Brecht-Gymnasium formuliert daher eine klare Erwartung: „Ich hoffe, dass man bei diesen vielen Tests nicht nur auf die Inzidenz schaut, sondern die Entscheidung von den Todesfällen und der Belastung der Krankenhäuser abhängig macht.“ Von Ingolf Pleil