Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt: Das Haus als Stille als Rückzugsort

Ein Ort zum Nachdenken und Innehalten – zehn Jahre gibt es jetzt das Haus der Stille im Haus U des Krankenhauses Friedrichstadt. „Eigentlich wollten wir aus diesem Anlass eine Ausstellung organisieren“, sagt der katholische Klinikseelsorger Christoph Behrens. Das hat Corona verhindert. Wie auch die Gottesdienste, zu denen früher viele Menschen von außerhalb gekommen sind. Glaube und Konfession spielen keine Rolle: „Aber viele Menschen kommen und zünden eine Kerze an“, sagt der Seelsorger, der Gesprächszeiten anbietet, im Haus der Stille die Besucher aber auch direkt anspricht. „Das ist ein niedrigschwelliges Angebot, das man nicht unterschätzen darf.“ Gerade jetzt, wo die Angehörigen die Patienten nicht besuchen dürfen. „Da müssen wir die Angehörigen trösten und versuchen, dieses Bindeglied zu sein.“ In den Seelsorgern hätten die Angehörigen schwer kranker Menschen jemanden, bei dem sie ihre Sorgen loswerden könnten, so Behrens. Gesprächspartner seien wichtig, sagt der Seelsorger, gerade jetzt, wo das Geschehen viele sprachlos mache. Er suche auch das Gespräch zum Personal, er merke die Nöte und Traurigkeit der Mitarbeiter, wenn Menschen nicht zu retten seien und sterben müssten. „Da spielen Glaube und Konfession keine Rolle. Da geht es darum, sich etwas von der Seele zu reden.“ Lesen Sie auch: Am Limit: Was Corona mit der Psyche der Dresdner Intensivmediziner macht Er sei dann vor allem als Zuhörer gefragt, sagt Behrens, der aber auch regelmäßig die Corona-Station besucht. In voller „Kriegsbemalung“ sei er dann unterwegs und als Pfarrer kaum noch von einem Arzt oder Pfleger zu unterscheiden. „Viele Patienten fragen nach ihren Angehörigen. Der Kontakt ist ganz wichtig.“ Manchmal würden sich ergreifende Szenen abspielen. Wenn der Vater im Sterben liege und seine Angehörigen zu Hause selbst schwer erkrankt seien. „Dann bin ich gefragt und halte die Hand.“ Gebet als Form der Zuwendung: In der katholischen Tradition sei es sehr bedeutsam, die Krankensakramente zu empfangen. Deshalb werde er hauptsächlich zu Katholiken gerufen, sagt der Pfarrer. Aber in vielen Fällen gehe es vor allem darum, am Bett zu sitzen und zuzuhören. „Der Glaube ist für mich ein Geschenk. Ich begegne Gott in den Kranken, auch ich erfahre etwas“, erklärt Behrens. „Den Menschen mit Ehrfurcht und Sorgfalt begegnen“, nennt er sein Credo. Man müsse in der Kommunikation mit schwerkranken Menschen eine Sprache finden. „Da hilft auch sehr viel der Ritus. Das gemeinsame Beten ist eine besondere Form der Zuwendung – auch bei nichtgläubigen Menschen“, sagt Behrens. Er werde oft von Atheisten angesprochen: „Irgendetwas wird ja noch kommen“, würden die Menschen hoffen. „Mit Zuhören öffnet man die Herzen“, weiß der Pfarrer, der sich nah fühlt mit denen, die am Ende ihres Lebens auf der Suche nach dem Sinn seien. Das Haus der Stille sei ein Rückzugsort – ein Ort, in dem er auch selbst zur Ruhe kommen könne, sagt der Klinikseelsorger. Von Thomas Baumann-Hartwig