Drei Szenarien: Wann geht die Schule in Sachsen wieder los?

Werden sich in Sachsens Schulen am 20. April tatsächlich wieder die Türen öffnen? Diese Frage stellen sich derzeit nicht nur Schüler, sondern auch viele Eltern angesichts der täglichen Herausforderungen des Homeschoolings. Mit Blick auf die bisher ungehindert steigende Infektionskurve scheint eine Rückkehr zum Alltag nach Ostern allerdings immer unwahrscheinlicher. Doch was dann? Wir haben uns im Kultusministerium und bei der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) zu möglichen Szenarien umgehört. Szenario 1: Es bleibt beim 20. April: Im LVZ-Interview ließ Bildungsminister Christian Piwarz (CDU) zuletzt offen, ob es beim Wiedereröffnungstermin bleibt. „Wir fahren hier auf Sicht und beraten uns täglich mit den Experten“, so der Unionspolitiker. Am Freitag hieß aus seiner Behörde: „Wir haben in Sachsen eine klar kommunizierte Terminkette, auf die sich Schulen und Schüler eingerichtet haben. Davon wollen wir nur im äußersten Notfall abweichen“, so Sprecher Dirk Reelfs. Am 22. April würden demnach die Abiturprüfungen in den eher kleinen Fächern über die Bühne gehen. „Die beiden großen Prüfungsblöcke Deutsch und Mathematik finden erst in der Folgewoche oder später statt. Es bestünde noch genügend Zeit, Konsultationen zwischen Schülern und Lehrern hinzubekommen“, so Reelfs weiter. Zudem: An den Oberschulen sei ohnehin erst am 25. Mai Prüfungstag. Hinter allen anderen Schülern lägen am 20. April „nur“ fünf Wochen selbstorganisierter Heimarbeit, ließen sich Unterschiede wohl bis zum Schuljahresende noch gut ausgleichen. Allerdings wird es wohl nicht beim Montag nach Ostern bleiben, sagt Sachsens GEW-Vorsitzende Ursula-Marlen Kruse. „Ich halte es für vernünftig, auf Sicht zu fahren, denke aber auch: Es wird nicht so sein, dass die Schulen am 20. April wieder öffnen können. Ich gehe davon aus, dass der 30. April als nächster Zeitpunkt in Betracht gerät.“ Szenario 2: Die Auszeit wird verlängert: „Als erstes werden dann wohl alle Abschlusstermine auf den Prüfstand kommen, vor allem die der Abiturienten“, sagt Kruse. Im Kultusministerium hat man in diesem Fall die Nachschreibe-Termine im Visier. „Die Prüfungen würden dann am 13. Mai beginnen“, so Sprecher Reelfs. Für die meisten Schüler dürfte es bis zum 30. April wie in den vergangenen Wochen weiter gehen: Lehrer bereiten Aufgaben vor, welche die Kinder und Jugendlichen im häuslichen Selbststudium zu erfüllen haben. Allerdings steigt mit jeder weiteren Woche angesichts der unterschiedlichen Lernbedingungen der Kinder wohl auch der Gefahr, dass manche den Anschluss an ihre Klassenkameraden verlieren. Zudem sagt GEW-Vorsitzende Kruse: „Der Druck auf die schulischen Notfalldienste, vor allem bei kleineren Kindern und schutzbedürftigen, wird noch größer werden.“ Das bedeutet unter anderem mehr Inobhutnahmen nach häuslicher Gewalt. Mit einem kompletten Wiederbeginn bis Ende April rechnet die Gewerkschafterin aber auch nicht. „Wenn man sich die Prognosen anschaut, werden Mitte Mai wohl noch viel mehr Großeltern, Eltern, Lehrer und Partner vom Virus betroffen sein. Insofern kann ich Forderungen, jetzt schnell zum Normalzustand zurückzukehren, überhaupt nicht verstehen“, sagt Kruse. Ein Blick auf die Altersstruktur der Lehrer in Sachsen zeige zudem: Ein großer Teil der Pädagogen gehört zur Corona-Risikogruppe. Szenario 3: Spätere und schrittweise Rückkehr: Sachsens GEW-Chefin geht deshalb davon aus, dass ein Start von einem Tag auf den anderen praktisch unmöglich wird. „Ich denke, dass die Rückkehr der Kinder in die Schulen nur schrittweise passieren kann, man mit bestimmten Klassenstufen anfängt, andere später folgen. Man muss aber auch klar sagen: Es kann nicht sein, dass Kinder irgendwann wieder zur Schule gehen, wenn alle anderen noch zu Hause bleiben sollen“, so die GEW-Vorsitzende. Ministeriumssprecher Reelfs will einen noch späteren Einstieg zumindest nicht ausschließen: „Wir entwickeln natürlich auch Szenarien, die von hinten herdenken, also vom Ende des Schuljahres.“ Dabei werde zurückgerechnet, wann die Prüfungen der Abiturienten spätestens beginnen müssten. „Das Schwierige ist, dass wir nicht wissen, ob die Situation im Mai oder im Juni besser ist als jetzt“, sagt er. Gewerkschafterin Kruse will nicht mutmaßen, ob der Shutdown bis zum Schuljahresende dauert. „Ich bin ja keine Virologin“, sagt sie und fügt an: „Falls ja, müssen wir wohl mit einem Schuljahr leben, in dem Abschlussnoten unter Umständen anhand der vorhandenen Noten gegeben werden.“ Ein Weltuntergang wäre das nicht, findet sie. „Generell wäre nun vielleicht auch die Zeit, mal etwas Mut zur Lücke zu beweisen. Mir persönlich ist ein Abwarten mit allen Abwägungen lieber, als unnötig Gesundheitsrisiken einzugehen.“ Lesen Sie auch: Sachsens Kultusminister im Interview: Wir wissen, dass die Situation nicht leicht ist Schule während der Corona-Krise: Wie geht das Lernen in Sachsen jetzt weiter? Corona-Liveticker: Fast 380 Fälle und zwei Tote in Leipzig Von Matthias Puppe

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