Corona-Ansteckungsrisiko: Studie weckt leise Hoffnung für den Chorgesang

Seit Monaten sind in Folge der Corona-Pandemie die Chöre im Profi- und Laienbereich in Deutschland verstummt. Sie können weder proben noch wie gewohnt öffentlich auftreten. Grund ist das erhöhte Risiko einer Übertragung von SARS-CoV-2-Viren beim Singen. Bartholdys „Abschied vom Walde“ im Labor: Denn diese Viren werden insbesondere durch kleine Flüssigkeitspartikel in die Atemwege übertragen, die als Tröpfchen und Aerosole beim Niesen und Husten, aber auch beim Sprechen und Singen entstehen. Der Gefahr einer Ansteckung durch virushaltige Tröpfchen kann durch Einhalten der Abstandsregeln gut begegnet werden, der Abstand allein aber gibt keinen Schutz vor einer Übertragung durch Aerosole. Diese können sich in geschlossenen Räumen gerade beim Singen großer Chorgemeinschaften rasch konzentrieren, was vielerorts zu einem sehr restriktiven Umgang bei der Bewertung des Chorsingens geführt hat. Aus dieser Situation kommt man nur durch Kenntnis der tatsächlich beim Singen entstehenden Aerosolkonzentration heraus, sagt Prof. Dr. med. Dirk Mürbe, der als Direktor der Klinik für Audiologie und Phoniatrie an der Berliner Charité forscht. Denn nur anhand einer realistischen Beurteilung von Tröpfchen und Aerosolen kann die Wirkung der zur Risikoreduzierung eingesetzten Maßnahmen eingeschätzt werden. Und nur ein effektives Risikomanagement wird die Situation der Chöre verbessern können. Lesen Sie auch: Corona-Ansteckungsgefahr: Singen oder nicht singen? Das Hermann-Rietschel-Institut der TU Berlin hat deshalb in Zusammenarbeit mit der Berliner Charité Sängerinnen und Sänger des RIAS Kammerchores zu einer Untersuchungsserie eingeladen. In einem Reinraum konnten ohne störende Einflüsse anderer Schwebeteilchen die tatsächlich beim Sprechen und Singen entstehende Aerosolmengen gemessen werden. Gesungen wurden die Einzelstimmen des Chorsatzes von Felix Mendelssohn Bartholdys „Abschied vom Walde“. Effektives Risikomanagement ist möglich: Dabei zeigten sich die vermuteten Steigerungen der Aerosolbildung beim Singen. Und im Vergleich zum Sprechen wurde eine durchschnittlich 30-fach höhere Anzahl von Aerosolen gemessen. Mit diesen Daten konnten dann vergleichende Berechnungen zur Aerosolverteilung für typische Chorprobenräume und Konzertsäle durchgeführt werden. Neben einer Begrenzung der Probendauer und der Anzahl der Choristen sind dabei Größe und Lüftung der Räume für ein effektives Risikomanagement bedeutsam. Insbesondere maschinelle Lüftungskonzepte könnten das Risiko erheblich reduzieren. Dieser Ansatz, um Chorgesang zu ermöglichen, wurde bislang vernachlässigt und sollte künftig vermehrt ausgeschöpft werden. Für den Raumvergleich wurde auch der moderne Konzertsaal der Dresdner Philharmonie im Kulturpalast herangezogen, für die untersuchte Situation stellte sich hier eine sehr effektive Reduktion der Aerosoldichte heraus. Die Ergebnisse der Untersuchungen motivieren zu einer individuellen Bewertung der verschiedenen Situationen des Chorgesangs, erklärt Dirk Mürbe. Bei optimalem Risikomanagement und unter Beachtung der allgemeinen Hygiene- und Abstandsregeln sollten sich dann, so Mürbe, auch die Türen für manchen Chorprobensaal und manchen Kirchenraum für die Chöre wieder öffnen lassen. Die Neuinfektionszahlen sind seit Wochen niedrig, doch Corona ist weiterhin ein Thema. Die neuesten Texte und weitere Überblicksartikel zum Thema: Aktuelle Texte Diese 10 Dinge sind wegen Corona in Sachsen noch verboten Dresdner Studie: Schulen in Sachsen keine Corona-Hotspots Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Sommerschule in Dresden Ab Herbst wieder geregelter Unterricht an Sachsens Schulen ohne Abstandsgebot Coronakrise sinnvoll genutzt: Vater und Sohn gründen Angelschule in Dresden Neue Corona-Regeln in Sachsen – das gilt ab 18. Juli Corona-Patient in Kreischa: Covid 19 überlebt, aber noch lange nicht gesund Der Gesamtüberblick Corona in Dresden – Die wichtigsten Infos im Überblick Dresden und Sachsen: Das ist die aktuelle Zahl der Infizierten Das DNN-Themenspecial zum Corona-Virus Von Kerstin Leiße