Von einem, dem die Bombenangriffe auf Dresden 1945 das Leben retteten

Es gibt Themen, bei denen interfraktionelle Zusammenarbeit im Stadtrat funktioniert. Die Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, CDU, Linke, SPD und FDP haben es geschafft, sich auf eine gemeinsame Veranstaltung im Kontext des 75. Jahrestages der Bombenangriffe zu verständigen. „Das ist ein schönes Zeichen“, sagt Stadträtin Agnes Scharnetzky (Bündnis 90/Die Grünen). Die Historikerin hat ihre Kontakte dafür genutzt. Die fünf Fraktionen laden am 12. Februar ab 18.30 Uhr zum Filmabend mit Zeitzeugengespräch in den Lichthof des Verkehrsmuseums ein. „Die Kindheit verloren – die Shoa überlebt“ heißt der Film, in dem Josef Pepek Salomonovic mit der Kamera beim Besuch von Stationen seiner Kindheit begleitet wird. „Ich hatte immer mal die Idee, Herrn Salomonovic nach Dresden einzuladen“, erklärte Scharnetzky. Als Mitglied der Arbeitsgruppe „13. Februar“ habe sie Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) angesprochen, der den Zeitzeugen auch zur zentralen Veranstaltung am 13. Februar im Kulturpalast eingeladen hat. Am Abend zuvor spricht der 82-Jährige, der seit vielen Jahren in Wien lebt, im Verkehrsmuseum. „Die Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Fraktionen haben sich sehr kurzfristig entschieden“, so Scharnetzky. Der 75. Jahrestag der Bombenangriffe auf Dresden bilde eine Zäsur, was die Rezeption dieses Datums angehe. Dazu einen Zeitzeugen auftreten lassen zu können, sei ein Geschenk. Viele Jahre schwieg er über das Erlebte: Bei den Bombenangriffen im Februar 1945 kamen Tausende Menschen ums Leben. Josef Pepek Salomonovic hat eben jenen Bombenangriffen sein Leben zu verdanken. Am 13. Februar wurde der damals Sechsjährige in der Munitionsfabrik in Dresden von einem SS-Mann entdeckt. Das Kind sollte in den Tod geschickt werden, doch dann fielen die Bomben. Und Josef Pepek Salomonovic überlebte. Obwohl er von Dresden aus mit seiner Mutter und seinem Bruder noch auf einen Todesmarsch ins Sudetenland geschickt wurde. Der Familie – der Vater war 1944 im Konzentrationslager ermordet worden – gelang die Flucht. Das Kriegsende erlebte der Sechsjährige in einer Scheune nahe der deutsch-tschechischen Grenze. Das Ende eines Leidensweges vom Ghetto in Lodz über das Konzentrationslager Auschwitz ins KZ Stutthof bis nach Dresden als Außenlager des KZ Flossenbürg. Viele Jahre habe der Vater nicht über sein Schicksal gesprochen, erzählte sein Sohn Peter Agnes Scharnetzky. Erst nach der Pensionierung redete der gebürtige Prager über die unermesslichen Leiden. „Es ist bemerkenswert, was er in seinem Alter auf sich nimmt, um als Zeitzeuge die Erinnerung an das Geschehene wach zu halten. Das sei seine Verantwortung, hat er mir einmal gesagt“, so die Grünen-Stadträtin. Salomonovic wird darüber sprechen im Zeitzeugengespräch, das Scharnetzky und FDP-Stadtrat Holger Hase moderieren werden. 12. Februar, 18.30 Uhr (Einlass 18 Uhr), Verkehrsmuseum: „Die Kindheit verloren – die Shoa überlebt“, wegen begrenzter Platzzahl bitten die Veranstalter um Anmeldung per E-Mail an: gruene-fraktion@dresden.de Am 13. Februar gedenken die Dresdner der Zerstörung ihrer Stadt im Zweiten Weltkrieg. Jedes Jahr instrumentalisieren aber auch Rechte den Gedenktag für sich. • Infos, Termine, Meinungen – Unser Themenspecial zum 13- Februar Von Thomas Baumann-Hartwig

Zeitzeuge berichtet - Von einem, dem die Bombenangriffe auf Dresden 1945 das Leben retteten