Gerhard Ittner durfte nicht laufen. Der bekennende Rechtsextremist hatte am Samstag rund 200 Anhänger auf dem Dresdner Postplatz versammelt. Doch bevor die sich auch nur einen Meter bewegen konnten, verfügte die Polizei das Ende. Bei zwei Redebeiträgen der Auftaktkundgebung sah die Polizei den Straftatbestand der Volksverhetzung als erfüllt an, bestätigte Polizeisprecherin Jana Ulbricht gegenüber den DNN. Nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft bestimmte die Polizei das Ende der Versammlung. "Gegen die beiden Redner wurde ein entsprechendes Strafverfahren eingeleitet“, so Polizeichef Horst Kretzschmar am Abend.
Bei den Rednern handelte es sich um die gebürtige Australierin Michele Renouf, die sinngemäß behauptet hatte, den einzigen Holocaust in Europa habe es an den zivilen deutschen Kriegsopfern gegeben. Beim zweiten handelte es sich vermutlich um Vitali Killer, der ein Gedicht vorlas.
Die Demo rund um den Holocaustleugner Gerhard Ittner stand schon zuvor am Rand des Abbruchs. Noch vor Demostart legte die Polizei ein erstes Mal ihr Veto ein. Dabei ging es um zu lange Fahnenstangen, Uniformierungen und ein Kind, das die Rechtsextremen als Ordner einsetzen wollten. Ittner selbst stritt mehrfach laut mit den Beamten und nutzte jede Chance zur Provokation. Zwischenzeitlich mussten die Beamten gar die Stromversorgung der Demo kappen, um für die angeordnete Ruhe zu sorgen.
Nach dem Ende, das von den Versammlungsteilnehmern mit wütenden Beschimpfungen gegen die Polizei quittiert wurde, ging der Stress für die Polizei noch weiter. Erst versuchte Ittner selbst vergeblich eine Eilversammlung anzuzeigen, danach lief eine Gruppe von 81 Personen rund um den selbsternannten „Volkslehrer“ Nikolai N. entgegen der Anweisung der Beamten in Richtung Neumarkt. An der Schloßstraße wurde die Gruppe gestoppt. Jeder Teilnehmer erhielt ein Aufenthaltsverbot für die Innenstadt. Zudem wurde gegen sie ein Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen eines Verstoßes gegen das Sächsische Versammlungsgesetz eingeleitet. Anschließend beruhige sich die Lage.
Hunderte demonstrieren gegen Ittner
Während Ittner und seine Anhänger auf dem Postplatz standen, hatten mehrere Hundert Dresdner gegen den Aufzug protestiert. Rund 300 Menschen waren mit der Gruppe „Hope – fight racism“ vom Albertplatz zum Pirnaischen Platz gezogen. Die Teilnehmer zogen danach individuell weiter in Richtung Postplatz.
Ein Teil versuchte kurz darauf, die Wilsdruffer Straße in Höhe Kulturpalast zu blockieren. Die Polizei ließ die Blockierer weitestgehend gewähren. Auf beiden Fahrspuren wurden Eilversammlungen angezeigt, die Polizei hielt das Gleisbett der Straßenbahn für die da noch geplante Ittner-Demo frei. Zwei Personen wurden bis zum Abend in Gewahrsam genommen. Gegen sie wird wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte ermittelt, teilte die Polizei mit.
Am Postplatz selbst demonstrierten ebenfalls einige Hundert Menschen mit Dresden Nazifrei und der AG 13. Februar gegen den rechten Aufmarsch. Hier nahmen unter anderem TU-Rektor Hans Müller-Steinhagen, Finanzbürgermeister Peter Lames (SPD) und Baubürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain (Grüne) teil. Angezeigt hate die Versammlung der AG 13. Februar SPD-Stadtrat Christian Avenarius. Hier sorgte die „Banda Internationale“ für Musik, Störungen waren hier zunächst keine bekannt.Rund 730 Beamte der sächsischen Polizei waren im Einsatz.
Der Tag im DNN-Liveticker:
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Wir beenden damit für heute Abend unseren Ticker. Wir danken fürs Mitlesen.
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Die erste Bilanz der Polizei birgt keine Überraschungen. Ca. 730 Beamte waren im Einsatz. Gegen zwei Redner von Ittner beginnen jetzt Verfahren wegen Volksverhetzung. Die 81 Ittner-Anhänger, die zum Neumarkt wollten, haben eine Anzeige wegen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz zu erwarten.
Zwei Gegendemonstranten wurden wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte zeitweise in Gewahrsam genommen.
Polizeichef Horst Kretzschmar: „Die Dresdner Polizei blickt auf eine Woche zurück, die von einem umfangreichen Versammlungsgeschehen geprägt war. Insbesondere die Menschenkette am 13. Februar war ein starkes Signal und voller Symbolkraft. Eine Ausnahme bildeten die Geschehnisse am Dienstag auf dem Altmarkt, die von uns nachbereitet werden. Auch am heutigen Tag musste die Polizei eingreifen, da Redebeiträge einer Versammlung den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllten.
Letztlich haben wir unsere originäre Aufgabe, die Versammlungsfreiheit zu gewährleisten und abzusichern, erfüllt. Unsere Einsatzmaßnahmen haben dabei vor allem dem Grundgedanken des Protests in Hör- und Sichtweite Rechnung getragen. Zum Schluss möchte ich mich bei den Einsatzkräften bedanken. Sie haben drei Großeinsätze am Stück getragen und dafür gebührt ihnen Respekt.“ -
Die zwischen Schloss und Neumarkt festgesetzten rechten werden sich übrigens wegen einer unerlaubten Versammlung verantworten müssen, teilt die Polizei mit. Die Personalienaufnahme dauert derweil an.
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Die Polizei stellt jetzt die Identitäten der festgesetzten Rechten fest. Diese sollen danach ein bis Mitternacht befristetes Aufenthaltsverbot für die Innenstadt bekommen.
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Während die Linken gleich gemeinsam ihre ursprünglich geplante demo in Richtung Neustadt starten wollen, steht weiter ein eingekesseltes Grüppchen Rechter zwischen Schloss und Neumarkt. Wie es dort jetzt weitergeht, ist nicht klar.
Von Stephan Lohse