Königstein: Neue Sonderausstellung schickt Besucher in die Bronzezeit

Ob Laptop-Rucksack, Backform oder Rasierer: In China wird emsig kopiert und kopiert. Nach Schätzungen der „Deutschen Vereinigung zur Bekämpfung von Produktpiraterie“ sind bis zu 20 Prozent aller Markenprodukte in China gefälscht. An Bewerbern für den Negativ-Preis „Plagiarius“, 1977 vom Designer Rido Busse ins Leben gerufen, mangelt es ob all der dreisten wie plumpen Imitate und Plagiate Jahr um Jahr nicht. Tournee durch China und Frankreich: Aber nun schlägt Sachsen zurück. Jedenfalls die Festung Königstein. Ab 30. September will man nämlich im Stadtmauermuseum der chinesischen Sechs-Millionen-Einwohner-Metropole Nanjing die neu konzipierte Wanderausstellung „Die Festung Königstein“ zeigen – und setzt dabei zumindest in Teilen auf „Fälschungen“. So ist ein Mörser, worunter ein Steilfeuergeschütz mit kurzem Rohr zu verstehen ist, nicht ein Original aus Eisen, sondern eine deutlich leichtere Kopie aus einem speziellen Kunststoff. Von der im Hauptstaatsarchiv liegenden und überlieferten Urkunde von 1241, in der erstmals vom „in lapide regis“ (lat.: auf dem Stein des Königs) die Rede ist, wurde eine originalgetreue Nachbildung erstellt, von einer Büste Augusts des Starken eine Replik. Aber Uniformen, Waffen und andere Objekte, wie eine Pickelhaube von 1897 oder auch ein Teller aus Meissner Porzellan, der einen roten Drachen zeigt, sollen dann nicht nur die Aura des Originals ausstrahlen, sie sind auch Originale. Die Schau soll Lust machen, sich mal gen Sächsische Schweiz aufzumachen. Dafür setzte man auch Drohnen ein, um einen Film zu erstellen, der aus der Luft die apart auf einem Tafelberg gelegene Festung während aller vier Jahreszeiten zeigt. Weitere Stationen in China sind geplant, auch über eine Tournee durch Frankreich wird nachgedacht. Besucherschwund um über 40 Prozent: Wie Angelika Taube, Geschäftsführerin der Festung Königstein gGmbH, gestern per Videokonferenz erklärte, war 2020 kein leichtes Jahr für das hoch über der Elbe gelegene Bollwerk. Kamen 2019 noch 507.458 Besucher, so konnte man im vergangenen Jahr ob coronabedingter Schließungen im Frühjahr und dann ab November nur noch 333.368 Gäste in den ollen Gemäuern begrüßen. An 111 Tagen war die Befestigungsanlage komplett geschlossen. Populäre Veranstaltungen und Führungen wurden abgesagt. Unterm Strich ist ein Besucherrückgang um 34,3 Prozent zu verbuchen. Womit die Festung Königstein im Vergleich aber noch halbwegs glimpflich davongekommen sei, wie Taube sagte. Nach Untersuchungen des Deutschen Wirtschaftswissenschaftlichen Institutes für Fremdenverkehr an der Universität München hätten die Burgen und Schlösser in Deutschland insgesamt einen Besucherschwund von 43,3 Prozent hinnehmen müssen, in der Freizeitwirtschaft seien es gar 41,1 Prozent gewesen. Auch die fehlenden Gäste aus dem Ausland schlugen sich in der Bilanz negativ nieder. Betrug der Ausländeranteil in der Gästebilanz 2019 noch 31,4 Prozent, so sank er 2020 auf 12,1 Prozent. Öffnung zu Ostern? Auch wenn die Schließzeit für 27 Mitarbeiter Kurzarbeit bedeutete, so kamen nicht alle Aktivitäten zum Erliegen. Das Neue wie das Alte Zeughaus konnten nach jeweils eingehender Sanierung in Betrieb genommen werden, die jeweils neu dort eingerichteten Ausstellungen fanden zur Freude von Angelika Taube „großen Zuspruch“. Intensiv war man mit der Vorbereitung der in enger Kooperation mit dem Landesamt für Archäologie erstellten und mit einem umfangreichen museumspädagogischen Begleitprogramm aufwartenden neuen Sonderausstellung „Viel früher als gedacht! Der Königstein in der Bronzezeit“ beschäftigt. 2016 waren auf dem Felsplateau in einer Siedlungsgrube Scherben aus der Spätbronzezeit (1300 bis 800 v. Chr.) entdeckt worden. Damit sei der Beweis erbracht, dass Menschen schon vor 3000 Jahren auf dem Königstein lebten, sagte Kurator Markus Bitterlich. Der Beginn der Nutzungsgeschichte der Festung könne also um mehr als 2000 Jahre vor die erste urkundliche Erwähnung 1241 datiert werden. Wann diese Ausstellung eröffnet wird, lasse sich aufgrund der anhaltenden Pandemie schlecht sagen. Ursprünglich war die Eröffnung für den 26. März geplant. Nun wird als frühester Termin Ostern erwogen, wie Angelika Taube mitteilte. Das Internet reicht nicht für ein Buchungsportal: Auch sonst hat man einige neue Angebote erarbeitet, so etwa zwei Entdecker-Touren für Kinder ab sieben und ab zwölf Jahren, die einen individuellen Rundgang durch die (Dauer-)Ausstellung „In Lapide regis“ ermöglichen und die auch im Internet bereitgestellt werden sollen. Auch die Website wurde einem Relaunch unterzogen. Neu sind drei Rundgänge, für die man sich auf dieser Website einklicken kann: Es geht durch die Bärenlochkasematten, die Tiefkeller des Torhauses und das Kriegspulvermagazin. Nun können ja Museen, Burgen oder auch Schlösser theoretisch ab 15. März für Gäste wieder öffnen. Aber Karten müsste man vorab online buchen. Doch was das Internet betrifft, klemmt es bekanntermaßen vielerorts in Deutschland auch 2021 noch: Die Internet-Leitung auf der Festung ist noch immer zu schwach für ein Buchungsportal, wie Angelika Taube einräumen musste. Verzicht auf populäre Historienspektakel: Zudem sei man abhängig von tschechischen Mitarbeitern, die wegen der geschlossenen Grenzen aufgrund der hohen Corona-Fallzahlen in Tschechien derzeit nicht verfügbar seien. Dennoch wartet auf die Besucher ein buntes und abwechslungsreiches Veranstaltungsangebot in diesem Jahr. Neu ist auch eine Lese-Reihe in der Magdalenenburg, wobei es da sowohl Angebote für Kinder als auch Erwachsene gibt. Verzichtet hat man allerdings Corona-bedingt auf das populäre Historienspektakel „Die Schweden erobern den Königstein“ oder auch auf die Großveranstaltung „Kanonendonner über dem Elbtal“. Einmal mehr wurde an der Festung massiv gebaut: Mal erfolgten an einer Kaserne umfangreiche Instandsetzungsarbeiten, mal wurde den Feuchtigkeitsschäden im Lazarett zu Leibe gerückt, wie Kai-Uwe Beger vermittelte, seines Zeichens Sachgebietsleiter in der Niederlassung I Dresden des Staatsbetriebes Sächsisches Immobilien- und Baumanagement. 2021/22 sind für Baumaßnahmen Haushaltsmittel in Höhe von nicht ganz 1,9 Millionen Euro eingeplant. Seit 1991 hat das Land Sachsen rund 74,4 Millionen Euro in die Sanierung der Bastion unweit der Bastei gesteckt, allein 2020 waren es etwa drei Millionen Euro. Internet www.festung-koenigstein.de Von Christian Ruf