Jahrelanger Streit um die Bebauung am Meißner Kapellenweg geht in die nächste Runde

Ein grünes Fleckchen Erde beschäftigt den Meißner Stadtrat seit 16 Jahren. In der letzten Sitzung Anfang Juni wurde abermals hitzig über das Grundstück neben der Hornschen Villa diskutiert. Die gehört einem privaten Investor, der sich seit dem Kauf 2007 in Geduld üben muss. Eins ist inzwischen sicher: Drei Gebäude mit je maximal 240 Quadratmetern Wohnfläche dürfen am Kapellenweg gebaut werden. Wie genau diese aussehen, steht noch in den Sternen. Aber von vorn: Das Grundstück stammt aus dem Erbe des Meißner Kunstsammlers und Weinhändlers Otto Horn. Zunächst gehörte es der Stadt Meißen. Erstmals tauchte das Thema 2004 auf der Tagesordnung des Stadtrates auf. Damals ging es um den Aufstellungsbeschluss, um anschließend an den Plänen für eine mögliche Bebauung arbeiten zu können. 2006 wurde das Grundstück am Kapellenweg in den Flächennutzungsplan als Wohnbaufläche festgelegt. Schon damals wurde die Öffentlichkeit in die Pläne einbezogen, berichtet Bauamtsleiterin Inga Skambraks den Stadträten zu Beginn der aktuellen Debatte. Der „Weiße Hirsch von Meißen“: 2007 verkaufte die Stadt das Grundstück schließlich an die Familie Dathe. Zwischen 2015 und 2018 stimmten sich die neuen Eigentümer mit der Denkmalschutzbehörde über mögliche Bebauungen ab und schließlich wurden dem Stadtrat 2018 die neuen Pläne vorgestellt. Wieder ging es um einen Aufstellungsbeschluss. Doch die Stadträte lehnten zunächst ab, da es zu viele Bedenken hinsichtlich der Dachform gegeben habe, erklärt Skambraks. Im April 2018 stimmten sie einem Aufstellungsbeschluss zu. Jetzt hätte eine Abwägungstabelle beschlossen werden sollen. Darin sind Einwände und Zustimmungen sämtlicher öffentlicher Träger und von Einwohnern zusammengefasst. Architekt Knut Hauswald betonte im Vorfeld der Debatte, dass diese sensible Fläche nicht lieblos zugebaut werden solle. Immerhin sei der weithin sichtbare Plossen der „Weiße Hirsch von Meißen“. Sowohl Flachdächer als auch Steildächer seien bei den Häusern möglich. Außerdem solle genug Abstand zur Hornschen Villa gehalten und eine zurückhaltende Farbigkeit gewählt werden. Laut Hauswald sei sich auch der Bauherr der Sensibilität des Grundstücks bewusst. „Dammbruch unserer Stadtgestaltungsgeschichte“: Für Stadtrat Ingolf Brumm (Linke) reichen die Argumente nicht aus. Bereits im Vorfeld der Stadtratssitzung verfasste er einen Aufruf an die Meißner Bürger mit Bezug auf die Bebauung am Kapellenweg. Diese bezeichnet er als „Dammbruch unserer Stadtgestaltungsgeschichte“, der „verheerende Auswirkungen“ auf das künftige Stadtbild Meißens haben werde. Brumm schlug bereits mehrfach vor, einen Architekturwettbewerb zu veranstalten oder das Areal mit einer Erdhügelhaussiedlung zu bebauen. Doch seine Vorschläge seien bisher „nur müde belächelt“ worden, wie er in seinem Aufruf schreibt. In der Stadtratssitzung hielt er weiter an seinen Ansichten fest: Meißen werde verschandelt, Stadträte hätten nicht umsonst 16 Jahre lang eine Bebauung abgelehnt. Außerdem habe er Bedenken, ob rechtliche Schwierigkeiten rund um die Bebauung des Grundstücks wirklich ausgeschlossen werden können. Damit war er nicht allein. Mehr Einfluss für Räte und Verwaltung: Nach einer umfangreichen Debatte wurde die Abwägungstabelle zwar bei drei Gegenstimmen mehrheitlich zur Kenntnis genommen, muss aber überarbeitet werden. Zu viele Unklarheiten würden einen Beschluss unmöglich machen. Doch ein kleiner Schritt in Richtung Ziel wurde gemacht: Die Architekten und Planer können an dem Vorhaben, drei Häuser auf das Grundstück zu bauen, weiterarbeiten. Jedoch nicht allein. Künftig soll es einen Planungsworkshop geben, der Räten und Verwaltung mehr Einfluss verschaffen soll. Architekten und Planer sollen mit einem Stadtrat pro Fraktion sowie Vertretern der Bauverwaltung und dem Stadtplanungsamt zusammenarbeiten. Nach der Sommerpause soll dem Stadtrat dann die finale Variante für eine mögliche Bebauung vorgelegt werden. Und auch dann wird noch nicht gebaut. Wieder werden die Entwürfe öffentlich ausgelegt, bis es nach weiteren Entscheidungen im kommenden Jahr zu einem Satzungsbeschluss und schließlich einem Bebauungsplan kommen könnte. Die Stadt hofft auf März 2021. Dann würde sich die grüne Wiese am Kapellenweg nach fast 20 Jahren Streit in eine Baustelle verwandeln. Von Lisa-Marie Leuteritz