Die Felsnase der Bastei-Aussicht ist wegen des porösen Sandsteins seit Jahren gesperrt, an der Amselfallbaude fielen 2017 Brocken aus der Gesteinswand – und nun besteht auch am Personenaufzug in Bad Schandau Felssturzgefahr. Wie sind die Vorfälle zu erklären? Gibt es einen Zusammenhang? Der Direktor des Geotechnik-Instituts an der Bergakademie Freiberg, Professor Heinz Konietzky, findet im DNN-Interview Antworten auf diese Fragen.
Frage: Herr Konietzky, was sind die Ursachen für den bröckelnden Sandstein in der Sächsischen Schweiz?
Heinz Konietzky: Verwitterungsprozesse führen zwangsläufig zur langfristigen Zerstörung von Gestein oder Felsmassiven und sind Teil des geologischen Kreislaufes. Dies gilt auch für die Sandsteinformationen in der Sächsischen Schweiz. Die Dauer der Verwitterungsprozesse hängt vom Gesteinstyp und den Umwelteinflüssen ab...
...und Sandstein ist für Gesteinszerfall besonders anfällig?
Ja. Der sächsische Sandstein ist ein relativ geringfestes Material, daher finden Steinfallereignisse oder Absandungen relativ häufig und umfangreich statt und laufen – in geologischen Zeiträume betrachtet – auch relativ schnell ab. Der Sandstein besteht im Wesentlichen aus miteinander verkitteten Quarzkörnern. Im Rahmen des Verwitterungsprozesses werden diese Bindungen geschwächt beziehungsweise aufgelöst.
Hat auch der Klimawandel etwas mit den Verwitterungserscheinungen im Elbsandstein zu tun?
Veränderte klimatische Bedingungen, wie sie durch den Klimawandel beobachtbar sind, verstärken den Verwitterungsprozess. Durch höhere Temperaturen, häufige Frost-Tau-Wechsel, Starkniederschlagsereignisse ist folglich mit einer leicht ansteigenden Steinfallgefahr zu rechnen. Andererseits wird durch eine verbesserte Luftqualität der chemische Verwitterungsprozess eher abgeschwächt – Stichwort: saurer Regen.
Gibt es aktuelle Forschungsprojekte der Bergakademie Freiberg, die sich mit der Problematik befassen?
Unser Lehrstuhl Felsmechanik betrachtet diese Prozesse, partiell auch in Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und Geologie, bereits seit geraumer Zeit. Bis 2020 läuft ein länderübergreifendes EU-Projekt, gefördert durch die Sächsische Aufbaubank, unter dem Titel „Entwicklung eines Monitoring- und Frühwarnsystems für Block – und Felssturzereignisse“.
Innerhalb dieses Projektes wird ein offenes GIS-System entwickelt, mit dem Felssturzereignisse erfasst werden. Zusätzlich wird an einzelnen Stellen des Elbsandsteingebirges auf deutscher und tschechischer Seite Messtechnik installiert, um Kluftbewegungen zu beobachten. Diese Messergebnisse werden dann in ein Simulationstool zur Bewertung von Steinfallgefahr eingebunden. Das Projekt beinhaltet auch die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch zwischen verschiedenen Behörden auf beiden Seiten der Grenze.
Von Junes Semmoudi