Gartenschätze: Kamelienschloss und Grüne Schatzkammer Sachsens

Etwas versteckt im Seidewitztal nahe Pirna befindet sich eine Grüne Schatzkammer Sachsens. Am Landschloss in Zuschendorf werden in den Botanischen Sammlungen der TU Dresden vornehmlich historische Zierpflanzenzüchtungen aus Sachsen bewahrt. Die Sammlungen von Kamelien, Azaleen und Rhododendren stehen unter Denkmalschutz. Die Hortensien – Zuschendorf hat eine der beiden größten Sammlungen in Deutschland – sowie Rhododendren und Azaleen gehören zur Deutschen Genbank Zierpflanzen. Historische Sorten werden bewahrt, dienen der Züchtung und Vermehrung: Die Pflanzensorten werden für künftige Generationen bewahrt, aber auch als Genpool für die Züchtung genutzt. Des Weiteren stellen die Botanischen Sammlungen „im Interesse der Wiederbelebung des Kamelienanbaus in Sachsen interessierten Gärtnereien Ausgangsmaterial zur Verfügung“, erklärt Matthias Riedel, der Leiter der Botanischen Sammlungen. Die üppige Blütenpracht von Kamelien, Azaleen, Rhododendren und Hortensien sowie Bonsai, Efeu und Obstorangerien im Scherben kann jedoch jeder genießen, der daran Interesse und Freude hat. Denn jeweils zur Blütezeit öffnen die Sammlungen ihre Türen. Dann kann man die Pflanzen in den idyllisch gestalteten, zum Teil historischen Gewächshäusern bzw. im historischen Schlosspark besichtigen. Neuer Rhododendronpark im Rahmen von Führungen zu besichtigen: Wenige hundert Meter vom Schlosspark entfernt ist zudem ein neuer Rhododendronpark entstanden, um die genetische Vielfalt sächsischer Rhododendronzüchtungen und das erste winterharte Rhododendronsortiment Deutschlands von T. J. Seidel zu erhalten. Denn der Park in Dresden-Wachwitz, der diese Funktion ursprünglich hatte, kann diese nicht mehr erfüllen. Aus personellen Gründen ist eine Besichtigung des neuen Parkes in Zuschendorf nur im Rahmen von Führungen möglich. Jedes Jahr zur Kamelienblüte im März/April gestaltet der Förderverein Landschloss Zuschendorf e. V. eine thematische Ausstellung im Landschloss. Zusätzlich zu den blühenden Pflanzen in den idyllisch gestalteten Gewächshäusern können dann die schönsten Kamelienblüten von Züchtern und Sammlern aus ganz Deutschland bewundert werden. Des Weiteren gibt es in der zweiten Aprilhälfte eine Azaleenschau und Ende Juli bis Anfang August eine Hortensienschau im Landschloss. Weihnachtsschau ist Wachstumsfaktor Nummer 1: Wobei letztere künftig alle zwei Jahre stattfinden soll – im Wechsel mit einer Weihnachtsschau. „Denn die ist Wachstumsfaktor Nummer eins und beide Ausstellungen schaffen wir nicht“, erzählt Sammlungsleiter Matthias Riedel, der gleichzeitig Geschäftsführer des Fördervereins Landschloss Pirna-Zuschendorf e. V. ist. Ohne den Verein und sein Engagement wäre der Botanische Schatz wohl in Gefahr. Denn der Förderverein trägt erheblich zur Finanzierung bei. Das hat mit der Geschichte dieser Botanischen Sammlungen zu tun. Deren „Kronschatz“ sind die Seidelschen Kamelien. 100 der in Zuschendorf gezeigten Sorten stammen aus der 1813 von den Brüdern Jacob Friedrich sowie Traugott Leberecht Seidel in Dresden gegründeten Gärtnerei für Kamelien. Engagierte Gärtner retteten historische Sorten der berühmten Gärtnerfamilie Seidel: Diese war die erste Zierpflanzen-Spezialgärtnerei unter Glas in Deutschland. Mitte des 19. Jahrhunderts umfasste das Portfolio 1100 Sorten. Die Gebrüder Seidel belieferten ganz Europa mit Kamelien und machten so den sächsischen Gartenbau berühmt. 1897 reduzierten die Seidelschen Nachkommen das Sortiment auf etwa 100 der besten Sorten. Lesen Sie auch Der Große Garten – grünes Herz, das oft mit Füßen getreten wird Pillnitz ist mehr als die Kamelie Eine Reise um die Welt im Botanischen Garten Dresden Dass diese erst die beiden Weltkriege, Inflation und 1945 die Enteignung der Gärtnereien überdauerten und dann nach der politischen Wende 1989/90 in Pirna-Zuschendorf ein festes Domizil fanden und nicht auf dem Kompost landeten, ist engagierten Gärtnern zu danken. Zu diesen gehören auch die Zuschendorfer Gärtner. „Da wir vor dem politischen Umbruch nicht zur Universität gehörten, sondern zum Volkseigenen Gut (VEG) Saatzucht Zierpflanzen Dresden, welches liquidiert wurde, war später eine Vollfinanzierung – wie bei den Gärten in Tharandt und Dresden – nicht mehr möglich. Daher müssen wir im Gegensatz zu den beiden anderen Gärten von den Besuchern Eintritt verlangen“, erklärt der Leiter der Botanischen Sammlungen. Botanische Sammlungen müssen großen Teil der Mittel selbst erwirtschaften: Seit 1998 sind die Pflanzensammlungen in Zuschendorf Eigentum des Freistaates Sachsen. Dieser hat die TU Dresden mit der Betreuung beauftragt. „Um das zu realisieren, gibt es einen gemeinsamen Vertrag zwischen dem Ministerium, der Universität und dem Förderverein mit dem Ziel, die Sammlungen zu erhalten und zu entwickeln. Der Beitrag der TU und des Landwirtschaftsministeriums umfasst die Finanzierung von fünf Stellen: technischer Leiter, Betriebshandwerker, drei Gärtner“, erklärt Matthias Riedel. Schloss und damit auch die Galerie liegen – neben der Teilhabe an der Erhaltung der Pflanzensammlungen und des Gartens – allein in der Verantwortung des Fördervereins. Dieser wird durch die Kulturraumförderung unterstützt. „Dieses Finanzierungsmodell hat Nach-, aber auch Vorteile. Auf jeden Fall sind wir zur Eigeninitiative angehalten“, macht Riedel deutlich. Aus seiner Sicht gibt es in Deutschland nicht viele Botanische Gärten, die selbst so viele eigene Mittel zur Finanzierung beitragen. „Anders gesagt, jeder Besucher, der den Eintritt zahlt oder jeder Garten- oder Denkmalfreund, der spendet, kann sich auch sicher sein, dass sein Geld tatsächlich vor Ort verwendet wird. Bei 40 000 Gästen jährlich können wir die Sammlungen finanzieren. Kommen mehr, kann investiert werden.“ Kamelien: Diese Sammlung umfasst etwa 360 Sorten und Arten. Über 100 davon sind alte Mutterpflanzen aus der 1813 von den Brüdern Jacob Friedrich sowie Traugott Leberecht Seidel in Dresden gegründeten Gärtnerei, durch die der sächsische Gartenbau über Europa hinaus berühmt wurde. Des Weiteren sind ausgewählte und repräsentative moderne Sorten sowie Wildarten Teil der Sammlung, darunter ist auch eine gelbe Kamelie. „Nach dem Tod des überregional bekannten Kameliensammlers Peter Fischer, der in Wingst das Kamelienparadies aufgebaut hatte, haben wir auch einige Sorten von dort übernommen“, erzählt Matthias Riedel. Die älteste Pflanze in der Zuschendorfer Kameliensammlung stammt von 1885. Es handelt sich um ein Exemplar der Sorte ’Chandlers Elegans’ aus der Gärtnerei Erich Herrmann aus Doberlug-Kirchhain. Azaleen: Der Grundstock der 369 Arten und Sorten umfassenden Sammlung stammt aus der Neuen königlichen Hofgärtnerei zu Pillnitz. Zudem sind in Sachsen gezüchtete Sorten bzw. solche, die im sächsischen Anbau eine wichtige Rolle spielten, Teil der Sammlung. Rhododendren: 221 sächsische Rhododendronsorten, darunter das erste winterharte Rhododendronsortiment Deutschlands von T. J. Seidel, das auch heute noch das härteste Sortiment großblumiger Rhododendronhybriden ist. Hortensien: Mit gut 500 Arten und Sorten ist es eine der beiden größten Hortensiensammlungen in Deutschland. Der Fokus liegt auf historischen Arten und Sorten aus den Ursprungsländern bis 1945, auf den nach Europa eingeführten und hier gezüchtete Arten und Sorten bis 1945, auf den in Deutschland entstandenen Sorten bis 1970 sowie auf sächsischen und besonders richtungsweisenden internationalen Sorten. Die einzige Hortensie, die auch nach einem harten Winter zuverlässig viele große Blüten trage, sei ’Diva Fiore’, eine Züchtung der Dresdnerin Katrin Meinel, so die Erfahrung der Zuschendorfer Gärtner. Efeu: 243 Sorten als Topfpflanzen, Kletterpflanzen, Bonsai sowie als Kronenbäume mit einer großen Vielfalt an Blattgrößen, -formen und -farben. Obstorangerien im Scherben:138 Obstbaumsorten in 1000 Exemplaren (darunter über 100 historische Apfelsorten) – ähnlich wie Bonsais durch Veredelung und Schnitt gestaltet. „Unsere Obstbäumchen im Scherben sind die einzige größere Sammlung dieser Art in Deutschland, vermutlich auch europa- und weltweit“, schätzt Matthias Riedel ein. Bonsai: Bewahrt werden in Zuschendorf die erste große Privatsammlung der DDR des Dresdner Züchters Wilhelm Elsner und auch die größte staatliche Sammlung der DDR. „Es werden einige Tausend Bonsai sein“, so Matthias Riedel. „Alle Arten und Sorten sind in mindestens zwei Exemplaren vorhanden. Besonders wertvolle in drei oder mehr Pflanzen. Dazu bemühen wir uns, die Sorten und Arten von so vielen Herkünften wie möglich zu erhalten.“ Historischer Schlosspark: Er entstand 1730 und beherbergt heute die Botanischen Sammlungen. Bei der neuen Gestaltung des Parks ließ man einen chinoisen Stil einfließen, weil die wichtigen sächsischen Gartentraditionen wie die Zucht von Kamelien, Azaleen, Rhododendren, Hortensien und Bonsai einen ostasiatischen Ursprung haben. Landschloss: Ab 1988 bauten Dresdens größte Zierpflanzengärtnerei und ab 1991 der Förderverein das zum damaligen Zeitpunkt verfallene Schloss wieder auf und restaurierten die Räume. Dort finden Blüten-, Pflanzen- und auch Kunstausstellungen statt. Wenn nicht gerade Corona ist, werden auch Führungen durch Schloss und Park angeboten. Quelle: Förderverein Anschrift: Botanische Sammlungen Landschloss Zuschendorf, Am Landschloss 6, 01796 Pirna-Zuschendorf Öffnungszeiten: März bis Mitte Oktober Di.-So. und an Feiertagen 10-17 Uhr (vorm Besuch wegen evt. aktueller Änderungen z.B. im Zusammenhang mit Corona auf kamelienschloss.de informieren) Blütezeiten:Kamelien ab 1. März etwa 5 Wochen; Azaleen in den letzten beiden Aprilwochen (drei Wochenende und den 1. Mai einschließend); Hortensien letzte Juli- und erste Augustwoche (drei Wochenenden einschließend); Bonsai, Zwergobstbäume und Efeu 1. Mai bis Mitte Oktober (witterungsbedingte Verschiebungen möglich) Eintritt:Sonderschauen im Schloss inkl. Park und Gewächshäuser: 6 Euro, erm. 5 Euro, Familien 15 Euro, Jahreskarte 15 Euro; Park, Gewächshäuser und Schloss (soweit geöffnet): 5 Euro, erm. 4 Euro; Familien 12 Euro Von Catrin Steinbach