Coswig: Wie schläft es sich in einem Iglu?

Thomas Böhm ist ein echter Weltenbummler. Eigentlich wäre er jetzt im indischen Himalaya unterwegs. Das ist sein Beruf. Dort würde er seinen abenteuerhungrigen Kunden geführte Reisen durch schneebedeckte Täler unter gigantischen Gipfeln anbieten. Doch die Coronapandemie hat der geplanten Wanderung auf dem Dach der Welt einen Strich durch die Rechnung gemacht. Momentan stecken er und seine Frau zuhause in Coswig fest. Er befürchtet, dass seine Reiseagentur zu den letzten Geschäften gehört, die wieder öffnen dürfen. „Nur der Optimismus und die Zuversicht hilft uns weiter, jammern nützt nichts“, sagt Böhm. Deswegen hat er das eisige Wetter in Deutschland genutzt, um unter ähnlichen Bedingungen ein kleines Abenteuer im eigenen Garten zu erleben. Fünf Nächte im Schneehaus: Zusammen mit seiner Frau Haiqi Liao hat er ein kleines Iglu gebaut. Es hat Platz für zwei Gäste. Fünf Nächte hat er im Schneehaus übernachtet. „Die kälteste Außentemperatur lag bei minus 18 Grad Celsius. Währenddessen waren im Iglu minus fünf Grad“, erklärt er stolz. Die Schneekuppel habe gut isoliert und für 13 Grad Unterschied gesorgt. Da war sein Kälteschlafsack, den er normalerweise im Himalaya nutzt, etwas überdimensioniert. Der ist für Temperaturen bis unter 20 Grad unter dem Gefrierpunkt ausgelegt. Dazu hat er noch Handschuhe und Stiefel getragen. „Was mich wirklich fasziniert hat, ist die unglaublich Stille“, sagt Böhm. Denn die 40 Zentimeter dicke Schneehaube isoliert nicht nur die Wärme, sondern schlucke auch eine Menge Schall. „Man muss schon richtig schreien, damit überhaupt ein Geräusch nach außen dringt“, erklärt er. Um für genügend Luftzirkulation zu sorgen, hat er ein dünnes Rohr als Schornstein eingebaut. Der Abzug war besonders wichtig, damit er im Iglu kochen konnte. „Es gab Glühwein und eine Kürbissuppe“, sagt er. Vergangene Woche hat sich auch seine Partnerin dazugesellt. Zusammen haben sie das chinesische Neujahr gefeiert. Lesen Sie auch: Klettersport: Trotz Schnee und Eis hoch hinaus Dresden: Nach Fisch Erwin 23 nun neue Installation am Albertplatz – Ein Interview mit dem Künstlerkollektiv In diesem Jahr konnte Haiqi Liao, wie viele tausende Chinesen, nicht zu ihren Verwandten reisen. Stattdessen hat sie das Iglu traditionell geschmückt: mit einer Pyrotechnik-girlande – nur eine Attrappe aus Küchenrollen – und dem Horoskop für das neue Jahr. „Es war schon wichtig, das Jahr des Büffels zumindest etwas zu zelebrieren, erklärt Böhm den wichtigsten chinesischen Feiertag. Haiqi Liaos Familie lebt im südlichen Teil der Volksrepublik. Dort sei Schnee, und erst recht ein Iglu, etwas sehr Ungewöhnliches. Für umso mehr Überraschung sorgten bei ihrer Familie und Freunden die Video-Grüße aus dem Eishaus. Tipps für mehr Stabilität: Laut dem chinesischem Kalender ist 2021 das Jahr des Büffels. Dieses Tierkreiszeichen steht für Fleiß und Methode, passend dazu das kleine Iglu-Abenteuer. Damit es sicher ist, hat der Bau einige Tage in Anspruch genommen. „Man muss schon sehr darauf achten, dass es nicht plötzlich einstürzt“, sagt Böhm. Zunächst habe er ein paar große Rucksäcke im Garten platziert. Dann haben sie gemeinsam reichlich Schnee zusammengepfercht und auf den Rucksäcken einen Schneehügel errichtet. Den ließen sie immer wieder setzen und traten ihn fest. Danach hat das Paar einen Durchgang zu den Rucksäcken in der Mitte des Schneehügels gebuddelt und dort einen Innenraum ausgeschabt. Um sparsam mit der knappen Wärme umzugehen, hat Böhm den Eingang möglichst tief gelegt und die Schlafflächen etwas erhöht. Durch den kleinen Höhenunterschied bleibe etwas mehr Wärme unter der Schneekuppel. Durch das Kochen und Übernachten im Iglu, sei der Innenraum sogar ein wenig durch die Wärme eisverglast, erklärt Böhm und fügt hinzu: „Wer einen Gartenschlauch hat, kann abends noch das Iglu außen abspritzen, damit sich nachts ein fester Eispanzer bildet.“ Böhm vermutet, dass das Iglu trotz Tauwetter noch gut 14 Tage, vielleicht sogar noch drei Wochen in seinem Garten steht. Drumherum wird bis dahin wohl der meiste Schnee geschmolzen sein. Vielleicht gibt es bis dahin auch wieder bessere Aussicht auf das nächste Abenteuer. Ob Asien oder Alaska: die beiden Weltenbummler bieten geführte Expeditionen in die Ferne und erzählen bei Foto-Vorträgen von ihren Abenteuern. Mehr Infos dazu im Internet unter: www.letsgotrekking.com Von Sören Hinze

Coswig: Abenteuer im eigenen Garten - Wie schläft es sich in einem Iglu?