Albrechtsburg Meißen: Hundert Bäume müssen gefällt werden.

Diese Maßnahme habe es in sich, meinte Frithjof Pitzschel von der Schlösserland gGmbH. Rund um die Meißner Albrechtsburg wird seit Anfang November gefällt und gesägt. Grund dafür ist die Rußrindenkrankheit. Hundert Bäume am Berghang sind befallen. Unten auf der Meisastraße versperrt ein riesiger Kran eine Fahrspur. Auf der anderen regelt eine mobile Ampelanlage den Verkehr. Noch rund eine Woche wird die Maßnahme dauern. Danach werden der Albrechtsburg ein Drittel seiner Bäume fehlen. Aufgerissene Rinde und schwarzer Schleim: Die Rußrindenkrankheit ist eine sich durch Sporen ausbreitende Pilzerkrankung, die Ahornbäume befällt. „Der Pilz grassiert – und dann hat er sich explosionsartig ausgebreitet“, erklärt Pitzschel den Verlauf an der Albrechtsburg. Am Anfang wirkt nur die Baumkrone angegriffen. Dann dringt der Pilz in den Baumstamm ein. Langsam – von oben nach unten – stirbt der gesamte Ahornbaum. Charakteristisch sind aufgerissene Rinde und schwarzer Schleimfluss am Stamm. Nach dem Absterben blättert die Borke an der Stammbasis ab. Dabei wird auf dem Holz ein schwarzer, rußartiger Belag sichtbar, auf dem sich die Sporen befinden. Das Absterben des Ahornbaumes kann sich über mehre Jahre hinziehen. „Schnellstmögliches Handeln ist hier geboten“, meint Pitzschel. Als Bereichsleiter Gärten der Staatlichen Schlösserland Sachsen gGmbH weiß er, wie rasch sich die Krankheit auf weitere Bäume überträgt, wenn nicht früh eingegriffen wird. So beobachten er und sein Team auch im Großen Garten in Dresden einen drastischen Anstieg der Rußrinden-Fallzahlen: 2017 war dort noch keiner erkrankt, 2018 litten um die 20 Bäume und 2019 waren bereits 100 Ahornbäume von der gefährlichen Pilzkrankheit befallen. Lesen Sie auch: Rußrindenkrankheit lässt Ahornbäume in Dresden sterben Diese ist nicht nur für Bäume untereinander höchst ansteckend, sondern auch für den Menschen gefährlich. Das Holz wird brüchig und die aggressiven Pilzsporen können gefährliche allergische Reaktionen auslösen: Lungenentzündungen, Reizhusten, Fieber, Atemnot und Schüttelfrost. Deswegen muss die Baumrodung unter Schutzmaßnahmen stattfinden. Die Mitarbeiter des Unternehmens Baumpflege Fleischer tragen weiße Schutzanzüge und Atemschutzmasken mit Luftfilter. Am steilen Hang der Albrechtsburg trennen sie mit Motorsägen die Baumstämme vom Wurzelwerk. Der 90 Meter hohe Kran, den die Firma aufgefahren hat, hievt die toten Stämme hinunter zur Meisastraße. Dort sägen die Baumpfleger die Stämme für den Containertransport zurecht. Das Holz ist giftig und muss im Anschluss – statt kompostiert – sorgfältig verbrannt werden. Mit Kranführer sind sie zu fünft und brauchen für die rund 100 Bäume etwa ein Woche, erklärt Michael Weidner, Bereichsleiter bei Baumpflege Fleischer. Dieses Jahr musste die Firma ungefähr einmal pro Woche wegen der Rußrinde ausrücken. „Oftmals nur um einen einzelnen Baum zu fällen“, erklärt der Fachagrarwirt. Da ist der Einsatz an der Albrechtsburg mit Riesenkran, steilem Hang und hundert Bäumen schon eine andere Hausnummer. Die Maßnahme kostet rund 214.000 Euro. Doch warum sind die Bäume so plötzlich erkrankt? Sie leiden unter Hitzestress. Ihr Immunsystem wird durch Sommerhitze oder ausbleibende Niederschläge geschwächt. So sind sie anfällig für Krankheiten wie die Rußrinde, die seit 2005 in Deutschland beobachtet wird. Gerade Bäume im Städtischen Bereich oder an Hängen mangelt es an Wasser, sagt Weidner. Gut situierte Ahornbäume in Wäldern oder Senken kämen mit dem Krankheitserregern eher zurecht. Der Ahorn ist also nicht grundsätzlich vom Aussterben bedroht. Doch jeder Baum, der fällt tut weh, bedauert Schlossleiter Uwe Michel. Es sei ein enormer gestalterischer Eingriff, der aber notwendig ist. „Es liege aber auch im Auge des Betrachters“, meint er. Nun ist der Blick auf das Schloss frei. Von Sören Hinze