Piwarz drängt Schulen zum Digitalunterricht - Schülerrat: "Kommt viel zu spät"

Erstmals schreibt Sachsens Kulturminister Christian Piwarz Standards für das häusliche Lernen auf. In dem Brief an das Schulpersonal, der auch im Blog des Kultusministeriums veröffentlich wurde, geht es unter anderem um die Festlegung relevanter Kommunikationswege, um den Einsatz von Apps und Geräten sowie um Präsenz-Sprechzeiten. So heißt es beispielsweise: „Die Kommunikation in der Schulgemeinschaft ist in Eigenverantwortung der jeweiligen Schule zu gewährleisten.“ Zudem wird den Schulen Druck gemacht, Digitalunterricht anzubieten: „Ein völliger Verzicht auf Online-Angebote ist nicht angemessen.“ Und weiter heißt es in dem Piwarz-Schreiben: „Für die Fälle, bei denen kein verlässlicher Internetzugang zur Verfügung steht, sind regelmäßige Absprachen, Aufgabenübermittlungen und Rückmeldungen auf anderen Kommunikationswegen zu sichern.“ An anderer Stelle wird betont: „Häusliche Lernzeit ist Unterrichtszeit. Dazu gehören Umfang und Fristsetzung inklusive angemessenem Feedback, Absprachen zur Festlegung relevanter Kommunikationswege sowie das Angebot von Präsenz-Sprechzeiten.“ Für den Landesschülerrat kommt das Schreiben zu spät: Das Schreiben sei als eine Art Richtlinie zu verstehen, sagte ein Ministeriumssprecher am Sonntag auf Nachfrage der LVZ. Höchste Zeit sei es dafür, heißt es beim Landesschülerrat Sachsen, der das Schreiben und die Forderung nach verlässlichem Digitalunterricht grundsätzlich begrüßt. „Allerdings kommt das sehr spät. Zu Beginn der Corona-Pandemie wäre der richtige Zeitpunkt gewesen“, schränkt Vorsitzende Joanna Kesicka ein. Und: Das Piwarz-Schreiben sei leider immer noch eine Sammlung von Hinweisen mit unverbindlichem Charakter. „Deutlicher Anstoß für einige Lehrer, Arbeitsweise zu überdenken“: Anlass des Schreibens seien Missstände gewesen, auf die man reagiert habe, hatte zuvor Kultusminister Piwarz dem MDR gesagt. So habe es Fälle gegeben, in denen Lehrerinnen und Lehrer den Unterricht de facto verweigert hätten. Piwarz sagte wörtlich: „Also diese Fälle kenne ich und bin teilweise verwundert bis fassungslos, wenn ich solche Extreme dann höre. Das sind Zustände, die so nicht in Ordnung sind, und da brauchen auch die Lehrer, die es bislang nicht ausreichend getan haben, noch mal einen deutlichen Anstoß, hier ihre Arbeitsweise zu überdenken.“ Schlechtes Internet und fehlende Endgeräte sind ein Problem: Von Problemen beim häuslichen Lernen, berichtete auch Schülervertreterin Kesicka. Das wisse man von den Schülervertretern in den Kreisen, mit denen der Landesschülerrat im regelmäßigen Kontakt stehe. Oder auch von persönlichen Rückmeldungen von Schülern und Schülerinnen. „An erste Stelle werden immer wieder die technischen Probleme beim Homeoffice genannt. Immer noch fehlen in einigen Schulen die Endgeräte. Zudem ist nicht überall das Internet in dem Maße vorhanden, dass Digitalunterricht reibungslos möglich ist.“ Zu Beginn der Corona-Krise habe es zudem die bekannten Probleme mit der Plattform Lernsax gegeben. Oder Lehrer hätten sich nicht ausreichend mit der Kommunikation per Computer beschäftigt. Aktuell sehe es wesentlich besser aus, so Kesicka. Hätte es früher eine klare Linie gegeben, wäre es nicht zu den Missständen gekommen, die der Minister jetzt anspricht. Bei einem funktionierendem Homeoffice, so die Schülervertreterin, wäre es nicht zu so vielen ausgefallen Unterrichtsstunden gekommen, wie an einigen Schulen. Zum Teil müssten deshalb Schüler nach den Abschlussprüfungen jetzt zurück an die Schulen, um fehlenden Unterricht nachzuholen. Von Andreas Dunte