30 Jahre nach dem Mauerfall mangelt es nach Einschätzung des Leipziger Oberbürgermeisters Burkhard Jung (SPD) noch immer an gegenseitigem Verständnis zwischen Ost und West. „Im tiefen Westen weiß man offensichtlich noch immer nicht, dass wir ein geeintes Land sind“, sagte der 61-Jährige dem evangelischen Monatsmagazin „chrismon“ (November-Ausgabe). Je weiter man etwa in den Schwarzwald oder an die Grenze zu Holland komme, „da hat man kaum gemerkt, dass wir in einem größeren Land leben“.
Die Journalistin, Schriftstellerin und Musikerin Manja Präkels betonte, für Ostdeutsche sei es eine Selbstverständlichkeit, dass der Mauerfall „einen radikalen Einschnitt“ für Ostdeutschland bedeutet habe. „Die Westdeutschen wissen bis heute sehr wenig darüber“, sagte die 44-Jährige im Doppelinterview mit Jung. Der SPD-Politiker bekräftigte mit Blick auf die Massenflucht aus dem Osten, die Wiedervereinigung habe nicht zu einem „organischen Austausch“ geführt, sondern sei für Ostdeutschland „ein radikaler Aderlass bis zum Ende der 90er“ gewesen.
Er sei Ost-West-Zuschreibungen leid, beklagte Jung, der aus Siegen stammt und seit 1991 in Ostdeutschland lebt. „Der Gegensatz zwischen Norddeutschland und Bayern ist größer als zwischen Ost und West“, sagte der Leipziger Oberbürgermeister und Präsident des Deutschen Städtetags. „In Leipzig machen wir das vor. Wir sind gefühlt die erste gesamtdeutsche Stadt.“
Von epd/LVZ