Kretschmer zum tödlichen Raser-Drama in Dresden: „Mir tut das unglaublich leid“

Der Unfalltod eines sechsjährigen Jungen am Sonnabendabend in Dresden hat weit über die Landeshauptstadt hinaus Entsetzen und Empörung ausgelöst. Anlass ist der laut Staatsanwaltschaft sich weiter erhärtende Verdacht, dass der Junge Opfer eines illegalen Autorennens in Dresden wurde. Bei der Polizei sind zu dem Sachverhalt seit dem Wochenende mehrere Hinweise aus der Bevölkerung eingegangen. „Alle werden aufgenommen und geprüft“, sagte ein Polizeisprecher ohne Details zu Zahlen und Inhalt zu nennen. Beschuldigt werden zwei Autofahrer im Alter von 31 und 23 Jahren. Sie stammen wie der getötete Junge aus Syrien. Der Ältere der beiden Beschuldigten wurde am Sonntagabend in Dresden festgenommen. Am Montag wurde der Mann einem Ermittlungsrichter vorgeführt. Dieser erließ gegen den syrischen Staatsangehörigen einen Haftbefehl wegen eines verbotenen Autorennens sowie fahrlässiger Tötung und setzte diesen in Vollzug. Der Mann wurde in eine Justizvollzugsanstalt überstellt. Kretschmer: Persönlich wütend: Die Tragödie beschäftige am Montag auch die Landespolitik. So sprach Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) bei einem Termin in Leipzig gegenüber der LVZ von einer „ganz dramatischen und traurigen Angelegenheit“. Der Regierungschef und zweifache Familienvater fügte hinzu: „Vor allem, wenn man selbst Kinder hat, kann man den Schmerz der Eltern nachfühlen. Mir tut das unglaublich leid.“ Kretschmer sprach auch davon, dass es ihn wütend mache, „auch nur im Ansatz zu vermuten, dass dahinter ein unmögliches und unverantwortliches Straßenrennen gestanden haben könnte“. Die Aufklärung der Verantwortlichkeiten dazu laufe, machte er klar. Man werde die Schuldigen bestrafen, wenn das tatsächlich der Hintergrund gewesen sei, versprach der Ministerpräsident. Die AfD sprach von „Mord“. Der Dresdner Landtagsabgeordnete Hans-Jürgen Zickler sagte: „Wer sich mitten in der Großstadt Autorennen liefert, nimmt den Tod dutzender Menschen in Kauf.“ Sollten sich Anwohneraussagen bewahrheiten, wonach sich die Raser bereits mehrfach in der Vergangenheit solche Rennen geliefert hätten, stelle sich die Frage, warum weder Politik noch Polizei bisher konsequent dagegen vorgegangen seien. Linken-Verkehrsexperte: Strafverschärfung bringt nichts: Gegen den 31-Jährigen wird wegen fahrlässiger Tötung und gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr ermittelt. Zudem wurde gegen beide Männer ein Ermittlungsverfahren wegen eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens eingeleitet. Ein Gutachter soll den genauen Hergang des Unfalls ermitteln. Das werde Zeit in Anspruch nehmen, teilte die Polizei mit und bat um weitere Zeugenhinweise. Raserei und illegale Straßenrennen gelten seit 2017 in Deutschland als Straftat und nicht mehr als Ordnungswidrigkeit. Nach dem Strafgesetzbuch wird das mit bis zu zwei Jahren Haft oder einer Geldstrafe geahndet. In Berlin sorgte dagegen ein Fall aus dem Jahr 2016 für Schlagzeilen, bei dem ein Raser wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden war. Er hatte sich mit einem anderen Mann in der Innenstadt ein Rennen geliefert. Bei der Kollision mit einem anderen Auto starb ein Rentner. Der Bundesgerichtshof hatte vor ein paar Wochen das Urteil bestätigt. Marco Böhme, Leipziger Landtagsabgeordneter und Verkehrsexperte der Linken im Sächsischen Landtag, hält eine weitere Strafverschärfung bei illegalen Autorennen für wenig zielführend. Abschreckend sei lediglich die Erwartung, erwischt zu werden. Deshalb sollte die Polizei ihre Präsenz auf den Straßen erhöhen: „Gerade nachts fahren die Leute schneller als erlaubt.“ Die Linken seien dafür, dass in Großstädten 30 als Regelgeschwindigkeit gilt und nur auf größeren Straßen Tempo 50 zugelassen wird: „Das würde die Verkehrssicherheit erheblich erhöhen.“ Von Roland Herold und André Böhmer