Corona-Impfungen in Sachsen: Darum stockt die Verteilung und so soll es besser werden

Seit zehn Tagen wird in Sachsen gegen das Corona-Virus geimpft. Nachdem am 27. Dezember die 85-jährige Hanna Hertzsch aus Lichtentanne (Landkreis Zwickau) die erste Dosis des lang erwarteten Impfstoffs erhalten hat, fahren mobile Impfteams durch den Freistaat und versuchen den Anteil der Geschützten jeden Tag zu vergrößern. Das funktioniert allerdings weniger zügig, als erwartet. Bisher wurden von den mehr als drei Millionen Erwachsenen in Sachsen erst 7740 geimpft. Warum geht es so langsam? Im Folgenden werden ein paar Aspekte beantwortet. Wie viel Impfstoff gibt es bereits in Sachsen? Aus anderen Bundesländern ist Kritik zu hören, dass die Menge des gelieferten Impfstoffs nicht ausreicht und die Schutzmaßnahmen deshalb nur schleppend vorankommen. In Sachsen ist ein solcher Engpass dagegen nicht das Problem. Wie es aus dem Sozialministerium auf LVZ-Nachfrage hieß, seien bereits 68.250 Impfdosen geliefert worden. Etwa die Hälfte davon (38.025 Impfdosen) wurden direkt an die Krankenhäuser ausgegeben, damit die dort an vorderster Front agierenden Ärzte und das Pflegepersonal geschützt werden können. Zudem ist bereits Nachschub aus Berlin angekündigt. Am kommenden Freitag (8. Januar) soll die nächste Lieferung in Dresden eintreffen. Wie sah der Impfplan in Sachsen aus? Zum Start der Impfungen erklärte das Sozialministerium, dass pro Tag etwa 13.000 Bürgerinnen und Bürger geimpft werden können. Wer als erstes drankommt, richte sich nach der Impfverordnung des Bundes (CoronaImpfV). In dieser sind Personengruppen mit höchster, hoher und erhöhter Priorität eingeteilt. „In Sachsen werden zunächst Bewohner und Personal von Pflegeheimen sowie Gesundheitspersonal mit hohem Ansteckungsrisiko ein Impfangebot bekommen. Zunächst wird in Kliniken und durch mobile Teams geimpft. Die rund 990 Pflegeheime in Sachsen bekommen Formulare, um sich für die Impfung anzumelden“, so die Angaben der Sozialministerin zum Impfstart. Was ist bisher davon umgesetzt? In den ersten zehn Tagen wurden in Sachsen allerdings erst 7740 der verfügbaren 68.250 Impfdosen tatsächlich verabreicht. Der Freistaat ist damit zwar nicht das Schlusslicht in der Republik – im benachbarten Thüringen wurden erst 2715 Menschen geimpft – allerdings geht es in den meisten anderen Bundesländern tatsächlich deutlich schneller. In Sachsen-Anhalt wurden bereits doppelt so viele Einwohner (15.628) mit der ersten von zwei notwendigen Dosen versehen, in Hessen waren es am Montag 37.795 Menschen, in Bayern gar 77.876. Was sagt das Ministerium zum erfolgten Start? Eigentlich lief alles wie vorgesehen, heißt es. Der Impfstart sei planmäßig am 27. Dezember erfolgt, „auch über die Feiertage wurde geimpft, durch mobile Teams und in Krankenhäusern“, so eine Sprecherin. Gerade die Pflegeheime seien bei den Impfaktionen sehr aktiv dabei. „Mittels Webinaren beim DRK werden sie über die Impfaktion informiert. Auch in den Kliniken beim Personal steigt unserer Beobachtung nach die Impfbereitschaft.“ Aktuell konnten laut SMS bereits in 29 Krankenhäusern Impfungen erfolgen. Das ist etwas mehr als ein Drittel der insgesamt 80 Kliniken im Freistaat. Warum ist erst ein Bruchteil des Impfstoffes im Einsatz? So stark wie in Sachsen hat sich das Corona-Virus nirgends sonst in Deutschland ausgebreitet. Vor dem harten Lockdown hieß es, etwa 20 Prozent der Pflegeheime stünden unter Quarantäne. Offenbar hat sich diese Situation noch verschärft. „Knapp 43 Prozent der vollstationären Pflege- und Altenheime (278 von 654) sind derzeit von Infektionen betroffen. Somit kann dort nicht oder nur teilweise geimpft werden, abhängig davon ob und welche Bereiche der Einrichtung unter Quarantäne stehen“, so die Ministeriumssprecherin. Die Quarantäne dürfe nicht gebrochen werden. Dazu kommt: In den anderen Pflegeheimen, wo jetzt geimpft werden könnte, liegen offenbar mitunter keine Einverständniserklärungen der Sorgeberechtigten schon vor. „Dies sorgt manchmal auch für kurzfristige Absagen der Impftermine“, heißt es aus dem SMS. Verweigern Corona-Leugner ihren Angehörigen die Impfung? Kurz vor dem Start der Impfungenwurden in vielen Telegram-Gruppen von Corona-Leugnern Widerspruchsformulare verteilt, mit denen der nahende Schutz für die nächsten Angehörigen verhindert werden sollte. Da Sachsen zu den Regionen mit besonders vielen Corona-Protesten gehört, liegt die Vermutung nahe, dass es hier auch vielfach solche Widersprüche in Heimen gab. Im Sozialministerium sieht man dafür keine Anhaltspunkte: „ Dazu liegen uns noch keine konkreten Zahlen vor. Die Impfbereitschaft in den Kliniken steigt, generell ist auch unser Eindruck, dass sie in Heimen hoch ist.“ Wenn es stockt: Warum nicht andere Gruppen vorziehen? Das geht nicht, heißt es aus Dresden: „Es ist absolut wichtig, dass die Versorgung im medizinischen und pflegerischen Bereich aufrecht erhalten bleibt. Deshalb müssen wir dort zuerst impfen und mit der Öffnung der Impfzentren noch so lange warten bis ausreichend Impfstoff zur Verfügung steht“, so die Angaben der Behörde. Auch eine Terminvergabe an Senioren außerhalb der Pflegeheime ist in Sachsen bisher noch nicht möglich. Erst frühestens Mitte Januar soll eine entsprechende Hotline und ein Internetportal zu Anmeldung freigeschaltet werden. Wie will Sachsen die Impfwelle nun beschleunigen? Mit Engagement. „Jeden Tag wird durch Impfteams und in Kliniken geimpft. Es ist davon auszugehen, dass nach dem Ende der Feiertage die Impfzahlen steigen“, so die Hoffungen im Sozialministerium. Am kommenden Montag (11. Januar) sollen erstmals auch die sächsischen Impfzentren ihren Betrieb aufnehmen. „Dann sollen zunächst mittels Gruppenterminen Mitarbeiter von ambulanten Pflegediensten, Rettungsdiensten oder ähnlichen geimpft werden. Auch dies schützt die vulnerable Gruppe der über 80 Jährigen. Wir werden breit informieren, wann individuelle Impftermine für welche Personengruppen wie möglich sind“, hieß es aus Dresden. Update: In einer früheren Version des Textes hieß es, es seien erst 5000 Menschen in Sachsen geimpft worden. Angesichts neuer Zahlen des RKI wurden diese Angaben am Dienstagnachmittag auf 7740 korrigiert. Dieser Text hat den Stand der seit 11. Januar 2021 gültigen sächsischen Corona-Schutz-Verordnung. Von Matthias Puppe