Auferstehung der Sachsen-SPD

Totgesagte leben länger – eine Binsenweisheit, die in den vergangenen Wochen, Monaten und Jahren scheinbar einen weiten Bogen um die Sachsen-SPD schlug. Der vorläufige Tiefpunkt einer lang anhaltenden Talfahrt wurde erst vor wenigen Tagen bei einer Umfrage des Portals Wahlprognose.de erreicht, als die Partei an der Fünf-Prozent-Hürde entlang schrammte. Überraschender Wahlerfolg in Chemnitz: Seit dem vergangenen Wochenende ist nun zwar noch nicht alles anders, doch es gibt wieder Grund zur Hoffnung für die drittstärkste Regierungspartei. In Chemnitz holte SPD-Stadtkämmerer Sven Schulze bei der ersten Runde der dortigen Oberbürgermeisterwahlen – fast ein wenig überraschend – die meisten Stimmen. Mehr noch: Für den zweiten Wahlgang am 11. Oktober hätte er sogar die besten Chancen, wenn Linke und Grüne – was nicht unwahrscheinlich ist – zurückziehen. Dann bliebe nach Leipzig, wo Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) in der zweiten Runde nach dem gleichen Prinzip den CDU-Kandidaten Sebastian Gemkow aus dem Feld schlug, auch eine zweite sächsische Großstadt in SPD-Hand. Wahlsieg in Hoyerswerda: In Hoyerswerda wird ebenfalls ein SPD-Mann Oberbürgermeister. Torsten Ruban-Zeh holte am vergangenen Sonntag im zweiten Wahlgang 44,3 Prozent der Stimmen. Mehr schaffte keiner. Das ist insofern bemerkenswert, weil Hoyerswerda bis dahin von einem CDU-Politiker regiert wurde. Ganz offensichtlich trauen viele Bürger dem SPD-Mann Ruban-Zeh am ehesten zu, dass er die anstehenden Probleme im Hinblick auf das Braunkohle-Aus und den Strukturwandel am besten meistert. In Markkleeberg konnte sich Amtsinhaber Karsten Schütze (SPD) mit zwei Dritteln aller Stimmen gegen den CDU-Herausforderer Karsten Tornow durchsetzen. In Arnsdorf (Landkreis Bautzen) schaffte es Ilko Keßler (SPD) im ersten Wahlgang, die meisten Stimmen auf sich zu vereinigen und darf nun mit berechtigten Hoffnungen in den zweiten gehen. Dulig freut sich: Entsprechend groß war die Erleichterung angesichts dieser Entwicklung denn auch in Dresden. Sachsens SPD-Chef Martin Dulig sagte: „Einfach ein schöner Tag für die SPD heute.“ Er sei sehr stolz, fügte er hinzu. Dieser Wahltag gebe auch Schwung für die bevorstehende Bundestagswahl. Zum Chemnitzer Wahlsieger Schulze schwärmte Dulig sogar ein bisschen: „Er tritt damit als Favorit im zweiten Wahlgang am 11. Oktober an.“ Man sehe, „dass, wenn die richtigen Personen mit der richtigen Haltung auch als Sozialdemokratinnen oder Sozialdemokraten antreten, die SPD Wahlen gewinnen kann“. Die Wähler hätten die Arbeit gewürdigt, so der SPD-Chef. Das allerdings stimmt nur zum Teil. Denn gerade in Chemnitz verzichtete Sieger Schulze auf seinen Wahlplakaten auf den Hinweis: SPD. Was mittlerweile nicht ganz unüblich geworden ist. Von Roland Herold