Der italienische Staatsanwalt Luigi Patronaggio hat die Ausweisung der „Sea-Watch“-Kapitänin Carola Rackete gefordert – das würde die Aufhebung des Hausarrests gegen die 31-Jährige bedeuten. Ein „Sea-Watch“-Sprecher bestätigte den Antrag der Staatsanwaltschaft gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) am Montagnachmittag. „Es ist wahrscheinlich, dass Caro freikommt. Genaueres wissen wir aber noch nicht“, sagt er.
Der Vater der Kapitänin, Ekkehart Rackete, sagte dem RND: „Das wäre eine sehr erfreuliche Nachricht.“ Er habe zwar noch keine offizielle Bestätigung, aber er habe bereits Hinweise aus Süditalien erhalten, dass es auf eine Ausweisung seiner Tochter hinauslaufen könnte.
Doch am Abend zerschlug sich die Hoffnung zunächst. Der zuständige Ermittlungsrichter vertagte die Entscheidung auf Dienstag. Racketes Anwalt Leonardo Marino bestätigte die Entscheidung der dpa. Damit ist auch weiterhin ein Haftbefehl gegen Rackete möglich. Laut Sea-Watch-Sprecher Ruben Neugebauer, werde Rackete mindestens bis Dienstag weiter unter Hausarrest stehen.
Italiens Innenminister Matteo Salvini erklärte, dass Italien in jedem Fall bereit sei, „die reiche, gesetzlose Deutsche auszuweisen“.
Spendenaufruf bringt mehr als eine Millionen Euro ein
Die Kapitänin des Seenotrettungsschiffs „Sea-Watch 3“ war am Montag von italienischen Behörden auf die sizilianische Hauptstadt Agrigent gebracht worden. Dort wurde sie dem Untersuchungsrichter Alessandra Vella vorgeführt, der über eine Fortsetzung ihres Hausarrests entscheidet. Mit dabei waren ihr Anwalt und ein Dolmetscher. Die Behörden werfen Rackete Beihilfe zur illegalen Einreise vor, wegen Verstoßes gegen die Schifffahrtsordnung droht ihr eine Haftstrafe zwischen drei und zehn Jahren.
Spendenaufruf zeigt Wirkung - Über eine Million Euro für Sea Watch:
Die Bundesregierung unterstrich am Montag, „dass wir zu einem geregelten und transparenten Verfahren kommen wollen“, wie die stellvertretene Regierungssprecherin Martina Fietz sagte. Ein Sprecher von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) erklärte, man sei nicht zufrieden mit der derzeitigen Situation.
Die aus Hambühren bei Celle stammende Rackete war in der Nacht zum Sonnabend mit 40 Flüchtlingen an Bord und nach zwei Wochen vergeblichen Bittens zur Landung ohne Erlaubnis der italienischen Behörden in den Hafen von Lampedusa eingelaufen. Die Migranten durften an Land. Mehrere EU-Länder hatten zuvor deren Aufnahme angeboten, darunter auch Deutschland.
Nach Angaben der UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR sind im Jahr 2019 bisher mehr als 27.000 Flüchtlinge über das Mittelmeer nach Europa gekommen. 584 gelten als tot oder vermisst.
Die Karte zeigt die Flüchtlinge, die im Jahr 2019 über das Mittelmeer nach Europa gekommen sind:
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Von Manuel Behrens/RND