„Ahnungslos“, aber neugierig – Ministerpräsident Kretschmer besucht Musikhochschule Dresden

„Kann eine Frau nicht sein wie – Sie“, wandelte der singende Musikhochschulrektor Axel Köhler den Higgins aus „My fair Lady“ ein wenig ab. Ein Ständchen zum Besuch des Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) am Mittwoch am Wettiner Platz, ergänzt durch ein Gesangsduo. Sein ursprünglich für das Frühjahr geplanter Besuch fiel kurzfristig dem Viruskrisenmanagement zum Opfer, nun ließ der Terminkalender mehr Entspannung zu. „Ahnungslos“, aber neugierig: Kretschmer bezeichnet sich zwar als einen musikalisch Ahnungslosen, dem sein Sohn mit Hilfe einer Tabulatur immerhin einige Klaviertöne beizubringen versuche. Aber er gilt als geradezu dialogsüchtig und neugierig, und Besuche einer Kunsthochschule war man von sächsischen Regierungschefs bislang nicht gewohnt. In dem viel länger als geplant dauernden internen Gespräch ging es um das persönliche Kennenlernen, um den Umgang mit den Corona-Einschränkungen und um generelle wissenschafts- und kulturpolitische Fragen. Trotz Unsicherheiten: Veranstaltungen planen: „Weg von grundsätzlichen Verboten“, verbreitete Michael Kretschmer im anschließenden Gespräch mit Studierenden Optimismus. Ab dem 1. September sollen auch Großveranstaltungen mit mehr als tausend Teilnehmern wieder erlaubt sein. Nach bisherigen Erfahrungen habe es noch keinen Fall gegeben, wo nach Einhaltung des Hygienekonzepts bei Kulturveranstaltungen Infektionen aufgetreten wären. Eine Studentin wünschte sie aber eine größere Unterstützung und Risikoabsicherung bei unverdrossen geplanten Projekten. „Vorbereiten und weitermachen“, ermunterte der Politiker, „auch wenn schließlich doch eine Absage kommen muss“. Existenzsichernde Einkommen für Lehrbeauftragte: Trompeter Sebastian Haas sprach im Namen der Lehrbeauftragten die krassen Unterschiede hinsichtlich Einkommen und Absicherung zwischen festem und nicht fest angestelltem Personal an. Bundesweit will man weg von den Kettenverträgen, in Sachsen außerdem aus dem öffentlich-rechtlichen Status dieser freien, aber letztlich den Lehrbetrieb sichernden künstlerischen Mitarbeiter heraus in den privatrechtlichen Status. „Mir ist es ein persönliches Grundanliegen, Studierenden zu vermitteln, dass sie mit ihrem Beruf künftig existenzsichernde Einkünfte erzielen und keine Dumpinglöhne zu erwarten haben “, erklärte Haas. Im Vertrag der schwarz-rot-grünen Koalition in Sachsen ist vage von einer Stärkung der Lehrbeauftragten die Rede. Außerdem wird eine Novelle des Hochschulfreiheitsgesetzes auf den Weg gebracht. Ministerpräsident Kretschmer äußerte sich hier zurückhaltend, tendiert eher zur Beibehaltung bisheriger Regeln. In den kommenden beiden Jahren werde es absehbar auch kein Geld für mehr feste Stellen oder eine Anhebung der Vergütung geben. Wunsch nach mehr Praxis im Musiklehrer-Studium: Ähnliches gilt für eine Umstrukturierung der Lehrerausbildung in die Richtung größerer Praxisnähe, wie von Studierenden angeregt. Unter dem Druck des akuten Lehrermangels sei das kaum möglich, antwortete Kretschmer. „Das ist aber ein Teufelskreis, wenn manche gegen Ende des Studiums erst merken, dass sie für den Lehrerberuf ungeeignet sind“, hielt ihm eine Studentin hartnäckig entgegen. Dieser Lehrermangel ist in den künstlerischen Fächern besonders groß. Gemeinsam mit der TU Dresden bildet die Hochschule für Musik „Carl Maria von Weber“ Musiklehrer aus. Die Kapazitäten sind derzeit nicht ganz ausgeschöpft. „Wir werben schon in den 7. oder 8. Klassen für den Beruf“, sagte Rektor Axel Köhler. Ab 2021 wird es dafür mehr Stellen und Studienplätze geben. Niemand müsse angesichts prekärer Berufsaussichten auf ein Musikstudium verzichten, ermunterte schließlich Claudia Schmidt-Krahmer, Prorektorin für Künstlerische Praxis. „Wer sich zum Musiker berufen fühlt, sollte sich bewerben“, appellierte sie für Idealismus und Leidenschaft. Ende dieser Woche gibt es die letzten Prüfungen, am 12. Oktober will die Dresdner Musikhochschule ins Wintersemester starten. Von Michael Bartsch