So geht es mit dem Zuschuss für Dynamo Dresden weiter

Der Vereinssport ist ein Verlierer der Coronakrise. Die Sportler dürfen nicht gemeinsam trainieren. Dennoch investiert die Stadt viel in die Sportinfrastruktur. Im DNN-Interview erklärt Sportbürgermeister Peter Lames (SPD) seine Strategie – und wie es mit dem Stadionzuschuss für Dynamo Dresden weitergeht. Frage: Die Vorfreude auf das neue Heinz-Steyer-Stadion ist groß. Aber wie soll der Kredit für den Umbau zurückgezahlt werden? Peter Lames: Das ist in der Haushaltsplanung vorgesehen. Wir haben ab 2024 einen zusätzlichen jährlichen Zuschuss von einer Million Euro für den Eigenbetrieb Sportstätten eingeplant. Dieser Zuschuss ist für die Rückführung des Kredits gedacht. Im Übrigen ist die Kreditsumme letztendlich nicht nur für das Stadion aufgenommen worden. Der Stadtrat hat das Vehikel genutzt, um Geld freizuschaufeln, das für andere Zwecke ausgegeben werden soll. Welche Ideen für den Betrieb des neuen Stadions hat der Eigenbetrieb Sportstätten? Eines schicke ich voraus: Außerhalb von Profifußball der Ersten und teilweise der Zweiten Bundesliga ist der kostendeckende Betrieb einer solchen Sportanlage nicht möglich. Da gibt es immer einen Zuschussbedarf, der im Verlustausgleich des Eigenbetriebs Sportstätten zum Ausdruck kommt. Viele der künftigen Nutzungen finden aber jetzt schon im Heinz-Steyer-Stadion statt. Leichtathletik, American Football, Dresdner SC Fußball, Frauenfußball, Nachwuchsfußball. Hinzu werden Nutzungen im neuen Funktionsgebäude mit Fechterhalle, Funktionsräumen, Krafträumen, einem Ballettsaal und Räumen für den Radsport kommen. Es geht bis hin zu Büros für die Geschäftsstellen von Vereinen und Verbänden. Die kompakte Anlage schafft Synergien und hilft, Kosten im Rahmen zu halten. Das größte sportliche Ziel sind die Deutschen Meisterschaften in der Leichtathletik 2024. Es gibt in Deutschland nur fünf oder sechs Austragungsorte, die für so eine Veranstaltung in Betracht kommen. So wollen wir einer der regelmäßigen Austragungsorte werden. An vielen Orten sind Stadien in reine Fußballarenen umgebaut worden. Wir setzen da einen anderen Akzent und schaffen Perspektiven für andere Sportarten, auch für internationale Wettkämpfe im Nachwuchs- und Seniorenbereich. Ich erwarte, dass sich bei solchen Sportfesten und Veranstaltungen auch kommerziell eine Entwicklung ergeben wird. Wir haben eine sehr rührige Laufszene, für Triathlon und den Radsport bieten sich auch Möglichkeiten. Tour de France? Eher ein paar Nummern kleiner. Soll Dresden Etappenort bei der Tour de France werden? Düsseldorf hat wie wir mit dem Skiweltcup am Rheinufer begonnen und als Startort der Tour weitergemacht. Wer sich Denkverbote auferlegt, dessen Fantasie wird verkümmern. Aber ein paar Nummern kleiner als die Tour: Das ist auch denkbar. Ist mit dem Neubau das Projekt Sportspange Ostrapark abgeschlossen? Welche weiteren Visionen gibt es? Der Umbau des Heinz-Steyer-Stadions soll die Initialzündung für die Entwicklung dieses Geländes sein. Der Ostrapark ist ja schon ein ganz wunderbarer Ort, an dem sich Menschen treffen, Sport treiben und Freizeit verbringen. Das wollen wir verstärken und für Veranstaltungen, aber auch Betriebsfeiern mit Sportbezug nutzen. Es gibt ein Perspektivszenario mit einer vierten Eisfläche sowie speziellen Sporthallen für Bedarfe wie das Turnen. Auch die Vision, einen See anzulegen und eine kurze Regattastrecke zu haben für Kanu oder Rudern, ist noch lange nicht vom Tisch. Das ist Arbeit für die nächsten beiden Jahrzehnte. Dresden braucht solche Entwicklungsimpulse: Wer soll das bezahlen? Deshalb ist es wichtig, das Geld zielgerichtet zu investieren. Da muss sich der Sport einem Konkurrenzkampf stellen. Wir haben den Sanierungsbedarf der vorhandenen Sportstätten benannt und mit durchdachten Szenarien Projekte formuliert. Damit gelingt es dann auch, politische Mehrheiten für die erforderlichen Mittel zu gewinnen. Beim Steyer-Stadion gab es zunächst den Plan, mit kleinem Geld und in kleinen Schritten den Bestand wieder herzustellen. Unser Projekt einer zukunftsgerichteten Sportstätte war so überzeugend, dass die acht bis zehn Millionen Euro zusätzlich politisch mehrheitsfähig waren. Dresden braucht solche Entwicklungsimpulse auch. Wir können uns nicht auf dem Erreichten ausruhen. Die Konkurrenz schläft nicht. Auch die Konservierung des Bestands kostet viel Geld: Werden Sie bei der Margon-Arena den Konkurrenzkampf um die Mittel gewinnen? Der Stadtrat hat mit großer Mehrheit unser Konzept bestätigt. Ich setze darauf, dass es eine ähnliche Entwicklung geben wird wie beim Steyer-Stadion. Auch bei der Margon-Arena kostet die Konservierung des Bestandes viel Geld. Da sind die Mehrkosten für Verbesserungen gut angelegt. Wir haben immer die Debatte, eine noch größere Halle für Dresden zu bauen. Die Kraft dieses Entwurfs liegt darin, einen Kompromiss für das Machbare zu formulieren. Jetzt muss man die Kraft aufbringen, das in den nächsten Haushalten zu berücksichtigen. 13 Millionen Euro sind in der mittelfristigen Planung verankert. Das ist ein erheblicher Teil der Mittel, die wir benötigen werden. Wir erleben ja immer wieder, dass Einzelforderungen sehr schnell breite Aufmerksamkeit und Unterstützung erhalten. Aber gefordert ist schnell, verwirklichen dauert länger. Deshalb werden wir konsequent an der Sache dranbleiben, wenn es an das Verwirklichen geht. Wir werden jetzt das Planungsbüro auswählen und die Planung erstellen. Eine Jahresmiete von 540 Euro für die Arena war nicht garantiert: Der Eigenbetrieb Sportstätten hat den Betrieb der Margon-Arena vom Stadtsportbund übernommen? Warum? Der Vertrag mit dem Stadtsportbund ist ausgelaufen. Es ist nun mal so, dass man ein solches kommunales Objekt nicht freihändig und nach Gutsherrenart vergeben kann. Wir hätten eine ordentliche Ausschreibung machen müssen. Diese Ausschreibung wäre aber nicht zweckdienlich gewesen. Wir haben ein durchaus sanierungsbedürftiges und mit Mängeln behaftetes Objekt. Das in die Ausschreibungsunterlagen zu fassen, ist schwer. Es wäre alles andere als garantiert gewesen, dass der Stadtsportbund die Halle erhält, und das wieder zu einer Jahresmiete von 540 Euro. Das ist auch dem Stadtsportbund klar geworden. Ein weiterer Aspekt ist, dass wir die hohen Investitionen mit einer günstigeren Umsatzsteuergestaltung durchführen können, wenn wir die Halle selbst betreiben. Wir sparen Mittel, wenn wir in vier bis fünf Jahren in die Verwirklichung der Investition gehen. Außerdem: Wir können Anlagen betreiben. Siehe Energieverbund-Arena. Mir als Sozialdemokraten ist es wichtig, dass die Beschäftigen in der Margon-Arena vom neuen Betreiber profitieren und Tariflohn als Mitarbeiter des Eigenbetriebs Sportstätten erhalten. Welche neuen Veranstaltungsformate sind in der Margon-Arena geplant? Die Volleyballerinnen des Dresdner SC und die Basketballer der Titans tragen ihre Heimspiele in der Arena aus. Im Bereich Veranstaltungen, Tagungen, kleine Feiern werden mit dem neuen VIP-Bereich bessere Möglichkeiten entstehen. Da gibt es mit der Terrassensituation in südliche Richtung eine deutliche Aufwertung. Ansonsten muss das Rad nicht neu erfunden werden. Die Betreibung durch den Stadtsportbund ist durchaus zu unserer Zufriedenheit erfolgt. Energieverbund-Arena mit Kapazität von 5000 bis 6000 Zuschauern: Was ist das nächste große Infrastrukturprojekt im Sport? Bei allen Zukunftsprojekten werden wir einen Schwerpunkt darauf legen müssen, den Sanierungsbedarf bei den vorhandenen Anlagen zu erledigen. Wichtig ist noch die Verbesserung der Bedingungen in der Energieverbund-Arena. Da gibt es Überlegungen, die Zuschauerkapazitäten zu erweitern und den VIP-Bereich attraktiver zu gestalten. Mit dem Bau einer vierten Eisfläche könnten wir den Trainingsbetrieb in der Arena reduzieren und hätten die zusätzlichen Möglichkeiten einer Halle für 5000 bis 6000 Zuschauer zur Verfügung, für einzelne Veranstaltungen dann auch außerhalb des Eissports. Dynamo Dresden: Wir sind auf der Zielgeraden: Sie wurden persönlich angegriffen, weil der Stadion-Zuschuss für Dynamo nicht im Haushalt stand. Wie ist die Situation jetzt – bekommt der Stadionbetreiber das Geld? Leider wird im politischen Bereich nicht selten ein Süppchen gekocht mit der Uninformiertheit vieler Interessierter. Es wurde suggeriert, dass es einen Stadtratsbeschluss gibt, mit dem dauerhaft zusätzliches Geld in dieses Konstrukt fließt. Es bedarf aber einer zusätzlichen Vereinbarung. Daran haben wir sehr intensiv gearbeitet. Dabei traten Probleme und Anforderungen des EU-Beihilferechts zunehmend in den Vordergrund. Es ist nicht ohne Weiteres möglich, den Profisport aus öffentlichen Kassen zu unterstützen. Wir sind den Weg größtmöglicher Rechtssicherheit für die Spielzeiten 2018/2019 und 2019/2020 gegangen. Es wurde ein zulässiger Betriebskostenzuschuss vereinbart, mit dessen Hilfe die Miete von Dynamo auf ein marktübliches Niveau gebracht wurde. Offenbar haben einige Stadträte vergessen, dass sie diesem Weg zugestimmt haben. Jetzt brauchen wir eine neue Vereinbarung und dazu einen neuen Stadtratsbeschluss, und daran arbeiten wir auch. Es geht um eine Vereinbarung für zwei Spielzeiten, die die Besonderheiten der Corona-Situation berücksichtigt und verschiedene Szenarien abbildet – unterschiedliche Lockdown-Szenarien sowie den Drittliga-Fall und den Zweitliga-Fall. Das ist kein ganz einfaches Werk. Aber wir sind auf der Zielgeraden. Und dann findet sich auch Geld im Haushalt, wenn der politische Wille dazu da ist. Dynamo zahlt die Miete zum Teil zuschauerbezogen: Sind weitere städtische Hilfen für Dynamo wegen der Coronakrise geplant? Bei Corona geht es um Themen, die sich für alle Profivereine stellen. Deshalb liegt der Ball hier beim Bund und bei den Ländern. Das ist kein spezifisches kommunales Problem. Dynamo profitiert ja auch davon, dass die Miete zum Teil zuschauerbezogen gezahlt werden muss, also im Moment weniger Miete fällig wird. In wirklichen Notlagen wird man Lösungen finden. Aber eine spezielle Notlage des Vereins Dynamo Dresden gibt es nicht. Große Solidarität mit den Sportvereinen Der Vereinssport ist wegen Corona quasi zum Erliegen gekommen. Befürchten Sie nachhaltige Folgen für den Sport in Dresden? Nach allem, was wir wissen, ist eine ganz große Solidarität der Menschen mit ihren Sportvereinen festzustellen. Es gibt nicht die befürchtete Austrittswelle. Die Menschen stehen zu ihrem Verein und setzen darauf, dass es Sport wieder geben wird. Sorgen mache ich mir um die jungen Menschen, die gar nicht erst in Kontakt zu Sportvereinen kommen. Da gilt es, diese Menschen nach der Krise ganz gezielt zu adressieren, damit sie nicht die Idee von Sport verpassen. Da hat der Stadtrat schon Verständnis gezeigt und unter anderem ein Programm für Schwimm-Lernkurse aufgelegt. Solche Programme werden wir gezielt nach der Krise vorbereiten. Insgesamt mache ich mir keine Sorgen. 2020 nach den Lockerungen war die Nachfrage nach Sport sehr groß. Von Thomas Baumann-Hartwig