Ist Dirk Hilbert noch der richtige Oberbürgermeister für Dresden?

Es waren nicht die Wochen von Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP). Die Kulturhauptstadtbewerbung, die er zur Chefsache erklärt hat – sang- und klanglos gescheitert. Seine Idee, stabile ÖPNV-Preise mit Parkgebühren zu finanzieren – vom Stadtrat verworfen. Ein Stadtrat, der es bis zum Jahresende gerade einmal geschafft hat, sich zu konstituieren, am liebsten aber Nabelschau betreibt. Glühweinausschank statt Stadtratssitzung: CDU-Fraktionsvorsitzender Jan Donhauser sieht die Arbeit des OB kritisch: „Er hat kein Interesse an einer auf Augenhöhe basierenden Zusammenarbeit mit dem Stadtrat“, meint der Christdemokrat. Seit Wochen bitte er Hilbert darum, eine Klausur mit den Fraktionsvorsitzenden einzuberufen. „Es kommt keine Reaktion“, ärgert sich Donhauser. Im Gegenteil: Obwohl Hilberts Stimme im Stadtrat angesichts der Patt-Situation zwischen den verschiedenen politischen Konstellationen immens wichtig geworden sei, habe dieser am vergangenen Donnerstag die Sitzung verlassen, um auf dem Striezelmarkt Glühwein auszuschenken. „Er ist auch nicht zurückgekommen, obwohl der Ausschank ja nicht so lange gedauert haben kann“, kritisiert der Fraktionsvorsitzende. Debatte zum Nazinotstand einfach laufen lassen: Hilbert habe den Stadträten eine Sondersitzung am 23. Dezember angedroht, wenn die Vorlagen der Verwaltung nicht abgearbeitet würden. „Selbst zeigt er aber kein Interesse an der Arbeit des Stadtrats und hat sogar vorgeschlagen, die Ratssitzung am Donnerstag um 20 Uhr für den gemeinsamen Umtrunk abzubrechen.“ Das passe nicht zusammen, meint Donhauser. Die Debatte zum Nazinotstand habe Hilbert einfach laufen lassen. „Hier hätte ich einen OB erwartet, der eine Initiative für Dresden startet“, erklärt Donhauser. Die ÖPNV-Vorlage habe Hilbert viel zu spät eingebracht, nämlich einen Tag vor der Stadtratssitzung. „Alles, was der OB anfasst, geht schief. Er muss sich fragen lassen, ob er noch der Richtige für Dresden ist. Wenn er keine eindeutige Antwort darauf geben kann, sollte er lieber gleich einen Schlussstrich ziehen“, fordert Donhauser. Allen Engagierten Respekt erwiesen: „Ich bin weder amtsmüde noch verdrossen“, erklärte der Oberbürgermeister gegenüber den DNN. Für ihn sei es selbstverständlich gewesen, sich bei allen zu bedanken, die die Kulturhauptstadtbewerbung unterstützt hatten. Und das am Tag der Entscheidung. „Zuvor habe ich die Stadtratssitzung vier Stunden geleitet und wichtige Vorlagen mit abgearbeitet“, betonte Hilbert. Auch wenn die Bewerbung nicht erfolgreich war, sei es geboten gewesen, Respekt vor denen zu zeigen, die sich über Jahre engagiert haben. Beim Thema Nazinotstand laufe Donhausers Vorwurf ins Leere, da er auf der Stadtratssitzung am 30. Oktober krank gewesen sei, so Hilbert. „Der ursprüngliche Antrag war inhaltlich grottig, wäre aber durch die Initiative der SPD so in den Stadtrat zur Entscheidung gegangen. Ich habe ihn mit Zustimmung der Ältesten zur Überarbeitung in die Ausschüsse überwiesen. Aber an der Überschrift konnte auch ich nichts ändern.“ Lesen Sie auch: Die Not mit dem Notstand – Kritik an Dresdner Beschluss Stadträte hatten keine geeigneten Vorschläge: Besonders ärgerlich, so Hilbert, sei für ihn das Thema ÖPNV. Die städtischen Vertreter in der Verbandsversammlung des Verkehrsverbundes Oberelbe (VVO) hätten bei der Vorbesprechung nur eine Ablehnung der Preiserhöhung oder eine Vertagung des Beschlusses vorgeschlagen. „Die Landkreise hatten aber schon zugestimmt, und wenn ich eines nicht will, dann eine ständige Konfrontation zwischen Stadt und ländlichem Raum, bei der die Landkreise gezwungen werden, uns zu überstimmen.“ Scheitern liegt maßgeblich an der CDU: Deshalb habe er in einer nächtlichen Sitzung mit VVO-Geschäftsführer Burkhard Ehlen und Andreas Hemmersbach, Finanzvorstand der Dresdner Verkehrsbetriebe, den Vorschlag erarbeitet, mit höheren Parkgebühren stabile Preise für Abo-Monatskarten zu finanzieren. „Sonst hätten wir bei der Sondersitzung des Stadtrats mit leeren Händen dagestanden. Die Stadträte hatten keine eigenen geeigneten Vorschläge.“ Dass sein Plan durchgefallen sei, habe maßgeblich an der CDU gelegen, die auf „Teufel komm raus“ das 365-Euro-Ticket in die Debatte eingebracht habe, obwohl es dazu schon eine Beschlusslage des Stadtrats gebe. Mit sieben Fraktionen funktioniert es nicht: Er könne die CDU durchaus verstehen, so Hilbert. Diese habe in den vergangenen Jahren oft die Last von kritischen Entscheidungen tragen müssen. „Aber es funktioniert nicht, dass sich sieben Fraktionen darin überbieten, Geld auszugeben, das gar nicht da ist.“ Er, so Hilbert, sei als unabhängiger Bewerber gewählt worden und verfüge nicht über eine Hausmacht im Stadtrat. „Ich bilde mir ein, dass es der Stadt bisher gut getan hat, dass ich keine wie auch immer gearteten Parteiprogramme abarbeite.“ Das Ergebnis der Gespräche war gleich Null: Eine Klausur mit den Bürgermeistern und Fraktionsvorsitzenden sei schon lange in Planung. „Dafür muss es aber auch Inhalte geben.“ Er habe im Sommer mit jedem Fraktionsvorsitzenden das Gespräch gesucht, erklärte der OB, weil er sich Gedanken über die Effektivität des Stadtrates gemacht habe. „Wir haben viele Überlegungen diskutiert. Das Ergebnis war aber gleich Null. Da kann sich jeder seinen Teil dazu denken“, meinte Hilbert. Er habe eine gewisse Politikverdrossenheit bei den Dresdnerinnen und Dresdnern verspürt und einen Anteil an Protestwählern bei der Kommunalwahl registriert. „Da hatte ich schon eine Offensive des Stadtrates erwartet, ein Zeichen, dass diese Botschaft verstanden worden ist. Das sehe ich im Moment aber leider noch nicht.“ Von Thomas Baumann-Hartwig

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