Zehn Dresdner des Jahrzehnts Harald Marx

Es war wohl nicht ein einzelnes, sondern eine Reihe von Ereignissen, in denen sich Harald Marx für die DNN-Leser als Dresdner des zurückliegenden Jahrzehnts empfahl. Für ihn selbst dürfte dieser Lebensabschnitt rückblickend eher einer Achterbahnfahrt gleichen, denn zwischen herausragenden Ergebnissen seiner Arbeit, mit denen die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden auch weit über Sachsen hinaus auf sich aufmerksam machten, lagen einschneidende Zäsuren, die er zum Teil als Chancen nutzen konnte, die aber auch seine ganze Arbeit und Existenz gefährdeten. Es begann im Sommer 2002, als ihn im Urlaub die Nachricht überraschte, dass die Fluten der Weißeritz in das Depot unter dem Theaterplatz eindrangen und die dort gelagerten Bilder nur durch den tatkräftigen Einsatz vieler Helfer gerettet werden konnten, und es endete mit seinem Abschied, bei dem ihn eine ganze Schar prominenter Redner von Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich bis zum Ehrendirektor des Pariser Louvre Bernard Rosenberg Redner bei einem Festakt in der Semperoper würdigte. Marx bedankte sich mit der Ausstellung „Wunschbilder – Sehnsucht und Wirklichkeit“, für deren prächtigen Katalog er wiederum zahlreiche Texte geschrieben hatte. Die immensen Kenntnisse und die Autorität, die er sich in mehr als 40 Jahren in der Gemäldegalerie Alte Meister – davon 18 als deren Direktor – erworben hatte, schlugen sich nicht zuletzt in den Leihgaben bedeutender Museen, u.a. in Berlin Warschau, Budapest und St. Petersburg, nieder. Auch hier kamen glückliche und unglückliche Umstände zusammen, denn nachdem Marx in Ermangelung eines geeigneten Nachfolgers um eine zweijährige Verlängerung seiner Amtszeit gebeten worden war, musste er der ständigen Anspannung Tribut zollen. Zwischenzeitlich schien es gar nicht sicher, ob er überhaupt wieder in die Galerie zurückkehren könnte. Kaum von schwerer Krankheit etwas erholt, sah er sich genötigt, sich mit der bekannten Sachkenntnis und Eloquenz zu spektakulären Rückgabeforderungen der Wettiner zu äußern, die auch 139 Bilder der Alten Meister betrafen. Stützen konnte er sich dabei selbstverständlich auf die jahrzehntelange Beschäftigung mit Herkunft und Geschichte der Werke, die sich auch im Gesamtkatalog der Gemäldegalerie Alte Meister niederschlug, der 2005, pünktlich zum Jubiläumsjahr im Semperbau des Zwingers, erschien. Parallel dazu waren aber auch die schwierigen Aufräum-, Sanierungsarbeiten und Restaurierungsarbeiten an etlichen beschädigten Bildern zu bewältigen und in den Jahren 2002 bis 2004 auch eine Reihe von Gastausstellungen der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden in Berlin, London und Jackson (USA), bei denen Marx mit Bildern aus den Alten Meistern Ideal und Geschichte seiner Galerie präsentieren konnte. Nicht zuletzt fand 2005 in Torgau die Landesausstellung „Glaube und Macht“ statt, die sich mit Sachsen in der Zeit nach der Reformation beschäftigte und an deren großem Publikumserfolg Marx als Ausstellungskommissar entscheidenden Anteil hatte. War er in seinen Projekten für die Staatlichen Kunstsammlungen stets bemüht, hinter der Kunst gesellschaftliche Zustände und Entwicklungen auch im Bezug zum Heute erfahrbar machen, konnte er hier das Prinzip umkehren und Kunstwerke als Zeitzeugen aufbieten. Als geschliffenen Redner hat man Marx hier wie bei vielen Gelegenheiten erlebt – in seinem neuen Unruhestand hält er weiterhin engen Kontakt zu den Staatlichen Kunstsammlungen, aber vor allem aus Liebe zur Kunst, denn die Zeiten, in denen er bei wichtigen Grundsatzentscheidungen – etwa der zum Umbau des Albertinums – um Rat gefragt wurde, sind mit dem Abschied vom Amt endgültig vorbei. Heute widmet er sich eher ganz speziellen Themen, beispielsweise Eröffnungsreden zu Ausstellungen seiner zahlreichen Künstlerfreunde, was ihm nicht schwerfällt, denn auch die Entwicklung der zeitgenössischen Dresdner Kunst hat er, wie bei DNN-Kunstauktionen bewiesen, über Jahrzehnte mit Aufmerksamkeit und großem Einfühlungsvermögen verfolgt. geb. 13. Februar 1942 in Berlin 1961–1966 Kunstgeschichte-Studium an der Humboldt-Universität Berlin ab 1966 wissenschaftlicher Assistent in der Dresdner Gemäldegalerie Alte Meister, seit 1980 Kustos der Galerie, seit 1991 ihr Direktor gestaltete viele Ausstellungen, unter anderem „Deutsche Kunst der Dürerzeit“ und „Wunschbilder. Sehnsucht und Wirklichkeit. Malerei für Dresden im 18. Jahrhundert“ 1996 Honorarprofessor für Kunstgeschichte an der TU Dresden 1998 Offizierskreuz der französischen Ehrenlegion 2009 Abschied in den Ruhestand lebt in Dresden, verheiratet, 2 Töchter Aus den Dresdner Neuesten Nachrichten vom 30. 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Dresdner des Jahrzehnts 2000–2009 - Harald Marx: Der prägende Geist der Alten Meister