Wie kann Dresden 77 Millionen Euro sparen, Herr Finanzbürgermeister?

Die Echternacher Springprozession ist ein religiöser Akt, bei der die Teilnehmer zu Polkamelodien durch die Straßen in Echternach springen. Die Teilnehmer wechseln permanent die Richtung, kommen aber trotzdem ans Ziel. „Der Stadtrat hat einen Beschluss im Stile der Echternacher Springprozession formuliert“, meint Finanzbürgermeister Peter Lames (SPD) mit Blick auf den Haushalt für 2021 und 2022. Stadtverwaltung muss bis 2025 77 Millionen Euro streichen: Auf der einen Seite habe der Stadtrat Mehrausgaben nach politisch gewünschten Prioritäten beschlossen. Und sich zugleich zu Einsparungen bekannt, die noch nicht untersetzt sind. 31 Millionen Euro konsumtive Mittel und 46 Millionen Euro Investitionen muss die Stadtverwaltung jetzt bis 2025 streichen. Wie soll das gehen? „Wir stellen uns dieser Aufgabe“, erklärt der Finanzbürgermeister. „Aktuell haben alle Geschäftsbereiche Vorgaben bekommen, welche Einsparbeiträge sie zu leisten haben.“ Man habe Einsparbudgets formuliert und die Geschäftsbereiche könnten nun selbst entscheiden, wo sie den Rotstift ansetzen müssen. Höhe der Sparauflagen richtet sich nach der Höhe des Budgets: Die Höhe der Sparauflagen richtet sich laut Lames nach der Höhe des Budgets der Geschäftsbereiche und nach den Pflichtaufgaben, die finanziert werden müssen. „Es gibt Aufgaben, bei denen kein Spielraum zum Sparen vorhanden ist. Das berücksichtigen wir.“ Jetzt seien die Geschäftsbereiche am Zug und müssten ihre Vorschläge einreichen. Der Finanzbereich habe den Rahmen vorgegeben, für die konkrete Ausgestaltung seien die einzelnen Fachbürgermeister verantwortlich. Im Januar laufe die Frist für die Sparvorschläge ab. „Wir wollen möglichst schnell eine Vorlage für den Stadtrat erarbeiten.“ Denn der Haushalt, der nach dem Stadtratsbeschluss vom Dezember auf dem Papier steht, sei nicht ausgeglichen. „Pauschale Kürzungsvorschläge können für den Ausgleich nicht herangezogen werden“, erklärt Lames. „Insofern verletzen wir eine Soll-Vorschrift der kommunalen Haushalts-Verordnung. Wir tun gut daran, zügig mit der Arbeit fortzufahren.“ „An Einsparungen führt kein Weg vorbei“: Letztlich habe der Stadtrat zwar einen Haushalt beschlossen, müsse aber die Haushaltsdiskussion fortsetzen. „Es gibt ja schon die Befürchtung, dass jetzt jeder Kürzungsvorschlag auf empörte Ablehnung stoßen wird“, meint der Finanzbürgermeister, „erst verwaltungsintern, dann aber auch im politischen Bereich.“ An Einsparungen führe kein Weg vorbei, weil viel dafür spreche, dass die Landesdirektion Sachsen den Haushalt nur mit konkreten Deckungsvorschlägen genehmigen werde. Deshalb hoffe er auf einen Willen zur Umsetzung auch von unpopulären Maßnahmen, die mit dem Haushalt verbunden sind. „Man kann das Konto eine ganze Weile überziehen. Aber langfristig wird man mit der Deckung konfrontiert.“ Das böse Erwachen kommt später – Kommentar zu Dresdens Haushalt 2021/22 Dresden: Die geheime Streichliste des Finanzbürgermeisters Standards formuliert, die nicht ausfinanziert sind: Manchmal, so Lames, sei der Haushaltsbeschluss durchaus ein Widerspruch in sich. Auf der einen Seite habe die Stadtratsmehrheit die konsumtiven Ausgaben erhöht. Auf der anderen Seite sollen aber die konsumtiven Ausgaben gesenkt werden. „Der Stadtrat hat in einigen Bereichen Standards formuliert, die in der Finanzplanung nicht über das Jahr 2022 hinaus ausfinanziert sind“, gibt der Finanzbürgermeister zu bedenken. Deshalb sei die nächste Kürzungsdiskussion schon vorprogrammiert. Denn ohne eine wesentliche Veränderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen werde Dresden das derzeit vorhandene Ausgabenniveau nicht halten können. Erst 2023 wieder das Niveau von vor der Krise: Nach den gegenwärtigen Prognosen werde die Landeshauptstadt erst im Jahr 2023 wieder das Einnahmeniveau von vor der Coronakrise erreichen. „Wir hatten in unseren Erwartungen ein stetiges Wachstum unterstellt. Diese Differenz zieht sich nun durch die folgenden Haushaltsjahre.“ Er könne nicht behaupten, dass die mit dem Haushalt verbundenen Beschlüsse des Stadtrats seine vollständige Sympathie finden, erklärte der Finanzbürgermeister. Aber der Grundgedanke der Verwaltung, ohne strukturelle Einschnitte aus der Krise zu gehen und Impulse zu setzen, um die Wirtschaft mit öffentlichen Investitionen anzukurbeln, sei von der Kommunalpolitik beibehalten worden, lobt er. Der Stadtrat werde spätestens bei der Planung für den Haushalt 2023/2024 merken, wie gut der Plan aufgegangen sei. „Im Moment fahren wir auf Sicht“, so Lames. Von Thomas Baumann-Hartwig