Tourismus in Dresden: Warum der Besucherrekord kein Grund zum Jubeln ist

Rekordjahr für den Dresden-Tourismus: Mit 2,32 Millionen Gästen und 4,71 Millionen Übernachtungen wurden die Werte des Rekordjahres 2018 noch einmal um 3,1 Prozent beziehungsweise 2,3 Prozent überboten. Corinne Miseer, neue Geschäftsführerin der Dresden Marketing GmbH (DMG), will sich auf den Werten aber nicht ausruhen. Sie peilt neue Ziele an. Welchen Stellenwert hat Dresden in Sachsen? „Dresden ist die Lokomotive für Menschen aus aller Welt, nach Sachsen zu kommen“, sagt Tourismusbürgermeisterin Annekatrin Klepsch (Die Linke). „Quantitativ sind wir der stärkste Player. Das sollte sich in der Tourismuspolitik des Freistaats widerspiegeln.“ Allerdings: Bei der Dynamik des Wachstums hat Leipzig die Nase vorn. Dort ist die Zahl der Übernachtungen um 6,7 Prozent im Vergleich zum Jahr 2018 gestiegen. Woher kommen die Dresden-Touristen? Zu 80 Prozent aus Deutschland und zu 20 Prozent aus dem Ausland. Die meisten ausländischen Gäste kommen aus den Vereinigten Staaten (83 429 Übernachtungen), aus Polen (73 936), aus der Schweiz (71 722), aus Österreich (68 902) und aus den Niederlanden (53 892). Wann kommen die meisten Gäste nach Dresden? Im August, im Dezember und im Oktober – in dieser Reihenfolge. Das Stadtfest und die Kaisermania sind die Frequenzbringer im August, der Striezelmarkt zieht im Dezember, der Oktober lebte von schönem Wetter. Das erste Halbjahr war eher schwierig mit leichten bis mittleren Rückgängen. Mercedes-Benz hat mit einer dreimonatigen Firmenpräsentation ab Juni für 50 000 Übernachtungen gesorgt. Wie ist die Bettenauslastung in den Hotels? Mit 54,5 Prozent eher unterdurchschnittlich. Das ist ein Rückgang von 0,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Beim Zimmerpreis ist Dresden Schlusslicht in ganz Deutschland. 23 933 Gästebetten waren 2019 in Dresden registriert, ein Anstieg um rund 800 im Vergleich zu 2018, so Miseer. In den nächsten Jahren kommen 2000 neue Betten dazu. Lesen Sie auch: Rekordjahr für den Dresden-Tourismus Tourismus sorgt für 20000 Arbeitsplätze in Dresden Was sagt die Branche zu den Zahlen? „Kein Grund zum Jubeln“, meint Johannes Lohmeyer, Vorsitzender des Tourismusverbandes und Hoteldirektor. „Der Zuwachs hat nicht einmal für eine stabile Zimmerauslastung sorgen können. Die Zimmerpreise befinden sich auf einem viel zu niedrigen Niveau.“ Was will die neue DMG-Chefin anpacken? Mehr Geschäftsreisende sollen in die Stadt kommen – ein Ansatz, den die DMG seit Jahren verfolgt. Die Gesellschaft hat ein Akquisekonzept für Großkongresse mit 2000 bis 5000 Teilnehmern entworfen, das jetzt dem Stadtrat vorgelegt werden soll. Geschäftsreisende zahlen höhere Zimmerpreise und geben dreimal so viel Geld aus wie Touristen. „Hier wollen wir unseren Anteil vom Kuchen einfordern“, sagt Miseer. Mit welcher Kampagne wirbt Dresden 2020? „Schönheit entdecken“, heißt das Motto, Großplakate mit Dresden-Motiven werden an Bahnhöfen und Flughäfen in Frankfurt/Main, Hamburg, Köln, München, Düsseldorf und Berlin aufgestellt. Betreibt die DMG eigentlich auch Marktforschung? „Das ist die Basis unserer Strategien und Entscheidungen“, sagt Miseer. So sollen Mobilfunkdaten ausgewertet werden, um das Verhalten von Tagestouristen besser verstehen zu können. Woher kommen sie? Wo halten sie sich auf? Das seien Fragen, auf die es Antworten geben soll. Welche Höhepunkte gibt es im Tourismusjahr 2020? Der 250. Geburtstag des Komponisten Ludwig van Beethoven mit einer Vielzahl von Konzerten sowie 150 Jahre Dresdner Philharmonie im November. Der 350. Geburtstag von August dem Starken und die Wiedereröffnung der Gemäldegalerie Alte Meister seien wichtige Gründe für einen Ausflug nach Dresden. Wie blickt die Branche auf das Jahr 2020? Zehn Prozent der Hoteliers schätzen die Zahl der Buchungen viel besser als 2019 ein, 25 Prozent besser, 45 Prozent gleichbleibend und 20 Prozent schlechter. Wie wirkt sich das Coronavirus aus? Negativ, keine Frage. Gäste aus China werden nur vereinzelt nach Dresden kommen, große Reiseveranstalter haben bereits Kontingente storniert. Allerdings: Nur 47 728 Gäste aus China haben Dresden und das Elbland 2019 besucht. Da trifft es andere Regionen deutlich härter. Von Thomas Baumann-Hartwig

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