Studie in Dresden liefert neue Erkenntnisse zur Behandlung von Hirntumoren

Die Diagnose Glioblastom erhalten bundesweit rund 4800 Menschen jährlich. Dieser aggressive und schnell wachsende Hirntumor gilt als unheilbar. Die Betroffenen sind in der Regel zwischen 50 und 75 Jahre alt. Dresdner Forscher haben nun gemeinsam mit Heidelberger Kollegen mithilfe einer klinischen Studie zeigen können, dass mit bestimmten bildgebenden Verfahren der Verlauf der Erkrankung besser vorhergesagt werden kann. Für die Erkrankten kann diese Erkenntnis mehr Lebenszeit und eine gezieltere Therapie bedeuten. Der Hirntumor ist nicht nur besonders aggressiv, er kehrt auch trotz Behandlung meist nach kurzer Zeit zurück. Dieses sogenannte Rezidiv versuchen Mediziner nach der Operation mithilfe einer intensiven Strahlen- und Chemotherapie herauszuzögern. In der durchgeführten Studie haben die Wissenschaftler vor Therapiebeginn eine zusätzliche PET-Diagnostik durchgeführt. Das Ergebnis: „Unsere Langzeitdaten von 89 Patienten bilden die Basis, um die Strahlentherapie künftig weiter zu verbessern und noch genauer auf den einzelnen Patienten zuzuschneiden. Ziel ist es, die Behandlung individuell so aggressiv wie nötig aber so schonend wie möglich zu gestalten“, erklärt Professorin Mechthild Krause, Direktorin der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden. MRT- und PET-Untersuchungsverfahren: Die Studienteilnehmer wurden vor Beginn und mehrfach nach Ende ihrer Radio-Chemo-Therapie mit einer Kombination aus MRT und PET untersucht. Beides sind bildgebende Verfahren, die verbliebene Tumorreste sichtbar machen. Das MRT zeigt genaue Einblicke in die Hirnstruktur. Das PET-Verfahren macht die Stoffwechselaktivität im Gewebe sichtbar. Und zwar mit schwach radioaktiv markierten Substanzen, sogenannte Tracer. Normales Hirngewebe nimmt weniger Aminosäuren auf als Krebszellen. Dadurch grenzt sich das Tumorgewebe gut ab. Die Forscher schickten Patienten nach der OP und vor Beginn der Therapie zur PET-Untersuchung. Dort, wo die Anreicherung der Traces besonders auffällig war, kehrte der Tumor schneller zurück, als bei anderen Patienten. Ähnliche Zusammenhänge gab es zwar auch bei einer MRT-Untersuchung, bei 40 Prozent der Patienten jedoch nicht. „Die PET-Bildgebung hat daher einen hohen prognostischen Wert und liefert zusätzlich zur MRT-Bildgebung wichtige Informationen über den weiteren Krankheitsverlauf“, erklärt Nuklearmedizinerin Bettina Beuthien-Baumann vom Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ). Durch genauere Prognosen kann Therapie individuell angepasst werden: Doch wie helfen diese Erkenntnisse nun den Patienten? Durch diese genauere Prognose, wann der Tumor zurückkehrt, kann die Therapie noch maßgeschneiderter auf den jeweiligen Patienten angepasst werden, heißt es seitens der verantwortlichen Mediziner. „Damit können wir beispielsweise Patienten identifizieren, die trotz der als unheilbar geltenden Erkrankung ihren Tumor mit hoher Wahrscheinlichkeit viele Jahre überleben werden. Für diese Patienten gilt es Therapieverfahren zu wählen, die mit möglichst wenigen Nebenwirkungen verbunden sind“, sagt Mechthild Krause. Lesen Sie auch: Keine Angst mehr vorm MRT: Dresdner Uniklinikum verwandelt Radiologie in Ozean Dresden profiliert sich als Robotik-Hochburg TU Dresden will Erbgut der Blaualgen entziffern – das könnte auch bei Pandemien helfen Patienten, bei denen der Tumor mit hoher Wahrscheinlichkeit schneller zurückkehrt, könnte eine höhere Strahlendosis verabreicht werden. Dies setzt jedoch voraus, dass der Bereich, wo er wieder auftauchen kann, genau lokalisiert wird. Da kommt wieder die PET-Untersuchung ins Spiel. Die Studie zeigte hier, dass bei den meisten Patienten der Tumor in dem Bereich des Gehirns wieder auftauchte, wo die PET-Untersuchung besagte vermehrte Traceanreicherung zeigte. Dieser Zusammenhang ließ sich bei allen 16 Patienten nachweisen, die die schlechtesten Prognosen aufwiesen. „Besonders bei dieser Hochrisikogruppe könnte eine Dosiserhöhung in dem durch die PET-Untersuchung angezeigten Areal ein vielversprechender Weg sein“, erklärt Professor Michael Baumann, Wissenschaftlicher Vorstand des DKFZ. Die zusätzlichen Informationen aus der PET-Untersuchung können auch bei anderen Patienten ermöglichen, dass das zu bestrahlende Gebiet vorab präziser abgegrenzt wird und die Therapie im Anschluss genauer wird. Dass es einen Zusammenhang zwischen Auffälligkeiten in den PET-Bildern und der Position des wiederauftretenden Tumors gibt, hat die Studie aus Dresden und Heidelberg gezeigt. Künftig soll dies weiter erforscht werden. Bereits etwa 20 Prozent aller Strahlentherapie-Patienten der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie des Universitätsklinikums Dresden werden im Rahmen von Studien behandelt. „Unser Ziel ist es, Verbesserungen dann möglichst schnell allen Patienten anbieten zu können“, sagt Mechthild Krause. Die Ergebnisse der Studie veröffentlichten die Wissenschaftler im Fachmagazin Clinical Cancer Research. Von Lisa-Marie Leuteritz