Seebühne Dresden: Konzert-Wochenende mit Rene Pape, Jan Josef Liefers und Radio Doria

Ohne Frage: Die Idee, in Corona-Zeiten eine neue Open-Air-Bühne für Dresden zu etablieren und den Künstlern der Stadt nach Monaten der Stille drei Tage lang eine Auftrittsmöglichkeit zu geben, muss honoriert werden. Seebühne Dresden heißt die neue Spielstätte im Ostra-Areal gegenüber der Dresdner Messe – und schon der Name verheißt einen Hauch von Glamour, erinnert er doch an die großen Klassikbühnen in Bregenz oder die Arena di Verona. Das Programm der Dresdner Ausgabe, initiiert von Florian Zweig von der Agentur Golden Door, ist interessant: René Pape sang zum Auftakt am Freitag, gefolgt von Jan Josef Liefers und seiner Band Radio Doria am Samstag , am Sonntag waren außerdem Veranstaltungen mit dem Dixieland Festival und den Dresdner Sinfonikern angesetzt. Dass zur Eröffnung am Freitag trotzdem viele der 676 Plätze auf der Terrasse am See leer blieben, mag am unbeständigen Wetter gelegen haben, an den vergleichsweise hohen Eintrittspreisen für ein Open Air (bis zu 145 Euro für das normale Ticket, 400 Euro fürs VIP-Ticket mit Menü und Bestplatzgarantie) oder aber schlicht daran, dass das feinsinnige Dresdner Publikum genau weiß, was es für sein Geld verlangen kann – und lieber Musik pur genießt, ganz ohne Tellerklappern und klingende Gläser. Am Samstag sah es da schon besser aus. das Konzert von Jan Josef Liefers Band Radio Doria war ausgebucht. Gedämpfte Sternstunden mit Dresdner Bass René Pape am Freitag: Das Eröffnungsprogramm des Prague Royal Philharmonic Orchestra unter der Leitung von Heiko Mathias Förster gleicht einem bunten Silvesterfeuerwerk. Ohne erkennbare Dramaturgie reihen sich „Hits“ des Klassik- und Operettenrepertoires von Johann Strauß‘ „Rosen aus dem Süden“-Walzer, über George Bizets „Carmen Suite“ bis hin zu Johannes Brahms „Ungarischem Tanz Nr. 6“ aneinander. Auf den folgt mit Mephistos Arie „Le veau d’or est toujour debout“ aus Charles Gounods „Faust“ einer der seltenen Auftritte von René Pape in seiner Heimatstadt. Der Dresdner Bass weiß freilich mit seiner Stimme zu bezaubern und schenkt dem Publikum jene raren Sternstunden, in denen im Ostra-Areal einmal nur die Musik in den Mittelpunkt rückt. Als Zugabe singt Pape „Der Mond ist aufgegangen“ – ein sanftes Finale zum Niederknien. Das Orchester lässt das seltsame Potpourri an Werken durchaus mit viel Enthusiasmus schillern. Und dennoch bleiben große Gänsehautmomente auf der Seebühne aus. Die Atmosphäre ist überwiegend kühl und verhalten. Das sommerleichte Programm weht stark verstärkt über den kleinen See, der Applaus verfliegt im Abendwind. Ja, selbst der Jubel zum Schluss wirkt irgendwie künstlich. Das Abendrot, das den Himmel nach einer kurzen Regenphase fantastisch glühen lässt, immerhin taugt für spektakuläre Instagramfotos. Prächtige Stimmung am Samstag bei Radio Doria: Beim folgenden Auftritt von Jan Josef Liefers mit seiner Band Radio Doria am Samstag, stieg das Stimmungsbarometer dann rasant. Es wurde mitgeklatscht, mitgesungen und einige Besucher hielt es kaum auf ihren Stühlen. Auch Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert und seine Gattin waren zu Gast. Als letztes Lied sangen Jan Josef Liefers und René Pape ein Duett zusammen. Hier war Herr Pape allerdings nicht so textsicher und musste sich an sein Handy klammern. Konzept, das Kunst zu Kommerz reduziert: Alles in allem ist zu sagen: Es sind nicht die Künstler, es ist das Konzept, das die Klassik auf der Seebühne Dresden zum Event, die Kunst auf Kommerz reduziert. Bei den Getränke- und Snackpreisen an den Streetfood-Wagen (19 Euro der Grillteller; 7,50 Euro das Glas Wein) vergeht selbst Stammgästen der Semperoper der Appetit. Vom Gewusel der Kellner, die zeitgleich mit dem Orchester arbeiten, ganz abgesehen. Von Nicole Czerwinka