Richtig vererben und erben mit Tipps von Fachanwälten

Beim DNN-Telefonforum mit Dresdner Fachanwälten des Deutschen Forums für Erbrecht e.V. kamen viele Fragen zur Sprache, die durchaus von allgemeinem Interesse sind. Geantwortet haben Dr. Constanze Trilsch, Vizepräsidentin des Deutschen Forums für Erbrecht e.V., Mario Viehweger, Anwalt für Erbrecht, Birgit Kühne, Anwältin für Erbrecht und Familienrecht. Hier eine Auswahl. Frage: Mein Vater ist tot und hat seine neue Frau als Alleinerbin bestimmt. Ich bin pflichtteilsberechtigt. Nun wurde mir mitgeteilt, dass die Frau alle möglichen Kosten vom Nachlass abzieht – zum Beispiel für die Beerdigung und den Friedhof. Darf sie das? Der Pflichtteilsberechtigte hat Anspruch auf seinen Anteil vom so genannten „Nettonachlass“. Davon können Nachlassverbindlichkeiten tatsächlich abgezogen werden. Die Kosten einer normalen Beerdigung und die Friedhofsgebühren fallen in jedem Fall mit darunter. Erben die Schwiegereltern mit? Im letzten Jahr ist meine Frau gestorben. Wir haben keine Kinder und haben kein Testament angefertigt. Nun wollen meine Schwiegereltern Geld von mir, weil sie angeblich Miterben geworden sind. Ist das so? Da Ihre Frau kinderlos verstorben ist, erben Sie nach Ihrer Frau drei Viertel des Nachlasses. Die beiden Eltern erben zusammen das andere Viertel. Sollten Sie einen Ehevertrag mit Gütertrennung abgeschlossen haben, wäre die Quote für die Schwiegereltern sogar noch größer. Sie bilden also jetzt tatsächlich eine Erbengemeinschaft. Im Testament meiner Patentante steht, dass ich als Vermächtnis das Meißner Kaffeeservice „Weinlaub“ erhalten soll. Die Erben wollen das Porzellan nicht herausgeben. Wie soll ich mich verhalten? Als Vermächtnisnehmer haben Sie einen einklagbaren Anspruch auf Herausgabe des Porzellans. Sie sollten in Ihrem nächsten Schreiben an die Erben ankündigen, dass Sie gegebenenfalls einen Anwalt einschalten und das dann auch tun. Das Vermächtnis muss erfüllt werden. Geld erst, wenn die Erben dafür reif sind? Ich möchte in meinem Testament regeln, dass meine beiden minderjährigen Enkel als Vermächtnis jeweils 30.000 Euro erhalten. Ich mache mir aber Sorgen, dass meine Enkel, sollten sie zum Zeitpunkt meines Todes erst 18 Jahre alt sein, vielleicht unvernünftig mit dem Geld umgehen. Wie kann ich das verhindern? Sie können in Ihrem Testament Testamentsvollstreckung für die beiden Vermächtnisse an die Enkel anordnen. Dort sollten Sie auch regeln, wie lange die Vollstreckung dauern soll. Das kann auch über das 18. Lebensjahr hinausgehen. Sie müssten einschätzen, ob Ihre Enkel gegebenenfalls mit 21 Jahren oder vielleicht erst mit 25 Jahren reif genug sind, das Geld selbst zu verwalten. Zum Testamentsvollstrecker können Sie eine Person Ihres Vertrauens bestimmen. Es ist sinnvoll, diese Person vorher zu fragen, ob sie dazu bereit ist. Pflichtteil folgt strengen gesetzlichen Regeln: Zu meinem Sohn aus meiner ersten Ehe habe ich nach wie vor guten Kontakt. Ich möchte ihm schon zu Lebzeiten einen größeren Geldbetrag zukommen lassen. Mein Sohn wäre gegebenenfalls auch bereit, schriftlich zu bestätigen, dass er danach keine Pflichtteilsansprüche mehr hat, wenn ich einmal sterbe. Können wir beide das vertraglich allein regeln? Nein. Für einen Pflichtteilsverzichtsvertrag (hier gegen Entgelt) müssen unbedingt die Formvorschriften eingehalten werden. Keine Pflicht zur Gleichbehandlung der Kinder zu Lebzeiten: Ich habe zwei Geschwister; beide haben zu Lebzeiten unseres Vaters Geld geschenkt bekommen. Wird dies bei der Erbaufteilung berücksichtigt? Zunächst gilt, dass Eltern ihre Kinder zu Lebzeiten nicht gleich behandeln müssen. Ungleichbehandlungen werden teilweise im Rahmen des Pflichtteilsrechts ausgeglichen. Ausgleichungspflichten zwischen Miterben bestehen nur im Zusammenhang mit der Zuwendung von Ausstattungen sowie eingeschränkt bei Zuschüssen. Ansonsten müsste der Schenker zum Zeitpunkt der Schenkung die Anrechnung angeordnet haben. Deshalb: Handelt es sich weder um Ausstattung oder Zuschuss und fehlt eine solche Anordnung, besteht keine Ausgleichungspflicht. Sie können aber prüfen lassen, ob ein werthaltiger Pflichtteilsergänzungsanspruch besteht. Vorsorgevollmacht – das ist zu beachten: Meine Frau und ich wollen eine Vorsorgevollmacht errichten. Worauf müssen wir achten? Generell müssen Sie sich entscheiden, ob Sie eine eigenhändige Vollmacht errichten wollen oder eine notariell beurkundete. Die notarielle Vollmacht kann häufig problemloser verwendet werden – insbesondere gegenüber Banken. Hier würde aber auch eine gesondert erteilte Bankvollmacht ausreichen. Die Vollmacht sollte nicht mit den Worten eingeleitet werden: „Für den Fall, dass einer von uns nicht in der Lage sein sollte …“. Eine solche, sogenannte bedingte Vollmacht, wird im Rechtsverkehr nicht anerkannt und ist unwirksam. Überlegen sollten Sie, ob die Vollmacht auch über den Tod hinaus gelten soll. Wenn Sie Ihre Kinder als Ersatzbevollmächtigte benennen wollen, sollte für den Fall der Fälle jedes Kind allein handlungsbefugt sein. Lesen Sie auch: Welches Testament ist für wen das Richtige? Plötzlich noch ein Sohn – Rechte unehelicher Kinder: Mein Vater ist 2019 gestorben. Meine Mutter, mein Bruder und ich haben danach einen Erbschein beantragt. Überraschend meldete sich nun ein weiterer Sohn unseres Vaters und erhebt Ansprüche. Jetzt haben wir eine polizeiliche Vorladung erhalten, weil wir bei Beantragung des Erbscheins nicht die Wahrheit gesagt hätten. Wie müssen wir uns verhalten? Sehr, sehr wahrscheinlich wird nicht der bislang unbekannte Sohn, sondern das Nachlassgericht von Amts wegen den Fall zur Prüfung an die Staatsanwaltschaft übermittelt haben. Sinnvoll wäre, einen Rechtsanwalt zu beauftragen; nur der darf Einsicht in die strafrechtliche Ermittlungsakte nehmen. Ergibt sich aus der Akteneinsicht kein weiterer Erkenntnisgewinn, sollten Sie gegenüber der Polizei schriftlich Stellung nehmen. Da Sie von dem Sohn nichts wussten, sich also keinen unlauteren Vorteil verschaffen wollten, handelt es sich zwar um ein unangenehmes Verfahren, das aber rasch eingestellt werden dürfte. Wenn Banken sich querstellen: Meine Mutter ist schwer erkrankt. Als ich mit der mir erteilten Vorsorgevollmacht über ihr Konto verfügen wollte, bestand die Bank auf einer Bankvollmacht meiner Mutter. Das ist aber krankheitsbedingt nicht möglich. Hilft es, mich als Betreuer einsetzen zu lassen? Gibt es keine Gründe, an der Wirksamkeit der Vollmacht zu zweifeln, wird Ihnen ein Betreuungsverfahren nicht helfen. Denn ein Betreuer wird in der Regel nicht bestellt, wenn ein Dritter in gleicher Weise wie ein gesetzlicher Betreuer handeln könnte. So liegt der Fall bei Ihnen. Akzeptiert die Bank die Vollmacht nicht, kann diese gerichtlich in Anspruch genommen werden. Interessant in diesem Zusammenhang ist ein Urteil des Landgerichts Hamburg aus dem Jahr 2017: Hier wurde eine Bank verurteilt, die Kosten eines Betreuungsverfahrens zu tragen, weil sie sich weigerte, die vorgelegte Vollmacht anzuerkennen. Wenn viele Erben um ein Grundstück streiten: Wir sind uns als Erbengemeinschaft nicht einig, was wir nach dem Tod unserer Eltern mit dem Grundstück machen. Da keiner das Geld hat, es zu übernehmen, müsste es verkauft werden. Das will mein Bruder aber nicht. Stellen Sie einen Antrag auf Teilungsversteigerung beim zuständigen Amtsgericht, es gibt keine andere Lösung. Dann wird das Grundstück versteigert und der Erlös kann geteilt werden. So eine Teilungsversteigerung bringt Bewegung in eine Erbauseinandersetzung und führt, salopp gesagt, dazu, dass aus einem Haufen Steine ein Haufen Geld gemacht wird. Im Anschluss daran müssen sich die Erben trotzdem zumindest einmal in die Augen sehen und einem Teilungsplan zustimmen. Aller Erfahrung nach stellt dies in der Praxis aber kein großes Problem dar, wenn erstmal ein Batzen Geld auf dem Tisch liegt. Testament – Was ist wann sinnvoll? Man liest oft, dass Streit unter Erben häufig das Ergebnis einer unzureichenden Testamentsgestaltung sei. Was muss ich daher konkret beachten? Zunächst einmal: Das Leben nimmt nach der Errichtung eines Testaments seinen Lauf, mit allen Höhen und Tiefen. Der Inhalt eines Testaments spiegelt jedoch die eigenen Vorstellungen im Zeitpunkt der Testamentserrichtung wider. Diese können sich über die Jahre verändern, weil der eigene Lebensplan nicht aufgegangen ist oder sich Kinder anders entwickeln. Wer mit 45 ein Testament macht, kann sich einigermaßen sicher sein, gerade Bergfest gefeiert zu haben. Vor dem Hintergrund ist es fraglich, ob ein weitsichtiges Testament zur Lebenswirklichkeit passt. Schreiben Sie also zunächst Ihr Wunschtestament. Verstehen sich Ihre Kinder nicht? Haben Sie ein großes Vermögen? Leben Sie in einer Patchworkfamilie? In diesen Fällen wäre das Testament auf Ihre konkreten Bedürfnisse anzupassen. Dazu kann die Vermeidung einer Erbengemeinschaft zählen, genauso das Beachten steuerlicher Freibeträge oder die Anordnung der Vor- und Nacherbschaft. Die Praxis zeigt schließlich: Wollen sich Erben streiten, findet sich immer ein Weg. Erweist sich ein Testament als nicht angreifbar, wird eben die Testierfähigkeit in Zweifel gezogen. Eine noch so kluge Testamentsgestaltung wird dies nicht verhindern können. Lesen Sie auch: Was passiert mit dem digitalen Nachlass? Von Barbara Stock

Telefonforum zum Erbrecht - Richtig vererben – Experten erklären DNN-Lesern, wie das geht