Die Landesdirektion Sachsen (LDS) hat jetzt eine Debatte im Stadtrat im Keim erstickt, die noch gar nicht so richtig in Gang gekommen war. „Aus gegebenem Anlass weisen wir darauf hin, dass sogenannte Wildtierverbote durch Kommunen rechtswidrig sind“, heißt es in einem knappen Schreiben an die Landratsämter und kreisfreien Städte im Freistaat. Es überschreite die Kompetenz des Stadtrates, Zirkussen den Zugang zu öffentlichen Einrichtungen und Flächen zu verwehren, weil diese Wildtiere wie menschliche Primaten, Elefanten, Großbären, Nashörner, Flusspferde und Giraffen mit sich führen. Solche kommunalen Entscheidungen würden gegen die Berufsausübungsfreiheit und den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen.
Die LDS weist darauf hin, dass die Gesetzgebungsbefugnis für den Tierschutz beim Bund liege. Dieser sei bereits mehrmals vom Bundesrat aufgefordert worden, die tierschutzrechtlichen Bestimmungen zu ändern. Dies sei bisher aber nicht geschehen. „Bei allem Verständnis für tierschutzrechtlichen Einsatz bleibt eine bundesgesetzliche Regelung abzuwarten“, heißt es in dem Schreiben, das von Helmut Koller unterzeichnet ist, dem Abteilungsleiter Inneres, Soziales und Gesundheit.
Die Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen haben im März den interfraktionellen Antrag „Verbesserung des kommunalen Wildtierschutzes“ in die Gremien des Stadtrates eingebracht. Darin wird vorgeschlagen, die Nutzung kommunaler Flächen nur noch Zirkusbetrieben und Tierschauen zu ermöglichen, die weder Affen noch Elefanten, Großbären, Giraffen, Nashörner und Flusspferde mit sich führen. Die SPD unterstützt die Initiative nicht, der Antrag ist bislang noch nicht debattiert worden.
In der Begründung heißt es, dass eine artgerechte Haltung der genannten Tierarten in reisenden Zirkussen und Tierschauen nicht möglich sei. Zahlreiche Städte hätten bereits Maßnahmen ergriffen, um den Wildtierschutz zu verbessern. Diese seien geprüft und für zulässig erklärt worden, heißt es selbstbewusst in dem Antrag, in dem ein Urteil des Verwaltungsgerichts München von 2014 zitiert wird. Es sei geboten, solche Maßnahmen auch in der Landeshauptstadt Dresden zu ergreifen.
Das Urteil aus München sei bekannt, überzeuge aber nicht, so die LDS. Inzwischen gibt es mit einem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg (Niedersachsen) vom März 2017 bereits eine obergerichtliche Rechtsprechung, die von der Rechtswidrigkeit eines kommunalen Verbots ausgeht.
Von Thomas Baumann-Hartwig