Jahresbilanz des Tierheims Dresden – Neuer Chef, eine Krise und viele Spenden

Gut, dass er auf einem Bauernhof inmitten von Tieren aufgewachsen ist, denn nun trägt er Verantwortung für Hunderte davon: Florian Hanisch ist seit zwölf Wochen der neue Leiter des städtischen Tierheims in Stetzsch. Doch erst jetzt stellte die Stadt den 34-Jährigen, der auf den seit Februar im Ruhestand befindlichen langjährigen Leiter Hanns-Hendrik Kluge folgte, offiziell vor. „Jeder Tag im Tierheim ist anders“: „Mein Beginn war etwas turbulent“, erzählt der gelernte Zootierpfleger. Als er am 16. März sein Amt antrat, hatte er genau jene Woche erwischt, in der in Sachsen die Zahl der Neuinfektionen mit dem Corona-Virus durch die Decke ging. Als er sich einarbeiten sollte, war er sofort mit einer Krise konfrontiert. An seinem zweiten Arbeitstag musste er das Heim für den Besucherverkehr schließen. „Wir mussten auch unser Team aufspalten. Deshalb lerne ich erst jetzt infolge der ersten Lockerungen überhaupt alle Helfer und Gassigeher kennen“, berichtet der gebürtige Klipphausener, der nach seiner Ausbildung im Zoo Dresden unter anderem als Tierpfleger im Wildgehege Moritzburg tätig war, sich 2018 zum Tierpflegemeister weiterbildete und zuletzt den Tierpark Riesa leitete. „Jeder Tag im Tierheim ist anders, das ist das Schöne“, sagt Florian Hanisch. Lesen Sie auch: Dresdens neuer Tierheim-Leiter im Interview - mitten in der Corona-Krise Von Kluge hat er ein eingespieltes Team mit acht Mitarbeitern in einer funktionierenden Einrichtung übernommen, deren Aufnahmezahl bereits seit 2015 bei reichlich 1000 Neutieren pro Jahr stagniert. Wie Lutz Meißner, Abteilungsleiter Tierschutz und Tierseuchenbekämpfung beim Dresdner Veterinäramt, bilanzierte, wurden im vergangenen Jahr 301 Hunde abgegeben. Davon waren 127 Fundhunde, 116 Tiere in Zwangspflege und 58 von Besitzern abgegebene Hunde. Fundkatzen werden selten abgeholt: Hinzu kommen insgesamt 378 Katzen sowie 381 andere Tiere. Darunter sticht besonders der Anteil von 274 Fundkatzen ins Auge. Während fast drei von vier Fundhunden von Herrchen oder Frauchen wieder abgeholt werden (93 Tiere), geht nicht mal jede siebente Fundkatze an ihren Besitzer zurück. „Da ist noch Spielraum nach oben. So viele Adressen gibt es ja schließlich nicht, wo man sein vermisstes Tier suchen könnte“, mahnt Lutz Meißner. Im Jahr 2019 hat das Tierheim 572 Tiere vermittelt: 99 Hunde, 183 Katzen und 290 sonstige Tiere. Aktuell leben im Tierheim 25 Hunde, 44 Katzen und 14 sonstige Tiere, darunter auch Exoten wie Wasserschildkröten, Kornnattern, Bartagamen, Königspython und eine Gouldamadine, ein australischer Ziervogel. Die Gesamtzahl mag gering anmuten, doch gerade manche Hunde finden seit Jahren keinen neuen Besitzer. Zu den Gründen zählen ihr Alter, mangelnde Erziehung sowie mitunter die Gefährlichkeit und deren Folgen, zu denen auch ein gesondertes Erlaubnisverfahren beim Ordnungsamt gehört. Hoch sei weiter die Zahl der Tiere in Zwangspflege. Dazu kommt es, wenn die Besitzer im Krankenhaus liegen, in Haft müssen oder gestorben sind, ihre Tiere vernachlässigt haben oder gegen das sächsische Gefahrenhunderecht verstoßen. Die Kosten für die Zwangspflege haben die Besitzer zu tragen, doch sie kommen dem oft nicht nach. Deshalb blieb das Tierheim 2019 auf Kosten von 21.540 Euro sitzen, die es nun mit Mahnungen eintreiben muss. „Erschreckend ist, dass manche Tierhalter keinerlei finanzielle Reserven für solche Fälle, Tierarztbesuche und dergleichen zu haben scheinen“, ärgert sich Meißner. Mögliche B 6-Verlegung produziert Unsicherheit: Doch der 56-Jährige kann auch Positives vermelden: Der Spendenbestand durch Dauerspender und aus der Spendenbox im Tierheim liege bei 57.400 Euro, hinzu kommen 521.900 Euro an Nachlässen. „Das erleichtert die Arbeit und zeigt, dass die Dresdner die Leistung des Tierheimes schätzen. Meinen Dank an alle, die das unterstützen“, betonte Bürgermeister Detlef Sittel (CDU). Wegen der Unsicherheiten, die eine mögliche Verlegung der B 6 in Cossebaude und Stetzsch für das Tierheim bringt, sei man 2019 etwas zurückhaltender damit gewesen, dieses Geld in Bauarbeiten und Ausrüstung zu stecken. Problematisch sei nach wie vor auch die große Menge an Hunden, die aus dem Ausland, vor allem aus Ungarn, Rumänien oder Spanien, kommen und über Tierschutzvereine oder aus der völligen Illegalität den Weg ins Tierheim finden – 48 Hunde im letzten Jahr. Deren Papiere haben viel zu häufig Mängel. Oft sind die Tiere krank. Und viel zu oft passe es einfach nicht zwischen dem neuen Besitzer und seinem Hund, der nicht selten auch ein Problem mit dem neuen Großstadtleben hat. Übrigens hat das Tierheim seit 11. Mai wieder zu den normalen Zeiten geöffnet. Jedoch werden nur Interessenten mit konkretem Anliegen eingelassen. Das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes ist weiter Pflicht. Gebeten wird um telefonische Anmeldung: 0351/452 03 52. Von Stefan Schramm

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