Hunderte Traktoren tuckerten durch Dresdens Innenstadt

Bauern aus ganz Sachsen fluteten am frühen Freitagmorgen Dresdens Innenstadt mit ihren Traktoren. Die Polizei schätzte die Zahl auf 700, der Veranstalter hingegen verkündete, dass die Zahl von 1000 weit übertroffen worden sei. Ab fünf Uhr rollten die Landwirte zur Sternfahrt Richtung Regierungsviertel. Denn zwischen Staatskanzlei und Wirtschaftsministerium fand eine Kundgebung statt. Sie war Teil einer bundesweiten Aktion, zu der die Initiative „Land schafft Verbindung“ aufgerufen hatte. Anlass für die Proteste ist das Freihandelsabkommen zwischen EU und Südamerika und die neue Düngeverordnung, über die derzeit im Bundestag debattiert wird. Bei Letzterer sorgen vor allem zwei Anträge der Grünen für Verärgerung. Diese fordern zum einen eine unverzügliche Verschärfung der Düngeverordnung und zum anderen einen konsequenteren Gewässerschutz. Dirk Andresen, Sprecher der Initiative „Land schafft Verbindung“, kritisierte in einem Video, dass die Düngeverordnung weder faktenbasiert noch wissenschaftlich fundiert sei und daher der Umwelt nicht nütze, sondern lediglich die Existenzängste der Landwirte verstärke. Kein Verkehrschaos in Dresden: Die Bauern kamen aus dem Vogtland, dem Leipziger Raum, der Oberlausitz und aus Görlitz, um in Dresden ihrem Ärger über die Agrarpolitik der Bundesregierung Luft zu machen. Ihre Traktoren stellten sie überall im Zentrum ab, vor allem aber auf der Albert-, Carola- und Marienbrücke, Wigardstraße und Köpckestraße. Die Carolabrücke war laut Polizei am frühen Morgen kurzzeitig voll gesperrt. Das vorab befürchtete große Verkehrschaos blieb allerdings aus. Zum einen stellten die Landwirte ihre Traktoren auf den Brücken so ab, dass noch mindestens eine Spur befahrbar war. Zum anderen hatte die Stadt schon am Vortag geraten, zum Beispiel über die Waldschlößchenbrücke sowie das Blaue Wunder auszuweichen. Dem waren offensichtlich viele Autofahrer gefolgt. Dennoch kam es auch auf diesen beiden Brücken laut Polizei nicht zu Staus. Sprecher Lukas Reumund bezeichnete die Abläufe „friedlich und gesittet“. Sachsens Landwirte gegen neue Düngeverordnung: Die Organisatoren hatten drei Uhr morgens mit dem Aufbau der Bühne an der Staatskanzlei begonnen. Pünktlich um neun Uhr startete schließlich die Kundgebung, bei der aber überwiegend Politiker sprachen. Schade, dass nicht mehr Bauern zu Wort kamen. „Wir müssen Flagge zeigen gegen das, was die Regierung hier abzieht“, sagte uns Stefan Herschmann. Der Landwirt war extra mit dem Traktor aus Görlitz angereist. „Mit der Düngeverordnung werden uns nur noch mehr Steine in den Weg gelegt. Hinzu kommt das Freihandelsabkommen mit Südamerika,mit dem wir kein Geld verdienen. Und dann wundern sich die Leute, warum in Deutschland die Qualität des Fleisches sinkt.“ Landwirt Andreas Neudeck war derselben Ansicht. Der Landmaschinenhändler kam ebenfalls aus Görlitz. „Wir haben das Gefühl, dass Dinge über unseren Kopf hinweg entschieden werden. Aber wir möchten auch mitreden! Wir alle machen uns Sorgen über unseren Berufsstand.“ Dresdner zeigten sich solidarisch: Vor Ort zeigten sich die Dresdner solidarisch mit den Landwirten, so auch Bernd Gottlöber. Er beklagte die fehlende Wertschätzung in der Bevölkerung für regionale Produkte. Für ihn war es selbstverständlich, an der Kundgebung teilzunehmen. „Wir brauchen kein Rindfleisch aus Südamerika! Was wir brauchen, ist Rindfleisch aus Sachsen. Es geht um Qualität. Das Essen muss dort produziert werden, wo es verkauft wird.“ Dabei bezog sich Gottlöber auf das Mercosur-Abkommen, dem Freihandelsabkommen zwischen EU und Südamerika. Ein anderer Teilnehmer fügte Gottlöbers Ärger empört hinzu: „Aktuell kostet ein Kalb 10,45 Euro. Nicht das Schnitzel, sondern das ganze Kalb, 14 Tage alt!“ Und doch fanden die zahlreichen Traktoren in der Stadt nicht bei allen Dresdnern Zuspruch. Bei der Anfahrt am frühen Morgen warfen Unbekannte im Bereich der Südhöhe Eier auf die Traktoren. Gegen elf Uhr kam die Kundgebung zum Abschluss. Sämtliche Bauern warfen ziemlich zeitgleich die Motoren ihrer Traktoren an und fuhren los. Binnen weniger Minuten war der Platz wie leer gefegt. Und während die Bauern wieder durch die Innenstadt heimwärts tuckerten, gaben sie noch ein letztes ohrenbetäubendes Hupkonzert. Von Sabrina Lösch

Dresden - Hunderte Traktoren tuckerten durch Dresdens Innenstadt – das waren die Eindrücke