Feuerwehr Dresden: So läuft das Löschen von Elektroautos

Die Zahl der Elektroautos steigt, über die Gefährlichkeit der Fahrzeuge vor allem im Falle eines schweren Unfalls wird heiß diskutiert. Filme auf der Videoplattform Youtube zeigen, dass ein Batteriebrand nicht so ohne Weiteres zu löschen ist. Wie ist die Dresdner Feuerwehr auf solche Fälle vorbereitet? Eine Analyse. Wie gefährlich sind E-Autos bei Unfällen und Bränden? „E-Autos sind nicht gefährlicher als Benziner oder Diesel. Das heißt, E-Autos brennen nach einem Unfall prozentual gesehen nicht häufiger als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor“, sagt Florian Heuzeroth, Sprecher des ADAC Sachsen e.V. Er verweist auf die hohen Sicherheitsanforderungen bei allen Autos und Crashtests, bei denen verschiedene Elektroautos getestet wurden. Generell werde im Fall eines Unfalls durch die Crashsensorik das Hochvoltsystem des Fahrzeugs sofort abgeschaltet. Eine Selbstentzündung der Antriebsbatterie eines Elektroautos ohne mechanische Einwirkung aufgrund eines technischen Defektes sei extrem selten. Konstruktiv liege großes Augenmerk darauf, eine Deformation beziehungsweise Beschädigung der Antriebsbatterien im Unterboden der Fahrzeuge bei einem Unfall weitestgehend auszuschließen. „Die Akkus sind so stabil gebaut, dass kaum etwas passieren kann“, sagt Florian Heuzeroth weiter. Aber gänzlich ausgeschlossen werden kann es eben nicht. Wo liegt das Problem, wenn die Batterie in Brand gerät? Wird die Batterie bei einem schweren Unfall beschädigt und gerät dann in Brand, wird es allerdings schwierig. Denn dann lässt sie sich nicht so ohne Weiteres löschen. „Die Rückzündung ist das Problem“, sagt Brandrat Björn Petrick, Sachgebietsleiter Einsatzvorbereitung bei der Dresdner Feuerwehr. Denn eine Batterie besteht aus vielen kleinen Zellen. Sobald eine dieser Zellen beschädigt wird, kann es zu einem Kurzschluss kommen. Dabei entsteht große Hitze, wodurch sich die Zelle entzündet und eine Kettenreaktion in Form von permanenten Kurzschlüssen in Gang gesetzt wird. Dadurch wird der Brand immer wieder aufs Neue entfacht. Für die Feuerwehr bedeute das, dass sie beim Brand eines Elektrofahrzeuges sehr viel mehr Wasser einsetzen müsse als bei einem Verbrenner, sagt Björn Petrick. „Denn ein Elektroauto, das optisch erst einmal gelöscht ist, kann sich immer wieder entzünden und muss deshalb über einen sehr langen Zeitraum – das können bis zu sieben Tage sein – überwacht werden.“ Ist die Dresdner Feuerwehr auf solche Fälle vorbereitet? Grundsätzlich ja. Allerdings sei die Feuerwehr bislang nur mit brennenden Akkus von Handys, Laptops und E-Bikes konfrontiert worden, mit einem brennenden Elektroauto noch nicht. „Wir arbeiten eng mit der VW-Manufaktur hier vor Ort zusammen, haben uns den Aufbau der Fahrzeuge angesehen und erklären lassen, wo das Problem liegt“, sagt Andreas Rümpel, Leiter des Brand- und Katastrophenschutzamtes Dresden. Die Feuerwehr sei darauf vorbereitet, dass sie viel mehr Wasser beim Brand eines Elektroautos einsetzen müsse. „Wir löschen den Brand und verhindern dessen Ausbreitung. Aber wir sehen unsere Aufgabe nicht darin, die Fahrzeuge mit brennenden Akkus Langzeit zu behandeln“, macht der Dresdner Feuerwehrchef deutlich. Deshalb werde die Dresdner Feuerwehr auch keinen Löschcontainer, wie ihn die Werkfeuerwehr der VW-Manufaktur vorhalte, anschaffen. „Aus unserer Sicht müssen sich um das Problem Fahrzeugeigentümer, Versicherer und die freie Wirtschaft – also Abschleppfirmen – kümmern“, sagt Andreas Rümpel. Schaffen sich jetzt Abschleppfirmen Löschcontainer an? Der Verband der Bergungs- und Abschleppunternehmen (VBA) will sich nicht den Schwarzen Peter zuschieben lassen. „Die Feuerwehr macht es sich einfach. Natürlich sind die originär verpflichtet, einen Brand zu löschen und Gefahren abzuwehren. Wenn eine Strohscheune brennt, muss ja dann auch eine Brandwache erfolgen“, wendet Michael Dzakovic, der Erste Vorsitzende des VBA ein. Er räumt aber ein, dass auch die Feuerwehren bei diesem Problem gerade im Regen stehen würden. Selbst wenn sich ein Abschleppunternehmen einen solch teuren Löschcontainer anschaffen würde, und diesen tatsächlich durch Versicherungsleistungen refinanzieren könnte, bleibe ein großes Risiko, sagt Frank Oberste-Berghaus, VBA-Vorstand und Leiter der Technischen Akademie für das Bergungs- und Abschleppwesen GmbH. „Was ist, wenn eine Abschleppfirma ein verunglücktes E-Auto, dessen Batterie Wärme entwickelt, aber noch nicht brennt, sicherheitshalber im Wasserbad versenkt? Muss die dann mit einer Schadenersatzforderung rechnen, wenn sich hinterher rausstellt, dass das nicht nötig gewesen wäre?“, benennt Frank Oberste-Berghaus ein Problem. Ebenso sei der Abtransport eines Löschcontainers mit Auto und voller Wasser schwierig. Und es gäbe keinen exakten Schlüssel, um das kontaminierte Wasser aus einem Löschcontainer zu entsorgen. „Wir sind alle im Moment sehr tief im Sumpf der Ahnungslosigkeit unterwegs“, sagt Michael Dzakovic angesichts dieser offenen Fragen. „Keiner hat klare Vorgaben, es gibt keine Richtlinie, die den Umgang mit solchen verunfallten Fahrzeugen regelt. Es bedarf einer verbindlichen Ansage aus der Politik, wer originär verantwortlich ist.“ Ein Arbeitskreis aus dem Verband der Automobilindustrie, dem VBA sowie Feuerwehren und Rettungsdiensten würden aber jetzt einen Plan entwickeln, wie man vorgehen könne, sagt Frank Oberste-Berghaus. Vielleicht sind auch Löschdecken, die verschiedene Hersteller gerade auf den Markt bringen, die Lösung. Warum ist die Rettungskarte wichtig? „Für uns ist beim Lösch- beziehungsweise Rettungseinsatz immer wichtig zu wissen, um was für einen Fahrzeugtyp es sich handelt“, betont Andreas Rümpel von der Dresdner Feuerwehr. „Gerade bei der Bergung müssen wir wissen, wo Airbags und spannungsführende Teile am Auto sind, damit sich die Kameradinnen und Kameraden nicht noch selber gefährden.“ Andreas Rümpel empfiehlt jedem Autobesitzer – nicht nur denen von Elektroautos – sich beim Hersteller seines Fahrzeuges eine entsprechende Rettungskarte herunterzuladen, diese auszudrucken und hinter die Sonnenblende zu klemmen. Auch über die Internetseite des ADAC gelangt man zu diesen Rettungskarten. Der Verband der Bergungs- und Abschleppunternehmen hält die Rettungskarte nicht für ausreichend, sondern fordert eine gesetzliche Kennzeichnungspflicht von batteriebetriebenen Fahrzeugen. Nicht nur für Feuerwehrleute, sondern auch für andere Helfer bei Panne und Unfall sei es wichtig, schnell zu wissen, „ob sie im schlimmsten Fall mit Stromschlägen und Explosionen durch Schäden am Akku rechnen müssen“, sagt Michael Dzakovic. Zahl der Autos mit Elektroantrieb in Dresden: 629 elektrisch angetriebene Autos waren Stand 1. Januar 2020 in Dresden zugelassen. Tendenz steigend. Zahl der Autos mit Elektroantrieb in Sachsen: 2430 Autos mit Elektroantrieb gab es zum 1. Januar 2019 in ganz Sachsen. Ein Jahr später waren es bereits 3438. Zum 1. Juli 2020 – also nur ein halbes Jahr später – ist die Zahl auf 4439 Elektroautos gestiegen. Das ist im Vergleich zum Gesamtbestand zugelassener Personenkraftwagen in Sachsen von 2 168 189 zwar immer noch verschwindend gering. Aber das wird, so wie politisch die Weichen gestellt sind, nicht so bleiben. Zahl der Autos mit Elektroantrieb in allen Bundesländern (geordnet nach Einwohnerzahl) im Vergleich: Nordrhein-Westfalen (17 947 000 EW) 33 852 Bayern (13 125 000 EW) 36 793 Baden-Württemberg (11 108 000 Einwohner) 30 163 Niedersachsen (7 994 000 EW) 18 162 Hessen (6 288 000 EW) 13 475 Rheinland-Pfalz (4 094 000 EW) 7297 Sachsen (4 072 000 EW) 4439 Berlin (3 769 000 EW) 5620 Schleswig-Holstein (2 904 000 EW) 6696 Brandenburg (2 522 000 EW) 3361 Sachsen-Anhalt (2 195 000 EW) 1774 Thüringen (2 133 000 EW) 3715 Hamburg (1 847 000 EW) 4300 Mecklenburg-Vorpommern (1 608 000 EW) 1376 Saarland (987 000 EW) 1410 Bremen (681 000 EW) 917 Quelle: Einwohnerzahl (gerundet): Statist. Bundesamt und Statist. Landesämter (Stand 31. Dezember 2019); Kraftfahrtbundesamt (Stand 1. Juli 2020) Von Catrin Steinbach