Valentinstag im Lockdown: Balsam für die Seele oder überflüssig?

Der Ursprung des Valentinstags recht zurück ins dritte Jahrhundert. Seitdem wird der Tag kommerzialisiert und kritisiert. Aber vielleicht brauchen wir in gerade jetzt? Ein Pro und Contra. Balsam für die pandemiegeschundene Seele: In Südkorea versammeln sich Menschen am 14. April, um miteinander Nudeln in schwarzer Soße zu essen. Dazu tragen sie schwarze Klamotten und schwarzen Nagellack. Dabei handelt es sich nicht um einen Leichenschmaus, sondern um ein kollektives Bejammern der Partnerlosigkeit. Der sogenannte „Black Day“ dient in Südkorea allen, die zwei Monate zuvor, am Valentinstag, leer ausgegangen sind. Warum haben wir hierzulande nicht so einen Feiertag? Er wäre eine wunderbare Gelegenheit für alle Valentinstagsgegner, ihren Frust gebündelt loszuwerden, anstatt ihn den Liebenden zwei Monate zuvor um die Ohren zu hauen. Von wegen Liebe, alles nur Kommerz, heißt es immer. Blumen, Schmuck, Restaurantbesuche und Wellnesswochenenden – wer den Valentinstag adäquat feiern will, muss Geld ausgeben, behaupten seine Gegner und freuen sich, dass der Lockdown dem diesjährigen Liebeskommerz einen Strich durch die Rechnung macht. Dabei hatten wir den Valentinstag noch nie so nötig wie in diesem Jahr! Nach zwölf Monaten Corona sind die Menschen ausgelaugt, Singles einsam, Familien frustriert, Senioren verlassen. Im Endloslockdown brauchen wir ein bisschen Zuwendung, ein paar liebe Worte mehr denn je. Anstatt also den Valentinstag, wie alles andere auch, abzusagen, sollten wir ihn ausweiten – auf Freunde und Familie, Bekannte und Unbekannte! Andere Länder machen es vor: Die Finnen feiern am 14. Februar den „Tag der Freunde“ und verschicken anonyme Karten und Geschenke. Die Schweden begehen den „Tag aller Herzen“ und in der libanesischen Stadt Sidon herzt man die ganze Familie. Außerdem: Wer den Valentinstag nur im Schatten des Kapitalismus betrachtet und ihn deshalb aus dem Kalender streichen will, macht es sich zu einfach. Schließlich kann man auch ohne klingelnde Kassen zelebrieren – in diesem Jahr einfacher denn je! Dank verriegelter Restaurants und verschlossener Blumenläden müssen die Menschen endlich wieder ihre Kreativität benutzen, wenn es ums Beschenken geht. Lesen Sie auch Valentinstag in Corona-Zeiten? Wie Sie sich trotzdem einen schönen Tag machen können Wem das nicht gelingt, der kann googeln. Das Internet offeriert einen bunten Blumenstrauß an coronakonformen Geschenkideen, von der selbstgemixten Playlist mit gemeinsamen Lieblingsliedern, über das gute alte Gutscheinglas bis zum Wellnessabenteuer im eigenen Badezimmer. Und selbst für Fernbeziehungen gibt es jetzt eine Lösung: übers Smartphone ferngesteuertes Sexspielzeug. Ja, auch hier fließt Geld. Doch wenn die konsumkritischen Valentinstagsgegner in sich hineinhorchen, werden sie schmerzlich erkennen müssen, dass auch sie nichts gegen eine kleine Aufmerksamkeit hätten, ob nun gekauft oder nicht. Zumal das Beispiel Saudi-Arabien zeigt, welche fatalen Folgen eine Verdammung des 14. Februar haben kann. Nachdem man den Verkauf von Valentinstagskitsch (weil christlicher Feiertag) verboten hatte, ist dort ein Schwarzmarkt für Rosen und Geschenkpapier entstanden. Wer den Valentinstag abschaffen will, verschreckt nicht nur die Herzen, sondern ebnet gleichermaßen den Weg in die Illegalität. Eine hohle Tradition mit fragwürdigem Ursprung: Der Valentinstag gehört den frisch Verliebten, den glücklichen und minder zufriedenen Paaren. Jahr für Jahr beanspruchen sie den 14. Februar für sich, teilen ihre Liebe ungefragt mit der Welt. Menschen rund um den Globus zelebrieren den 14. Februar als Tag der Liebe, ohne dessen Ursprung zu kennen. Dabei lohnt sich ein Blick in die Geschichte. Im Christentum war der Valentinstag einst ein Gedenktag für den Bischof Valentin von Terni. Um den Heiligen – er lebte im 3. Jahrhundert – gibt es ebenso viele Legenden wie Theorien zum Valentinstag. Zum Beispiel soll der Bischof in Italien Soldaten mit ihren Liebsten verheiratet haben, was seinerzeit verboten war. Einer anderen Geschichte zufolge hat Valentin von Terni Verliebten Blumen aus seinem Garten geschenkt. Er soll als Wunderheiler bekannt gewesen sein und sich für die Liebe eingesetzt haben. Am 14. Februar 269 nach Christus wurde der Vater des Valentinstages hingerichtet. Damit ging er als Märtyrer in die Geschichte ein und erhielt einen Gedenktag. Im 14. Jahrhundert entwickelte sich schließlich die Tradition, den 14. Februar als Tag der romantischen Liebe zu feiern. Damals glaubten die Menschen daran, dass eine junge Frau den ersten Mann, den sie am Valentinstag sieht, heiraten würde. Aus diesem Grund gingen viele Männer an diesem Tag möglichst früh am Morgen zu ihrer Angebeteten, um ihr einen Blumenstrauß zu überreichen. Was aus dieser Geschichte nicht hervorgeht, ist, inwiefern die Frau im Mittelalter überhaupt Mitbestimmungsrecht bei der Eheschließung hatte. Dieses Beispiel zeigt, worum es beim Valentinstag tatsächlich geht – nämlich darum, uralte Traditionen mit fragwürdigen Ursprüngen am Leben zu erhalten. Was wir da aber zu schützen versuchen, sind geschlechterspezifische Rollenbilder, die alles andere als zeitgemäß sind. Erschaffen vor Hunderten von Jahren vom damals übermächtigen Mann, der seine eigenen Interessen durchsetzen wollte. Die großen Gewinner am Valentinstag sind der Mann, und die Wirtschaft, die sich eines weiteren kommerzialisierten Feiertages erfreut. Denn trotz jahrzehntelangem Kampfes um Gleichstellung von Mann und Frau werfen Wohlstandsfeministinnen ihre Überzeugungen über Bord und lassen sich von ihrem Mann beschenken mit Pralinen, Blumen und Schmuck. Nicht wenige Frauen schlüpfen in aufreizende Dessous und bereiten zuhause ein romantisches Candle-Light-Dinner vor. Weil man das eben so macht am Valentinstag. Neben veralteten Rollenbildern suggeriert uns der Valentinstag, dass es nur ein Beziehungsmodell gibt, das in einer kapitalistischen Gesellschaft beachtet wird: Monogamie. Warum sonst gibt es noch keinen Tag für Homosexuelle, für Polygame, für Menschen mit offenen Beziehungen und für glückliche Singles? Durch Corona sind derzeit romantische Abendessen genauso unmöglich wie Wochenendausflüge. Vorschlag: Auch nach der Pandemie muss man nicht alles so machen, wie davor. Lassen wir den Valentinstag da, wo er hingehört: in der Vergangenheit. Von Laura Catoni und Sabrina Lösch

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