Dresden: Häftlinge haben nicht genug Arbeit

Es gibt Produkte, die können die Dresdner einfach am besten. Christstollen zum Beispiel. Und so verwundert es auch nicht, dass der Renner aus dem Dresdner Gefängnis ein Striezel ist, wie Justizministerin Katja Meier (Grüne) in Erfahrung gebracht hat. Denn das mit 782 Haftplätzen größte Gefängnis im Freistaat ist wie alle Justizvollzugsanstalten auch ein Arbeitgeber mit Bäckerei, Wäscherei, Polsterei, Schlosserei und weiteren Gewerken. An arbeitswilligen Insassen fehle es in der JVA nicht, die derzeit mit etwa 740 Häftlingen ganz gut belegt sei, sagt Thomas Hellmich. Dennoch hätten nur reichlich 300 Männer in dem Komplex am Hammerweg auch eine geregelte Beschäftigung, schränkt der Referatsleiter im Justizministerium ein. Das vor allem ist ein Grund, warum Leiterin Rebecca Stange am Montag 40 Unternehmer aus Sachsen in die JVA eingeladen hat. Denn in den letzten Jahren haben die Aufträge aus der privaten Wirtschaft an Gefängnisbetriebe nachgelassen, wie Thomas Hellmich bedauernd bilanziert. Dresden stehe mit mehr als 20 Auftraggebern, von denen allerdings keiner in der Öffentlichkeit genannt werden will, noch vergleichsweise gut da. Arbeit spielt bei der Resozialisierung eine wichtige Rolle: Das Thema ist schambesetzt, obwohl eine geregelte Beschäftigung doch für die Gefängnisinsassen so wichtig sei, wie Katja Meier betont. Denn nur wer feste Strukturen gewohnt sei, einen Schulabschluss und eine Ausbildung nachweisen könne, habe gute Chancen, nach Verbüßen seiner Haftstrafe in der Gesellschaft anzukommen. Arbeit spiele bei einer Resozialisierung eine große Rolle. Dabei müssen viele JVAs auch erstmal die Rolle eines Bildungsinstituts übernehmen. Ein Viertel der Häftlinge in Sachsen habe keinen Schulabschluss, 40 bis 45 Prozent keine Berufsausbildung, sagt Jürgen Eichler, der ebenfalls Referatsleiter im Justizministerium ist. Im Gefängnis können sie deshalb Haupt- und Realschulabschlüsse nachholen und über ein besonderes Programm auch das Abitur ablegen. Die Berufsausbildung läuft oft modal, weil die meisten Insassen zu kurze Haftstrafen haben, um eine komplette dreijährige Ausbildung zu absolvieren. Die Module sind so abgestimmt, dass die Berufsausbildung nach Ende der Haft komplettiert werden kann. Auch dazu werden zwischen JVA, Ministerium und Wirtschaft viele Gespräche geführt – will man doch die Berufe ausbilden, die auch gefragt sind. Häftlinge bekommen bis zu 400 Euro im Monat: Ähnlich ist das bei den Dienstleistungen für private Unternehmen. Man wolle ins Gespräch kommen und sich kennenlernen, sagt Rebecca Stange. Um die Kooperation zu vertiefen, hat sie am Montag eine Vereinbarung mit dem Bundesverband mittelständischer Wirtschaft geschlossen. Ein paar Produkte aus Häftlingshand kann man im Internet im sogenannten Gitterladen einsehen. Die Gefängnisinsassen können aber noch viel mehr, wie Rebecca Stange betont. So sei die Dresdner Tischlerei für ihre Einzelanfertigungen – etwa Tresen für Arztpraxen – bekannt. In der Kfz-Werkstatt sei es inzwischen schwer, einen Termin zu bekommen, weil insbesondere die Pflege- und Reinigungsarbeiten nachgefragt werden. Über vieles könne man sich abstimmen. Das trifft auch auf jeden Unternehmer zu, der einen Teil seiner Produktion ins Gefängnis auslagern will. Die Anstalt stellt dabei die Räume und die Anschlüsse für Strom, Wasser und dergleichen – und natürlich die Arbeitskraft. „Die Kosten dafür werden individuell ausgehandelt“, sagt Rebecca Stange. Sie liegen aber unter den sonst üblichen Fertigungskosten, weil die Insassen nur mit 200 bis 400 Euro im Monat entlohnt werden. „Hinzu kommen da aber noch die Kosten für ihre Unterbringung“, betont die JVA-Leiterin. Keiner der Betriebe arbeite profitabel, man sei auf die Förderung vom Europäischen Sozialfond angewiesen. Gewinner der Arbeitsaufträge seien die Insassen. „Eine Übernahme durch einen Betrieb nach Haftende ist der Hauptgewinn“, sagt Thomas Hellmich. Internet: www.eshop.sachsen.de ; www.justiz.sachsen.de/jvadd Von Uwe Hofmann