Dresden: Zwischen Pogromgedenken und Hakenkreuzplakat

Mit Mahnwachen an der Synagoge und an Stolpersteinen haben Dresdner am Montag der Reichspogromnacht vor 82 Jahren gedacht. Unter anderem Landtagspräsident Matthias Rößler (CDU), Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) und Vertreter der Jüdischen Gemeinde trafen sich an der Stele am Hasenberg zur stillen Kranzniederlegung. Eine öffentliche Gedenkveranstaltung gab es pandemiebedingt nicht. Etwa 70 Menschen versammelten sich auf Initiative der Grünen zu einer Mahnwache an der Synagoge. Transparente Aufarbeitung der Fehlentscheidung gefordert: Entsetzt haben verschiedene Initiativen und die Jüdische Gemeinde darauf reagiert, dass Pegida am Abend auf den Altmarkt demonstrieren durfte – mit dem selbst der AfD zu rechtsextremen Andreas Kalbitz als Gastredner. Der Beauftragte für jüdisches Leben, Dr. Thomas Feist, sagt dazu: „Die Fassungslosigkeit und Empörung der Jüdischen Gemeinde zu Dresden ist für mich nachvollziehbar.“ Das Reden vom „Nie wieder!“ sich müsse sich auch im Handeln der zuständigen Verwaltung wiederfinden, um seine Glaubwürdigkeit nicht zu verlieren. „Das mindeste, das die Stadtverwaltung nun tun kann, ist die transparente Aufarbeitung dieser Fehlentscheidung, um Folgende für immer auszuschließen. Ich bin gern bereit, darüber mit der Verwaltungsspitze ins Gespräch zu kommen“, so Feist. Oberbürgermeister Hilbert erklärte dazu: „Es ist für mich und für alle, die an diesem Tag der Opfer des Nationalsozialismus gedenken, nur schwer erträglich, wenn rechtsradikale Parolen und Hetze auf Demonstrationen an diesem Tag verbreitet werden. Aber weder das Grundgesetz noch das sächsische Versammlungsgesetz bieten eine Grundlage, das Recht auf Versammlungsfreiheit an diesem in der deutschen Geschichte so schicksalhaften Tag einzuschränken.“ Kalbitz-Auftritt bei Pegida „eine widerwärtige Provokation“: Für den Dresdner SPD-Chef Albrecht Pallas ist der Auftritt von Kalbitz „eine widerwärtige Provokation“. Der Ex-AfD-Politiker und Antisemit stehe für alles Schlechte am 9. November. „Sein Auftritt, sein Geschichtsrevisionismus und der absurde Versuch der Vereinnahmung der Friedlichen Revolution durch die AfD sind nie – und schon gar nicht heute – zu ertragen.“ Auf dem für die Versammlung der islamfeindlichen Gruppierung eingezäunten Altmarkt sorgte die Polizei dafür, dass Abstände und die Pflicht, Mund und Nase zu bedecken, größtenteils eingehalten wurden. An Einlässen an Kreuzkirche und Seestraße wurde auf die Maskenpflicht hingewiesen, außerdem gingen Beamte in Gruppen Streife im Versammlungsareal. Bei den Kontrollen wurden den Polizisten 76 Atteste hinsichtlich einer Befreiung der Mund-Nasenbedeckung vorgezeigt. In drei Fällen bestand der Verdacht einer Fälschung. Entsprechende Ermittlungsverfahren waren die Folge. Zudem leiteten die Beamten Ordnungswidrigkeitenanzeigen gegen zwei Versammlungsteilnehmer wegen fehlender Mund-Nasenbedeckung ein. Ermittlungen wegen gefälschter Atteste: Ein herrenloses Plakat mit einem nur sehr dünn durchgestrichenen Hakenkreuz stellten sie sicher. Laut der Initiative Hope – Fight Racism versuchte eine Gruppe von Coronaleugnern, ihre eigene Demonstration in der Innenstadt abzuhalten. Die Polizei Dresden bestätigt ein Dutzend Personen, die sich gegen 19.15 Uhr zu einem sogenannten Spaziergang auf dem Neumarkt zusammenfinden wollten. Die Beamten stoppten das Vorhaben, da die Versammlungsbehörde die Aktion als Versammlung einstufte. Laut Polizei zeigten sich die Personen unkooperativ, verließen aber kurz darauf den Platz. Gegen zwei Beteiligte wurden Ermittlungsverfahren eingeleitet. Sie hatten den Beamten Atteste vorgezeigt, bei denen der Verdacht der Fälschung besteht. Von Uwe Hofmann und Christin Grödel

Dresden: Erst Mahnwachen zur Pogromnacht – dann Pegida auf dem Altmarkt