Dresden: Deshalb bleibt die Bürgerstraße ein gefährliches Pflaster für Radfahrer

Es geht eng zu auf der Bürgerstraße in Pieschen. Auf langer Strecke ist beiderseits am Straßenrand das Parken erlaubt. Auf der dadurch knapp bemessenen Fahrbahn drängeln sich zwischen Altpieschen und Harkortstraße Autos, Straßenbahnen der Linie 13 und Radfahrer. Das ist für alle Verkehrsteilnehmer problematisch, müssen doch Autos teils gegenseitig aufeinander warten, weil sie zu breit sind, um aneinander im Normaltempo vorbeizufahren. Bei den Dresdner Verkehrsbetrieben (DVB) ist die Bürgerstraße zudem als eine der Strecken bekannt, deren Gleise am häufigsten durch Falschparker blockiert werden. Besonders gekniffen sind aber Radfahrer. Sie haben die Wahl zwischen zwei Optionen, die beide ihre Nachteile haben. Entweder sie fahren auf dem schmalen Streifen zwischen parkenden Autos und Straßenbahngleisen und riskieren dabei, von einer sich plötzlich vor ihnen öffnenden Autotür gefällt zu werden. Oder sie wahren den empfohlenen Mindestabstand von wenigstens einem Meter zu parkenden Autos, um diese Dooring-Unfälle zu vermeiden. Dafür müssen sie allerdings zwischen den Gleisen fahren, was ein regelkonformes Überholen durch Autos nahezu unmöglich macht – und den Frust gerade bei ungeduldigen Autofahrern erhöht. Von diesen werden sie dann oft viel zu knapp und damit riskant überholt. Problemfall mit höchster Priorität im Radverkehrskonzept: Mit den schlichten Worten „Fahrt neben den Straßenbahngleisen wegen fehlender Sicherheitsabstände zum ruhenden Verkehr zu gefährlich“ wird im 2017 beschlossenen Radverkehrskonzept das Problem beschrieben. Dort wird die Bürgerstraße deshalb als besonders dringlich mit der Priorität eins eingestuft – allerdings gemeinsam mit sehr vielen anderen Problemfällen im Dresdner Verkehrsnetz. Das ist wahrscheinlich ein Grund dafür, dass sich an der konfliktreichen Enge so bald nichts ändern wird, wie SPD-Stadtrat Stefan Engel durch eine Anfrage an Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) in Erfahrung gebracht hat. Stefan Engel hält die Verschiebung jedweder Verbesserung „auf den Sankt-Nimmerleins-Tag“ für „ein Armutszeugnis“, wie er sagt. Schließlich hat die SPD gemeinsam mit anderen eine bald spürbare Verbesserung an dem einen Ende der Bürgerstraße erreicht: Die Harkortstraße wird auf kurzer Strecke asphaltiert, wenn die DVB die Großenhainer Straße sanieren. Das Aus für das holprige Großpflaster soll auf der wichtigen Verbindungsroute zwischen Neustadt und Pieschen besonders die gefährlichen Radfahrten auf der Fahrbahnmitte beenden, wo ein dünner Streifen Asphalt die Straßenbahngleise einbettet und aus Radlersicht den einzig befahrbaren Grund darstellt. Für Stefan Engel ist es unverständlich, dass auf der Bürgerstraße, die eine Weiterführung der Harkortstraße ist, dagegen gar nichts geschehen soll, um die Situation für Radfahrer zu verbessern. OB: Radfahrerpiktogramme dürfen nur auf Radwegen stehen: Dabei geht es ihm gar nicht unbedingt um einen großangelegten Umbau. Stefan Engel hat vorgeschlagen, bis zu einem Umbau Piktogramme auf die Fahrbahn zwischen den Gleisen zu bringen, die Fahrradfahrer zeigen und damit auf den Radverkehr auf der Bürgerstraße aufmerksam machen. Das schließt die Verwaltung jedoch aus, weil diese „Sinnbilder“ nur dort aufgebracht werden dürfen, wo Radfahrstreifen und Schutzstreifen verlaufen. Sie kennzeichneten Fahrbahnen, die hauptsächlich dem Radverkehr zur Verfügung stünden, teilt OB Dirk Hilbert mit. „Es darf Radfahrenden nicht suggeriert werden, dass sie sich auf einem für sie vorgehaltenen Teil der Fahrbahn beziehungsweise in einem für sie besonderen Schutzbereich befinden, den andere Verkehrsteilnehmer nicht oder nur in Ausnahmefällen befahren dürfen“, sagt er. Die Bürgerstraße nutzten schließlich alle. Also keine Piktogramme auf der Bürgerstraße, obwohl Stefan Engel sofort zahlreiche Beispiele in anderen Städten einfallen, in denen die Verwaltung anders entschieden hat. Was in Berlin (Weinbergsweg/Kastanienallee), Mannheim (Seckenheimer Hauptstraße), Halle (Geiststraße), Frankfurt (Mörfelder Landstraße) und Bremen (Vor dem Steintor) gehe, sollte auch in Dresden möglich sein, findet er. „Die Symbole würden dem Radverkehr zeigen, wo er am sichersten unterwegs ist. Und auch dem Autoverkehr würde signalisiert, dass hier mit Fahrrädern zu rechnen ist und diese mit entsprechendem Abstand zu überholen sind.“ Dresden hegt keinerlei Ausbaupläne für die Bürgerstraße: Aber wie ist es dann mit einem Ausbau, der das Problem an der Wurzel packt? Auch da sei nichts geplant, informiert der OB in knappen Worten. Da der Mangel mit einer bloßen Beschilderung nicht zu beheben sei, ruhen alle Planungen in dieser Richtung. Die für einen Umbau habe man noch nicht begonnen, zumal auch die Verkehrsbetriebe viele andere Großprojekte wie die Stadtbahn 2020, die Kesselsdorfer und die Königsbrücker Straße vor sich herschieben und entsprechend noch keinen Umbauwillen für die Bürgerstraße angemeldet haben. An der Bürgerstraße bleibt auf lange Sicht, das heißt für Jahrzehnte, alles wie es ist. Dagegen meldet die Pieschener SPD-Stadtbezirksbeirätin Rebecca Overmeyer Protest an. „Wir erwarten von der Stadtverwaltung ein rasches Umdenken“, sagt sie mit Nachdruck. Denn weil die Bürgerstraße für Radfahrer so gefährlich sei, wechselten viele Radler auf den Bürgersteig, wo sie für Passanten zum Problem werden. Da rings um die Bürgerstraße viele Schulen und Kitas gelegen seien, dulde die Problemlösung keinen Aufschub. „Auch Tempo 30 könnte die Verkehrssicherheit verbessern“, findet die SPD-Politikerin. Auf einen gleichlautenden Vorschlag Stefan Engels hat OB Dirk Hilbert in seiner Antwort nicht reagiert. Von Uwe Hofmann