Dresden: Bleibt es bei der grünen Welle an der Bergstraße?

Berg und Welle – im Dresdner Süden kommt beides zusammen. Seit Mitte Dezember können Autofahrer auf der Bergstraße – zumindest tagsüber – auf einer grünen Welle reiten. Im kurzen Abschnitt zwischen Fritz-Foerster-Platz und Nöthnitzer Straße können sie ohne anzuhalten über Ampelkreuzungen rollen, wenn sie eine bestimmte Geschwindigkeit einhalten. Diese wird ihnen auf Tafeln angezeigt, die auf dem Mittelstreifen nach dem Fritz-Foerster-Platz und nach der Kreuzung Bergstraße/Mommsenstraße installiert sind. DNN analysieren, was es mit dem 50.000 Euro teuren Pilotprojekt auf sich hat. Was ist denn an dieser grünen Welle das Neue? Pfiffige Autofahrer, die öfter dieselbe Strecke fahren, wissen meist auch ohne Anzeige, bei welcher Geschwindigkeit sie Ampeln auf ihrer Route beim Grünlicht erwischen. Von einer grünen Welle wird dagegen im klassischen Sinn gesprochen, wenn Autos bei einer vorher ausgewiesenen Geschwindigkeit auf den folgenden Ampelkreuzungen durchrollen können. In beiden Fällen ist gleich, dass sich die jeweilige Geschwindigkeit zum Autofahrerglück nicht verändert. Das ist an der Bergstraße anders: Dort geben die Tafeln je nach Verkehrslage wechselnde Geschwindigkeiten vor. Die Stadtverwaltung spricht von einer dynamischen Anzeige. Die möglichen angezeigten Geschwindigkeiten sind 30, 35, 40, 45 oder 50 Kilometer in der Stunde (km/h). Welche davon dem Autofahrer präsentiert wird, hängt zumeist davon ab, von welcher Zufahrt er am Fritz-Foerster-Platz auf die Bergstraße einfährt. Beispielsweise ist für Linksabbieger vom Zelleschen Weg eine Geschwindigkeit von 30 bis 35 km/h günstig. Warum muss die grüne Welle denn dynamisch sein? Das hat mit der Verkehrsorganisation in Dresden zu tun. Viele Ampeln sind so geschaltet, dass sie auf das Verkehrsaufkommen reagieren. Wenn zum Beispiel viele Autos auf einer bestimmten Straße an eine Ampel anrollen, bekommen sie vorrangig grün oder eine längere Grünlichtphase. Hinzu kommen Straßenbahnen und Busse, die an vielen Kreuzungen wegen ihrer höheren Bedeutung für den Stadtverkehr vorrangig behandelt werden. Mit einer starren Geschwindigkeitsvorgabe kommt man da nicht weit. Straßenbahnen der Dresdner Verkehrsbetriebe können übrigens als Vorbild für die jetzt geschaltete grüne Welle gelten. Sie verfügen über ein System, das an immer mehr Ampeln vor allem im Innenstadtbereich funktioniert und dem Fahrer anzeigt, bei welcher Geschwindigkeit er ohne anzuhalten über die nächste Kreuzung rollen kann. Die DVB sparen dadurch Fahrzeit und Strom, vor allem weil die Beschleunigung der schweren Straßenbahnen nach ungeplanten Halten wegfällt. Warum ist die Wellen-Anzeige manchmal schwarz? Das komplexe Zusammenspiel im Dresdner Verkehr bedeutet auch, dass zu bestimmten Tageszeiten keine grüne Welle möglich ist. „Wenn das Grünzeitfenster nicht erreicht werden kann, wird keine Geschwindigkeitsempfehlung gegeben“, teilt das Straßen- und Tiefbauamt dazu mit. Die Anzeigen bleiben dann genauso dunkel wie außerhalb der Betriebszeit von 6 bis 21 Uhr. Warum gibt es nachts keine grüne Welle an der Bergstraße? Sie wird nach Ansicht der Experten schlicht nicht gebraucht. Der Grund dafür sei, dass nachts die Ampeln in höherem Maße flexibel geschaltet werden, teilt das Straßen- und Tiefbauamt mit. Wenn etwa kein Fußgänger seinen Querungswunsch angemeldet hat und keine Fahrzeuge aus den Nebenstraßen ausfahren, zeigen die Ampeln im Zuge der Bergstraße durchgehend grün. Eine Grünzeitprognose sei daher obsolet. Warum gibt es nicht überall grüne Wellen? Eine lehrbuchmäßige grüne Welle sei praktisch kaum umsetzbar, da die Abstände von Kreuzungen im Straßenverlauf variieren, antwortet das Straßen- und Tiefbauamt auf diese Frage. Ungünstig sei außerdem, wenn häufig am Straßenrand gehalten oder ein- und ausgeparkt wird. Außerdem erschweren eine gemeinsame Führung von Auto- und Radverkehr ohne separate Radverkehrsanlagen und eine starke Auslastung von Straßen eine grüne Welle. Schlecht vereinbar ist auch eine Beschleunigung des – insbesondere querenden – Nahverkehrs. Überhaupt hat jeder, der eine Strecke mit grüner Welle kreuzen will, das Nachsehen. Das Straßen- und Tiefbauamt spricht von einer „verringerten Durchlassfähigkeit der kreuzenden Straßen“. Beispielhaft lasse sich dafür die Ampel an der Westseite des Nürnberger Eis nennen, wo die Grünphasen auf den Autoverkehr abgestimmt sind. Dies führt immer wieder zu längeren Wartezeiten und Unverständnis bei Fußgängern. Diese sind auch im Verlauf der grünen Welle gemeinsam mit Radfahrern und Nahverkehr die Gekniffenen. Zumindest wenn die grüne Welle allein auf die Belange der Autofahrer ausgerichtet ist. Mit der dynamischen grünen Welle werden diese Nachteile zumindest abgemildert. Sinnvoll ist sie aber nur dort, wo viel Verkehr in einer Richtung fließt. Wo sind weitere dynamische grüne Wellen geplant? Dazu hält sich das Straßen- und Tiefbauamt bedeckt. Im Rahmen eines Förderprojekts werden zwei weitere Strecken geprüft, heißt es auf Anfrage schlicht. Aufmerksame Verkehrsteilnehmer dürften aber eine Ahnung davon haben, wo zumindest eine dieser grünen Wellen fließen könnte. Ebenfalls Mitte Dezember hat die Stadt an der Kreuzung Radeburger Straße/Meinholdstraße eine Anzeige angebracht, die die Dauer von Rotphasen herunter zählt. Der Countdown soll Autofahrer animieren, den Motor auszustellen, wenn die Anzeige noch eine längere Wartezeit ankündigt. „Gewählt wurde dieser Knoten, da er den Startpunkt für eine Grüne-Welle-Strecke darstellt“, hatte die Stadtverwaltung damals mitgeteilt. Vielleicht auch einer dynamisch geregelten? Was soll der Aufwand, wenn das so schwer zu regeln ist? Man sei ständig damit beschäftigt, den Verkehrsfluss zu optimieren, heißt es vom Straßen- und Tiefbauamt. „Das ist eine dauernde Aufgabe, die hohe Priorität hat. Dabei werden die unterschiedlichen Bedürfnisse aller Verkehrsteilnehmer in den Blick genommen und harmonisiert.“ Hintergrund der dynamischen grünen Welle an der Bergstraße ist aber vor allem, den Ausstoß klimaschädlicher und gesundheitsgefährdender Abgase zu reduzieren. Denn an der steil ansteigenden Straße wurden in den vergangenen Jahren zu hohe Konzentrationen von Stickoxiden gemessen. Deshalb steht dort seit bald zwei Jahren ein Blitzer, der zu den fleißigsten in der Stadt gehört. Und deshalb soll die grüne Welle dort nun für einen möglichst flüssigen Verkehr ohne vermeidbares Anfahren sorgen. Die Kosten für das Projekt werden deswegen auch zur Hälfte vom Bund getragen. Wann gibt es eine grüne Welle für Radfahrer? Radler stoßen überhaupt keine Schadstoffe aus, sind aber besonders sensibel, was Abbremsen, Beschleunigen und Umwege angeht. Warum gibt es also noch keine grüne Welle für Radler? Das habe vor allem damit zu tun, dass die Geschwindigkeiten der Radfahrer in Dresden „individuell sehr unterschiedlich“ sind, wie es aus dem Straßen- und Tiefbauamt heißt. Die Planer dort gehen von Bandbreiten zwischen 15 und 25 Stundenkilometern aus. Deshalb gibt es keine ausgewiesene grüne Welle für Radler. Gleichwohl sei es zumindest den flinkeren Radfahrern möglich, im Schatten einer Autofahrerwelle mitzurollen. Das sei zum Beispiel auf der Dohnaer Straße möglich. Immerhin will man Radfahrern in ferner Zukunft mehr bieten können – vielleicht. „Es ist beabsichtigt, die Thematik in zukünftigen Projekten mit zu untersuchen“, heißt es aus dem Straßen- und Tiefbauamt. Von Uwe Hofmann