Coronakrise: Grüne in Dresden wollen Kredite aufnehmen

Die Linken reisen mit einem offenen Brief im Gepäck ins Erzgebirge, die Grünen mit einem Neun-Punkte-Programm. Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) berät mit den Bürgermeistern auf einer Klausur die Auswirkungen der Coronakrise auf den städtischen Haushalt und trifft sich mit den Fraktionsvorsitzenden. Dabei wird ihm ein rauer Wind um die Nase wehen: Linke und Grüne sind sich einig – mit den Sparprogrammen muss Schluss sein. Das tägliche DNN Corona-Update als Newsletter Alle News zum Coronavirus in Dresden täglich gegen 7 Uhr im E-Mail-Postfach Kapitalmarktfinanziertes Sondervermögen: Während die Linken vor allem die Hilfsprogramme des Bundes und des Freistaats zitieren, um die Schatulle von Finanzbürgermeister Peter Lames (SPD) zu öffnen, sprechen die Grünen offen über Neuverschuldung. Oder etwas verklausulierter formuliert: Über die zeitlich befristete Einrichtung eines kapitalmarktfinanzierten Sondervermögens zur Finanzierung der Einnahmeverluste. Klingt freundlicher als Schulden, hat aber den gleichen Effekt: Die Stadt soll nach dem Willen der Grünen zur Bank gehen und sich Geld borgen. In Punkt 8 des von Grünen-Finanzexperten Michael Schmelich erarbeiteten Neun-Punkte-Programms heißt es: „Die Coronakrise und ihre mittelfristigen Finanzierungsauswirkungen lassen sich nicht im Rahmen der konventionellen Haushaltspolitik Dresdens mit dem Verbot einer Nettokreditaufnahme lösen.“ Mit Krediten sollen die Auswirkungen der Krise in den nächsten fünf Jahren abgefedert und gleichzeitig eine flexible Rückführung der Mittel ermöglicht werden. Kein Stopp bei ambitionierten Investitionen: Drastische Einsparungen im Haushalt, wie von Hilbert und Lames geplant, seien die falschen Antworten auf die Coronakrise. „Wir dürfen die Erfolgsgeschichte Dresdens mit ihren attraktiven Angeboten, ob bei Kultur, Bildung oder der sozialen Infrastruktur, jetzt nicht gefährden. Die durch Corona verursachte Wirtschafts- und Finanzkrise zwingt uns, auch in der städtischen Haushaltspolitik neue Wege zu gehen“, so Grünen-Fraktionsvorsitzende Christiane Filius-Jehne. „Sparsamkeit bleibt eine hohe Herausforderung, allerdings müssen Investitionen und die Aufrechterhaltung der urbanen Infrastruktur oberste Priorität haben.“ Es dürfe keinen Stopp bei ambitionierten Investitionen in Bildungseinrichtungen und der Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur geben, so Filius-Jehne, die größte Fraktion im Stadtrat stehe für einen klaren, nachhaltigen und verantwortungsvollen Kurs. Die von Lames verfügte Haushaltssperre würden die Grünen ablehnen. „Corona darf nicht den Stadtrat als Souverän des Haushalts entmachten“, erklärte Schmelich. Jahreshaushalt statt Doppelhaushalt beschließen: Statt eines Doppelhaushalts für die Jahre 2021 und 2022 wollen die Grünen nur einen Jahreshaushalt für 2021 verabschieden. Risiken und Unwägbarkeiten würden keine verlässliche Planung für zwei Jahre erlauben. Eine Forderung, die auch die AfD-Stadtratsfraktion erhebt. Es bestehe keine sichere Planungsgrundlage für einen Doppelhaushalt, begründete AfD-Fraktionsvorsitzender Wolf Hagen Braun einen entsprechenden Antrag für den Stadtrat. „Wir werden unser Gewicht für eine zukunftsorientierte Krisenbewältigung in die Waagschale werfen und werben auch bei anderen demokratischen Fraktionen um Unterstützung“, kündigte Filius-Jehne an. Hilbert und Lames haben eine erste Bilanz zur Haushaltsklausur für Freitagnachmittag angekündigt. Lesen Sie auch: Lames mahnt: Dresden darf nicht in die Schuldenfalle tappen So lange wird die Coronakrise in Dresden nachwirken Von Thomas Baumann-Hartwig