Corona in Dresden: Weiter Zoff zwischen Oberbürgermeister und Stadtrat

Weiter Streit um das Mitspracherecht des Stadtrats in Sachen Corona: Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) hatte auf der jüngsten Stadtratssitzung einen Eilantrag von Stadträten der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, CDU und SPD humorlos abgebügelt. Er denke gar nicht daran, einen „so unwichtigen“ Antrag ohne Wahrung von Form und Frist zu behandeln, hatte Hilbert erklärt und den Initiatoren „unprofessionelles Verhalten“ vorgeworfen. Bei Eröffnung der Sitzung habe ihm der Eilantrag nicht vorgelegen, so Hilbert. „Wir widersprechen dieser falschen Tatsachenbehauptung“: „Dieser falschen Tatsachenbehauptung widersprechen die Einreicher entschieden“, erklärte jetzt SPD-Stadtrat Richard Kaniewski, der dem OB schon seit längerer Zeit eigenmächtiges Handeln beim Thema Corona vorwirft. Die Stadträte hätten ihren Eilantrag zweimal vor der Stadtratssitzung angekündigt. Man habe die erforderlichen 14 Unterschriften erst vor der Sitzung sammeln können, so Kaniewski – wegen der Notwendigkeit, die sozialen Kontakte zu reduzieren. Die Antragsteller sehen einen zeitweiligen Corona-Ausschuss weiter als notwendig an, konstatiert der SPD-Stadtrat und erhält Rückendeckung von Grünen-Gesundheitspolitiker Wolfgang Deppe: Angesichts des beängstigenden Tempos, mit dem das Coronavirus sich weiter ausbreitet, ist es völlig unverständlich, dass der OB unseren von der Verwaltung als zulässig anerkannten Antrag erst einmal in die Ausschüsse abschiebt. Dieser Corona-Ausschuss ist jetzt notwendig, um mehr Transparenz über das Verwaltungshandeln in der Pandemie zu schaffen, das nach unserer Auffassung bisher nicht immer angemessen und auf der Höhe der rasanten Entwicklung war.“ „Diesen Ton missbillige ich ausdrücklich!“: CDU-Stadtrat Mario Schmidt ärgert sich über die Art und Weise, mit der Hilbert mit dem Antrag und den Antragstellern umgegangen ist. „Den Ton, mit dem sich der OB in der öffentlichen Sitzung über das Ansinnen geäußert hat, missbillige ich ausdrücklich.“ Dresden brauche in dieser schweren Situation ein Miteinander aller Entscheidungsträger und kein Agieren von oben herab. Kaniewski schließlich meint, Hilbert versuche seine Position durchzudrücken, ohne die Gemeindeordnung zu wahren. „Warum die Stadtspitze in dieser Situation keinen Meter auf den Rat zugeht, bleibt mir ein Rätsel. Wir werden das Anliegen einer besseren Abstimmung hinsichtlich der Pandemie weiter forcieren und hoffen, dass nach den Feiertagen auch der Chef des Rathauses wieder für Argumente und einen kollegialen Umgang zugänglich ist.“ Wer bezahlt die Kosten für das neue Gremium? Finanzbürgermeister Peter Lames (SPD) hat den Antrag auf Bildung eines zeitweiligen Corona-Ausschusses in einer Stellungnahme tatsächlich als zulässig bezeichnet. Allerdings seien noch viele Fragen offen. So enthalte der Antrag keinen Vorschlag, wie die zusätzlichen Kosten finanziert werden sollen. Ausschusssitzungen kosten Geld – die Stadträte erhalten Sitzungsgelder, die Verwaltung muss Mitarbeiter zu den Sitzungen abstellen. Die Antragsteller haben laut Lames auch noch nicht präzise dargestellt, wozu der Ausschuss gut sein soll. Ein Ausschuss könne zwar bei Fragen von Corona-Schutzmaßnahmen beratend tätig werden, dürfe aber nicht darauf bauen, dass etwaige Empfehlungen auch umgesetzt würden. Das würde die Kompetenzabgrenzung zwischen OB und Stadtrat verletzen. Die Umsetzung des Infektionsschutzgesetzes sei eine weisungsgebundene Aufgabe. Kann nicht ein bestehender Ausschuss die Arbeit erledigen? Lames empfiehlt dem Stadtrat, vor der Errichtung eines weiteren Gremiums zu prüfen, ob dies mit der Pflicht zu effektivem und effizientem Verwaltungshandeln vereinbar sei. Das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit könne beachtet werden, in dem einem bereits bestehenden Ausschuss die Federführung zur Corona-Thematik übertragen werde. Die Idee der Antragsteller, in dem Ausschuss öffentliche Anhörungen durchzuführen, sei rechtlich unzulässig, so Lames. Beratende Ausschüsse müssten prinzipiell nichtöffentlich tagen. Von Thomas Baumann-Hartwig