9. Oberschule Dresden bietet Präsenzunterricht in Schichten

An der 9. Oberschule sind die Schüler jetzt zu Schichtarbeitern geworden. Das ist selten in Dresden. Doch was ungewöhnlich klingt, hat nachvollziehbare Gründe. „Damit ist jedes Kind jeden Tag in der Schule“, erklärt Schulleiterin Petra Stein gegenüber DNN. Seit 15. März ist an Sachsens Oberschulen und Gymnasien wieder Präsenzunterricht für alle Schüler möglich. Dafür sind Wechselmodelle vorgeschrieben, bei denen nicht mehr als 16 Schüler in den Klassen sitzen. Zuvor war Präsenzunterricht lediglich für die Abschluss- und Vorabschlussklassen zulässig. Wechselmodell vorgeschrieben: Für den Neustart haben viele Schulen Modelle mit täglichem oder wöchentlichem Wechsel entwickelt. Dabei ist ein Teil der Schüler beispielsweise in dieser Woche am Montag und Dienstag in der Schule, der andere Teil dann Mittwoch bis Freitag. In der folgenden Woche ist es dann andersherum. So kommt jeder Schüler zu einer Woche Präsenzunterricht bis zu den Osterferien. Am Tschirnhaus-Gymnasium wird täglich gewechselt, damit die Kinder zu Hause nicht in den „Ferienmodus“ fallen. Das Gymnasium Pieschen dagegen wechselt wöchentlich und fürchtet auch nicht, dass die Schüler in den Ferienmodus verfallen, weil es für zu Hause Online-Unterricht und Lernaufgaben gibt und regelmäßig Kontakt mit allen Schülern bestehe. Am Bertolt-Brecht-Gymnasium hat die Schulleitung auch bei leistungsstarken Schülern festgestellt, dass der Heimunterricht am Computer den Alltag an der Schule nicht ersetzen kann. Immer mehr würden sich zurückziehen, sich nicht an Videokonferenzen beteiligen und keine Aufgaben mehr herunterladen. Jeden Tag an der Schule: Solchen Tendenzen will Schulleiterin Petra Stein an der 9. Oberschule entgegenwirken. „Bei uns hat jeder Schüler einen festen Stundenplan und jeder ist jeden Tag in der Schule“, erläutert sie. Die erste Schicht beginnt früh 8 Uhr. Drei bis vier Stunden Unterricht gibt es jeden Tag. Ab 11 Uhr ist die zweite Schicht in der Schule. Damit sich in den Pausen keine großen Gruppen bilden, sind in den Schichten jüngere und ältere Schüler gemischt. Es werden alle Fächer unterrichtet, auch wenn das Programm etwas reduziert ist. Statt vier Stunden Mathe stehen pro Woche nur drei auf dem Programm und es gibt auch nur eine Sportstunde. „So kommen 15 bis 18 Stunden Präsenzunterricht zusammen“, berichtet die Schulleiterin. Nach ihren Erfahrungen haben beim häuslichen Lernen viele Kinder zu Hause die Tagesstruktur verloren. Manche Kinder würden nachts an den Computern spielen. „Ich habe verschlafen“, rechtfertigen Schüler ihr Fehlen bei Videokonferenzen. „Die Eltern, die arbeiten müssen, können das gar nicht kontrollieren“, meint Schulleiterin Stein. Gerade Kinder bis zur 7. Klasse bräuchten noch viel Betreuung zu Hause. Nach Steins Erfahrungen hat es „in vielen Familien viele Diskussionen und Auseinandersetzungen gegeben“. Technische Ausrüstung fehlt teilweise: Die Schule habe zwar Videokonferenzen mit den Schülern angeboten, einen festen Online-Unterricht habe es jedoch nicht gegeben. „Das war gar nicht möglich, einige Kinder haben dafür gar nicht die Geräte zu Hause.“ Es fehle an Rechnern, Druckern oder ausreichender Internetversorgung beispielsweise. Teilweise hätten Lehrer Aufgaben ausgedruckt und zu den Kindern gebracht. Stein ist auch Schulsozialarbeitern und Inklusionsassistenten dankbar für ihren Einsatz in dieser Phase. Selbst die für Bedürftige von der Stadt bereitgestellten Leihgeräte hätten das Problem nicht vollständig lösen können. Etwa zehn Prozent der 460 Schüler fehle die nötige technische Ausrüstung zu Hause. „Das ist vielleicht auch ein Unterschied zwischen Schülern am Gymnasium und an der Oberschule“, vermutet Petra Stein. Lesen Sie auch Diese Woche im Freistaat: Selbsttests - 168 Infektionen bei sächsischen Schülern entdeckt In Dresden verweigern hunderte Schüler Corona-Tests Deshalb gebe es viel Zustimmung dafür, wie der Präsenzunterricht nun von Schulleitung und dem kleinen „Krisenstab“ organisiert worden sei. Der Stundenplan musste dazu komplett überarbeitet werden, die Lehrer halten eine Unterrichtsstunde zweimal am Tag vor den Schülern einer Klasse. „Aufgrund der Kürzung der Stundentafel kommen wir mit dem Personal gerade so hin“, erklärt Stein. In der Schulkonferenz und mit dem Elternrat sei das Konzept abgestimmt. Schon im Frühjahr 2020 habe sich das Modell bewährt. „Die Eltern sind dankbar für eine klare Struktur“, weiß die Schulleiterin. Von Ingolf Pleil