32. Filmfest Dresden findet im September statt

Jetzt aber! Und zwar real. Analog. Nun ja, hybrid. Aber mit jeder Menge ganz richtig echter Kinovorstellungen: Vom 8. bis 13. September, um fast fünf Monate verschoben, heißt es nun für das 32. Filmfest Dresden: Film ab! Wie wir bereits im Februar aus einem Gespräch mit Festivalleiterin Sylke Gottlebe berichteten, wird solch ein Festival ja mit sehr langem Vorlauf geplant. So dass das Filmfest-Team – in der Hoffnung auf einen normalen Ablauf im kommenden Jahr – es aktuell mit zwei Mammutveranstaltungen zu tun hat. Definitiv eine Herausforderung. Sehr viele dystopische Filme: Wie eine Vorwegnahme der aktuellen, weltweiten Krisensituation wirkt es, wenn Ricardo Brunn aus dem Auswahlteam für den Internationalen Wettbewerb jetzt bei einem Ankündigungstermin für die Presse berichtet, es werde ein vergleichsweise düsteres Programm, da viele der über 2.000 Einreichungen Dystopien gewesen wären. Und er hält ein Plädoyer dafür, dem Publikum zuzutrauen, dass es mit Überforderung klarkommt. „Nicht Überforderung als Selbstzweck natürlich.“ Programme danach zu konzipieren, was „das Publikum“ angeblich will, sei jedoch der komplett falsche Weg. Ein Satz, den sich Verlagsleiter ebenso an den Spiegel heften sollten wie Music-Label-Betreiber und Theater. Die Kostprobe, die es zu sehen gab, „Clear Valley Report“ von dem US-Amerikaner Michael Rubin, macht neugierig auf diese Art der intelligenten Überforderung. Rubin wirft da einen bitterböse-witzigen Blick auf die US-Ökonomie, auf abgehängte Menschen in abgelegenen Gegenden. Reibung als Teil des Konzepts: Im Vergleich dazu überzeugt das Beispiel aus dem Nationalen Wettbewerb nicht unbedingt. „Fragmants“ von einem Künstlerinnenkollektiv könnte man sich eher in einem Museum für moderne, visuelle Kunst vorstellen. Wo die Betrachter einfach weitergehen können, wenn sie das Prinzip verstanden und nicht sonderlich inspirierend finden. Aber gut, die Reibung ist Teil des Konzepts. Und mit solch einem Streifen langweilt man sich doch immerhin auf hohem Niveau. Trauma-Schwerpunkt mit Filmen von Omar Fast: Das hohe Niveau, es ist auch für die Rahmenprogramme garantiert. Hier war natürlich schon die Wahl des Themenschwerpunkts „Trauma“ auf fast schon gruselige Weise prophetisch; unter der Überschrift findet sich ein Programm mit Streifen des Israeli Omar Fast, dessen mystische Filme das Festivalteam auch auf die Idee zu dem Schwerpunkt brachten. Da Fast in Berlin lebt, wird er auch leibhaftig beim Filmfest zu Gast sein, während ansonsten – natürlich – in diesem Jahr internationale Gäste eher die Ausnahme sein werden. Viele werden dafür per Video zugeschaltet, wie überhaupt die Digitalebene eher als Ergänzung gedacht ist für die realen Filmvorführungen, bei denen natürlich die Hygiene- und Abstandsregeln eingehalten werden. Omar Fasts Filme sind eher mystisch, surreal; die Traumata der Gegenwart umfassen aber ja durchaus handfeste Bedrohungen. Und so wird es auch politisch: Ein US-Amerikaner schneidet Bilder von Trumps Sohn mit Motiven von Goya zusammen, ein Brasilianer beschäftigt sich mit Präsident Bolsonaro. Retrospektive: Die Film-Frauen der DDR: Hoffentlich angenehmere Themen und Bilder darf man in der Retrospektive unter dem schönen Titel „Poetisch. Politisch. Renitent“ erwarten, die Regisseurinnen der DEFA sowie der freien Szene und des Untergrunds der DDR gewidmet ist. Für dieses Programm zeichnet Iduna Böhning vom Kunsthaus Raskolnikoff verantwortlich, was ja auch schon für Qualität spricht. Das Kunsthaus gehört auch in diesem Jahr wieder zu einem der Filmfest-Außenposten, vom 9. September bis 17. Oktober ist dort „Phasen“ von Christine Schlegel und Helge Leiberg zu sehen, eine Klangperformance mit Videoprojekten. Als neuer Spielort ist die Theaterruine St. Pauli dabei, dafür fällt das Kleine Haus in diesem Jahr weg. Besonderes Gewicht kommt in spätsommerlichen Pandemie-Zeiten natürlich den Open-Air-Vorführungen auf dem Neumarkt zu. Wichtig: Auch dort gelten die Abstandsregeln. Trailer schaut mit Augenzwinkern auf Dresdner Barock: Einen wirklich schönen Trailer gibt es in diesem Jahr! Nikita Diakur, der im Vorjahr den DEFA-Förderpreis des Filmfests erhielt: Er holt August den Starken, nun ja, nicht wirklich vom Sockel, aber betrachtet das barocke Dresden mit einem sehr sympathischen Augenzwinkern. Solch einen Mini-Vorfilm kann man sich auch mehrfach anschauen, ohne abzuwinken. Das gesamte Festivalprogramm steht jetzt online; auch Tickets können bereits erworben werden – online oder im Vorverkauf über die üblichen Vorverkaufsstellen. Nun heißt es also ganz entschieden Daumen drücken, dass nicht die Unvorsicht und Dummheit einiger Weniger solch ein Vergnügen für viele doch noch unmöglich macht. 32. Filmfest Dresden vom 8. bis 13. September, www.filmfest-dresden.de Von Beate Baum